„Es sind unsere Lieder"Interview mit Bläck Fööss- Sänger Mirko Bäumer

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Sänger der Bläck Fööss Mirko Bäumer

  • Er ist das neue Gesicht der Fööss, auch wenn er kaum älter ist als die Band: Mirko Bäumer, Sänger und Frontmann.
  • Thorsten Moeck und Jens Meifert sprachen mit dem Musiker.

Sie sind 51 Jahre alt und feiern mit den Bläck Fööss den 50. Band-Geburtstag. Fühlt sich das manchmal seltsam an?

Mirko Bäumer: Dass ich bei so einem Jubiläum mit erwähnt werde, ist schon komisch. Aber an komische Situationen habe ich mich gewöhnt. In meiner ersten Karnevalssession mit den Fööss wurde Peter Schütten bei vielen Auftritten verabschiedet, Dankesreden wurden gehalten. Und bei einem Korps bekamen wir eine Mütze verliehen. Als Anerkennung für das Lebenswerk. Im Nachhinein amüsiere ich mich darüber, andererseits finde ich es schön, dass alle Musiker geehrt worden sind und die Bläck Fööss als Ganzes gesehen werden.

Sie sind 2017 von „The Queen Kings“ zu den Fööss gewechselt, weil Sie wussten, dass die Geschichte der Bläck Fööss weitergeschrieben werden soll. Mit neuen Musikern.

Wer weiß, was passiert wäre, wenn keine neuen Musiker dazugekommen wären. Bestimmt säßen wir jetzt nicht hier, um uns über das Jubiläum zu unterhalten. Das hätte nie stattgefunden.

Wie groß ist die Last?

Am Anfang war die Freude riesig. Was es bedeutet, Teil der Bläck Fööss zu sein, habe ich schnell im Gespräch mit Menschen erfahren, die behaupten, genau zu wissen, wer und was diese Band ausmachen. Das waren Menschen, die mit den Fööss zur Schule gegangen sind und sie ewig kennen. Da musste ich mich erstmal beweisen und meine Rolle mit Leben füllen. Langsam kommt dann an, dass da jemand ist, der das Bild der Fööss ergänzt und auch neu mit Leben füllt. Klar hätte die Band auch den Deckel drauf machen und sagen können: Vielen Dank für die schöne Zeit. Das war es jetzt. Aber die Entscheidung fiel ja anders aus. Und sie sind damit zufrieden.

Anfangs haben Sie in Besprechungen mit den neuen Kollegen immer mal von „Euren Liedern“ gesprochen, wenn das gemeinsame Repertoire gemeint war. Fühlen Sie sich inzwischen als Bestandteil der Band?

Mittlerweile sind es unsere Lieder. Wir haben schon an zwei Alben zusammengearbeitet und auch die alten Lieder haben zum Teil einen etwas anderen Charakter erhalten, weil die neuen Stimmen natürlich anders klingen. Wir haben die Lieder schon so oft aufgeführt, dass ich eigene Erlebnisse mit ihnen verbinde. Somit sind es gefühlt unsere Lieder. Das Wir-Gefühl ist da.

Die Corona-Pandemie hat die Feierlichkeiten verhagelt. Lässt sich die Vorfreude auf die Jubiläumskonzerte am Roncalliplatz bis kommendes Jahr konservieren?

Die Situation ist schon unangenehm. Es ist sehr zäh, die Konzerte im Autokino sind ein schwacher Trost. Das will ich auch nicht als Normalität anerkennen.

Wird Tommy Engel auf dem Roncalli-Platz dabei sein?

Als wir über Gäste gesprochen haben, habe ich sofort gesagt: Es gibt nur einen, der dabei sein muss, und das ist Tommy Engel. Er war die Hälfte der Zeit dabei und hat mit dafür gesorgt, dass wir da sind, so wir heute stehen. Ich weiß gar nicht, was damals passiert ist, als es zur Trennung gekommen ist, aber es sind Narben zurückgeblieben. Inzwischen steht fest, dass er auf dem Roncalliplatz dabei sein soll. Ich wünsche es mir, und ich glaube, ganz Köln wünscht sich das.

Sie haben vor dem Auftritt im Autokino geprobt, weil Sie länger nicht gespielt hatten.

Das machen wir immer bei einem neuen Programm. Die haben ja 400 Lieder – jetzt habe ich tatsächlich die gesagt.

Das Wir-Gefühl holpert noch.

Also: Wir haben 400 Lieder, die hat man nicht alle parat.

Derzeit arbeiten Sie an neuen Alben. Wie läuft es?

Wir nehmen im Studio die Jubiläumsplatte auf, die eigentlich schon fertig sein sollte. Aber wir möchten die Stücke auf der Bühne vorstellen, deshalb warten wir mit der Veröffentlichung. Und wir arbeiten an einem Album, auf dem Wegbegleiter der Band singen.

Mit dem Lied „Die nächste Rund“ haben die Fööss die Kneipentour von „Loss mer singe“ gewonnen. Wie wichtig sind solche Erfolge für die Zukunft der Band?

Das ist schon wichtig. Sonst heißt es schnell: Mit denen ist ja nichts mehr los. Das sind nicht mehr meine Fööss. So ein Signal kann da schon helfen. Aber man sollte ein Lied auch nicht überbewerten. Hanz Thodam hatte das Lied angeschleppt.

Lieder kommen im Karneval meist dann gut an, wenn ein bisschen Schallala im Text vorkommt. Gibt es eine bewusste Distanzierung davon?

Na ja, bei „Nächste Rund“ gibt es auch so einen Teil. Den hätten wir auch instrumental gestalten können, aber der Kölner findet immer eine Möglichkeit, sich einzubringen. Insgesamt sind wir nicht auf Effekthascherei aus.

Könnte man sagen, die Musik der Bläck Fööss ist integrativer, weil auch das ältere Publikum mitschunkeln kann?

Wir orientieren uns sicherlich auch an dem, was andere Bands machen. Aber der Schwerpunkt der Entwicklung liegt darin, unsere Herkunft und die Vergangenheit nicht zu verraten. Wir müssen nicht das Rad neu erfinden. Sonst hätten wir schnell eine Acht im Rad, das wäre nicht so clever. Die Bläck Fööss waren mit ihrem Stil schließlich sehr erfolgreich.

Dennoch haben sich die Bläck Fööss verändert und werden es weiter tun.

Ja, natürlich. Das Gesicht der Band wird sich verändern, der Sound auch ein bisschen. Wir neuen Musiker sind alle mit den Fööss groß geworden und waren auch Fans. Und wir sind hier, weil wir diese Musik fortführen möchten. Wir rümpfen bei einigen Entwicklungen im Karneval genauso die Nase wie die Gründungsmitglieder der Band. Wir haben alle eine ähnliche Idee davon, wie es weitergehen soll.

Sie haben zur Sessionseröffnung wieder auf dem Heumarkt gespielt und sich mit dem „Jeck-Liner“ von TUI beruflich auf Kreuzfahrt begeben. Vor ein paar Jahren wäre das undenkbar gewesen.

Für den Auftritt auf dem Schiff können wir uns bei allen Umweltaspekten natürlich Kritik gefallen lassen. Aber für uns als Band ist es ganz wichtig, nicht an jeder Stelle Nein zu sagen. Gerade in einer Phase der Neustrukturierung muss man sich als Gruppe auch zeigen.

Zur Person

Mirko Bäumer ist seit 2017 festes Mitglied der Bläck Fööss. Vorher war er schon einige  Male für den erkrankten Sänger Kafi Biermann eingesprungen, den er nach dessen Rücktritt auch ersetzte.

Der 51-jährige Tenor kommt aus Hennef-Geistingen.  Er machte dort seine ersten musikalischen Schritte Ende der 80er Jahre  mit der Band „Soweit  Sogut“ und war dann lange Zeit Sänger in den Queen-Coverbands „Mayqueen“ und „The Queen Kings“.

Mirko Bäumer ist verheiratet und hat zwei Töchter.(EB)

Bei „Jeck im Sunnesching“ hätten wir auch mitmachen können, wobei ich auch Verständnis für alle habe, die sagen: Aschermittwoch ist alles vorbei. Wenn ich aber sehe, dass da 25 000 Menschen in Bonn in der Rheinaue feiern, dann ist es nicht verkehrt, da als Band ein neues Lied vorzustellen.

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Die Corona-Krise trifft alle Künstler hart. Wie ist die Stimmung bei Ihnen?

Wir können bei allem Elend noch dankbar sein, dass der Karneval durchgezogen werden konnte. Von daher geht es noch. Noch. Aber es wäre beruhigender einen Tag X zu kennen, an dem es weitergeht. Sobald es in die Säle geht, wird es schwierig. Vielleicht lässt sich der Sitzungskarneval ja ein paar Monate nach hinten schieben und die Lachende Arena wird zum Lachenden Stadion. Ich hoffe, dass nicht alles den Bach runter geht.

Die Band ist weiter im Umbruch. Irgendwann wird kein Gründungsmitglied mehr dabei sein. Gibt es einen Plan?

Nein, den haben wir nicht. Dass sie nicht ewig weitermachen, war klar. Aber ich bin für jedes Konzert dankbar, wo sie da stehen und mit keiner Silbe erwähnen, wann sie aufhören wollen. Wir hatten vorigen Herbst einen Auftritt im Eltzhof in Porz, bei dem Erry Stoklosa wegen Problemen mit der Stimme nicht auftreten konnte. Bömmel Lückerath hat daraufhin auch verzichtet und gemeint, wir machen mal ein Experiment.

Das habe ich zwei Stunden vor dem Konzert erfahren und dachte: Oh, Mist, jetzt sind nur die Neuen da. Es war ausverkauft und ich sagte zur Begrüßung: Wir möchten uns kurz vorstellen. Wir sind die Bläck Fööss, auch wenn wir nicht so aussehen. Einige Fans schauten zum Vorhang, aber da kam keiner mehr. Nach zwei Liedern haben wir gemerkt, dass die Leute das trotzdem geliebt haben. Weil es um die Lieder geht. Das war ein gutes Gefühl.

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