Immer mehr MeetingsWie Besprechungen die Motivation killen und Firmen schaden

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Seit der Corona-Zeit in vielen Firmen Standard: virtuelle Teambesprechungen.

Seit der Corona-Zeit in vielen Firmen Standard: virtuelle Teambesprechungen.

München/Hamburg – Manager und Mitarbeiter verbringen einen steigenden Teil ihrer Arbeitszeit in Besprechungen – mit potenziell schädlichen Folgen für Unternehmen und Motivation der Belegschaft. Wissenschaftler und Unternehmensberater gehen davon aus, dass die Corona-Pandemie in vielen Unternehmen den Langfristtrend einer stetig wachsenden Zahl von Meetings befördert hat. Der von ineffizienten Besprechungen verursachte Schaden kann demnach weit über die reine Zeitverschwendung hinausgehen.

Zahl der Meetings hat „stetig zugenommen“

„Die Frequenz von Meetings hat in den letzten Jahren stetig zugenommen, auch als Folge der zunehmenden organisationalen Komplexität“, sagt Nale Lehmann-Willenbrock, Professorin für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität Hamburg.

Dass Besprechungen notwendig und sinnvoll sind, steht außer Frage: „Sie werden zum Beispiel immer dann gebraucht, wenn gemeinsam Probleme gelöst, Prozesse abgestimmt oder neu angepasst werden müssen oder wenn auf Krisen reagiert werden muss“, sagt die Wissenschaftlerin. „Letzteres trifft natürlich auch auf die Corona-Pandemie zu.“ Durch die vermehrte Arbeit im Homeoffice habe insbesondere die Anzahl kürzerer Meetings und Eins-zu-eins-Meetings zugenommen – mangels anderer Interaktionsmöglichkeiten.

Manche Führungskräfte „verbringen 80 bis 90 Prozent ihrer Arbeitszeit in Meetings“

„Es gibt ein paar Trends, die dazu geführt haben, dass Meetings während der Corona-Krise ineffizient wurden“, sagt Philipp Kolo, Personalexperte bei der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG). „Mehr Leute in einem Meeting zuzuschalten ist in einer Videokonferenz sehr einfach. Das hat Vorteile, es bedarf aber auch einer sehr viel höheren Stringenz im Meetingmanagement.“

Häufige Klagen: eine zu große Teilnehmerschar, überflüssige Wortmeldungen, mangelnde Struktur. „Es gibt Führungskräfte, die verbringen 80 bis 90 Prozent ihrer Arbeitszeit in Meetings“, sagt Kolo. „Das ist nicht effizient, denn sie sollen ja auch inhaltlich arbeiten.“

Die exakten Folgekosten zu berechnen ist schwierig. Doch dass ineffiziente Meetings teuer sind, ist unbestritten: „Die Schätzungen schwanken etwas in der Literatur, sind aber ein in der Forschung anerkanntes und weitreichendes Problem“, sagt Professorin Lehmann-Willenbrock.

Ineffiziente Meetings lassen Personalkosten steigen und Wohlbefinden sinken

Es sind keineswegs nur einfache Angestellte, die Meetings als Qual empfinden, sondern auch deren Chefs. 2017 veröffentlichten drei US-Wissenschaftlerinnen im Fachorgan „Harvard Business Review“ ihren Aufsatz „Stop the Meeting Madness“: 65 Prozent der 182 befragten leitenden Manager klagten, dass Besprechungen sie von der Arbeit abhielten.

„Der mangelnde Return on Investment bei Meetings betrifft insbesondere Führungskräfte, da diese besonders viel Arbeitszeit in unterschiedlichen Meetings verbringen und gleichzeitig höhere Personalkosten erzeugen“, sagt Lehmann-Willenbrock. „Schwafelige Meetings sind aber auch schädlich für das psychologische Wohlbefinden und das Engagement der einzelnen Mitarbeitenden.“

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Personalexperte Kolo meint: „Wichtig sind die Strukturierung des Meetings, die Reduzierung der Teilnehmerzahl und die Begrenzung der Zeit. Und: dass ganz klar ist, was jeder Teilnehmer beitragen kann und soll.“ Am Ende des Meetings sollten die To-Dos festgelegt sein, auch Verantwortlichkeiten und Zeitplan. (dpa)

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