Ausrollen bis zum Airport-BahnhofWie die Bahn künftig Strom sparen will

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Im Cockpit seines ICE 3 hat Lokführer Mark Kleinmann auf dem Weg nach Frankfurt den Stromverbrauch im Blick.

Im Cockpit seines ICE 3 hat Lokführer Mark Kleinmann auf dem Weg nach Frankfurt den Stromverbrauch im Blick.

  • Wir haben Lokführer Mark Kleinmann bei einer Testfahrt von Köln nach Frankfurt begleitet.
  • Er erklärt, wie man an welchen Stellen den Schwung des Zuges nutzen kann und weitere Kniffe.

Köln/Frankfurt – Autofahrer kennen das: Durch geschicktes und vorausschauendes Fahren lässt sich Benzin sparen, was wiederum die Umwelt und den Geldbeutel schont. Aber funktioniert dieses Prinzip auch bei Fernzügen? Die Deutsche Bahn, nach eigenen Angaben der größte Energieverbraucher Deutschlands,   beantwortet diese Frage mit „ ja“ – und hatte deshalb zur Testfahrt eingeladen.

Vom Bahnhof Köln-Messe/Deutz geht es über die rechtsrheinische Schnellfahrstrecke zum Frankfurter Flughafen. Bei dieser Verbindung wird der Halt in Siegburg ausgelassen. Der Zug rauscht durch die Kreisstadt durch. Hinter Siegburg könnte Lokführer Mark Kleinmann auf Tempo 300 beschleunigen, die Strecke gibt das her, der Zug auch. Er tut es aber nicht und fährt nur 280 Stundenkilometer.

Warum? „Er nutzt die Topographie der Strecke aus“, erläutert Sascha Weise, ebenfalls Lokführer und heute zur Begleitung dabei. Das bedeutet: Kleinmann nutzt den Schwung des Zuges in einem abschüssigen Bereich der Strecke, um den Stromverbrauch zu senken.

Die letzten 40 Kilometer bis zum Ziel ganz ohne Motor

Kleinmann fährt einen ICE 3 der Baureihe 403: 200 Meter lang, 435 Tonnen schwer (Leergewicht) und mit 450 Sitzplätzen ausgestattet. Zwischen Köln-Deutz und Frankfurt-Flughafen verbrauche dieser Zug 2500 Kilowattstunden Strom, etwas mehr als ein Single-Haushalt im ganzen Jahr, sagt Frank Schröder, Referent für Betriebsqualität und Energieeffizienz bei der Deutschen Bahn. Auch er ist heute dabei. Größte Stromverbraucher im Zug sind laut Schröder die Motoren sowie die Klimaanlage. Der Verbrauch durch angeschlossene Smartphone und Laptops der Reisenden sei marginal.

Weiter erläutert Schröder, dass sich der Energieverbrauch eines Zuges aus der Menge Strom errechnet, die das Fahrzeug aus der Oberleitung bekommt, abzüglich dem, was es zurückspeist. Denn auch das ist möglich. Schröder ergänzt, dass beim Bremsen Energie erzeugt wird, die zurück ins Netz geht und von anderen Zügen genutzt werden kann.

Man arbeite stetig daran, das effizienter zu machen, so Schröder. Aber zum Energiesparen könne auch der Lokführer selbst viel beitragen – eben mit vorausschauendem Fahren, dem Ausnutzung der Streckentopographie, angepasster Geschwindigkeit und richtigem Bremsen. „Ein erfahrener Lokführer kann zwischen Köln und Frankfurt 400 Kilowattstunden einsparen“, bilanziert Schröder.

320 Millionen Euro Ausgaben für Strom

2600

Millionen Kilowattstunden Strom im Jahresdurchschnitt verbraucht der Fernverkehr der Bahn. Das Strombudget belaufe sich auf 320 Millionen Euro. Zum Vergleich: Der durchschnittliche Stromverbrauch eines Drei-Personen-Haushaltes in Deutschland beträgt etwa 4246 kWh, bei einem Haushalt mit 5 Personen liegt der Stromverbrauch durchschnittlich bei ungefähr 5969 kWh .

„Wenn jeder Lokführer nur ein Prozent einspart, macht das eine Menge aus“, sagt Frank Schröder, Referent für Energieeffizienz bei der DB. (kmü)

Dafür würden die Lokführer etwa an Simulatoren geschult und fortgebildet, so Schröder weiter. Jeden Monat erhalte jeder Lokführer eine Art Auszug, auf dem die gefahrenen Strecken, die Pünktlichkeit sowie die Energieeinsparungen dargestellt sind. Dieses Dokument diene dann als Basis für ein mögliches Coaching der Mitarbeiter, um sich zu verbessern, sagt der Referent weiter.

Rund 40 Kilometer vor dem Bahnhof am Frankfurter Flughafen kann Lokführer Kleinmann den Motor ganz ausstellen. Sein Kollege Weise sagt, dass der Zug so viel Schwung habe, dass er die Strecke so schaffe. Im Bahnhof müsse dann nur noch richtig gebremst werden.

In die andere Richtung gibt die Strecke laut Qualitätsreferent Schröder sogar noch mehr Einsparpotenzial her. Erfahrene Lokführer könnten zwischen 50 und 70 Kilometer vor Köln die Maschine herunterfahren, natürlich gehe es nur, wenn kein Halt in Siegburg vorgesehen sei.

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