Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Analyse aus BerlinDer Fall Amthor – vom gefeierten Talent zum Problemfall

Lesezeit 3 Minuten
Philipp Amthor

CDU-Politiker Philipp Amthor

  1. Die Karriere des gefeierten Nachwuchstalents hat einen schweren Knick bekommen.
  2. Wie es dazu kommen konnte und was die Folgen sind, zeigt unsere Analyse

Berlin – Philipp Amthor hat sich entschuldigt. So wie er sich verhalten habe, sei er kein Vorbild gewesen, räumt er ein. Es ist das Jahr 2018, der junge Mann aus Mecklenburg-Vorpommern hat zum Tag der Deutschen Einheit auf einem öffentlichen Platz mit anderen die Nationalhymne gesungen und in Anspielung auf die Fußballbundesliga fröhlich kommentiert: „Hier ist keiner von uns Moslem, der das jetzt nicht singen kann.“ Das sei falsch gewesen, es habe sich um einen „flapsigen Spruch“ gehandelt, versucht Amthor zu beschwichtigen. Kritiker sprachen von „Rassismus“.

Hoffnungsträger der CDU

Da ist er mit 25 Jahren jüngster CDU-Abgeordneter im Bundestag und eine Hoffnung für die Christdemokraten. Er hat seinen Wahlkreis Mecklenburgische Seenplatte I – Vorpommern-Greifswald II mit deutlichem Abstand direkt gewonnen und den aussichtsreichen AfD-Kandidaten degradiert. Er hatte seine Handy-Nummer auf die Wahlplakate geschrieben, damit man ihn anrufen und er direkt reagieren kann. Das ist inzwischen anders. Die Bitte um einen Rückruf am Mittwoch, damit er persönlich auf die Vorwürfe wegen seines nun wenig vorbildhaften Verhaltens in Sachen Lobbyismus reagieren kann, wird erst einmal nicht beantwortet.

„Der Spiegel“ hat aufgedeckt, dass Amthor sich bei der Bundesregierung für das US-Start-up-Unternehmen Augustus Intelligence, das mit Künstlicher Intelligenz etwa Software zur Gesichtserkennung anbieten will, eingesetzt hat – was nicht verwerflich ist. Er hat dafür aber einen Direktorenposten in dem Unternehmen und Aktienoptionen bekommen.

Dazu wird über Luxus-Trips nach Korsika und New York, im Privatjet und mit Champagner – und von der Nähe zum hochumstrittenen Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen berichtet. Fotos belegen das. Amthor hat inzwischen seine Arbeit für die US-Firma als Fehler bezeichnet, seine Nebentätigkeit nach eigenen Angaben aufgegeben, die Aktienoptionen zurückgegeben. Aus dem Untersuchungsausschuss zum islamistischen Anschlag auf dem Breitscheidplatz zieht er sich zurück.

Furore mit Rede zur Religionsfreiheit

Es hätte so schön für die CDU sein können. Amthor ist ein politisches Talent, erzeugt Reibung und weiß, wovon er spricht, als hätte er viele Jahre Erfahrung. Der junge Mann mit dem akkuraten Seitenscheitel und den kurz geschnittenen Haaren liebt Attacken gegen die AfD. Im Februar 2018 macht er mit einer Rede zur Religionsfreiheit im Bundestag Furore, als er der AfD-Fraktion in wenigen Minuten erklärt, warum ihre Position „grober Unfug“ sei. Das Jurastudium des Parlamentsneulings macht sich bemerkbar, er rattert den juristischen Sachverhalt herunter und ermahnt vom Podium aus die Abgeordneten am äußeren rechten Rand: „Hören Sie mir mal zu, dann können Sie nämlich noch was lernen über die Verfassung.“ Das ist Amthor: jung, frech, blitzgescheit. Mangelware in der Partei.

Aber es mangelt Amthor an Bodenhaftung, mit der er gern punkten würde. So wie er es an Kanzlerin Angela Merkel schätzt, deren CDU-Heimatlandesverband Mecklenburg-Vorpommern er bei der bevorstehenden Vorstandswahl gern als Chef übernehmen würde. Das wäre die nächste Sprosse auf der Karriereleiter: CDU-Landeschef im Nordosten, dann Spitzenkandidat bei der Landtagswahl 2021 und die Chance zum jüngsten Ministerpräsidenten.

Fehler, aus denen mal lernen kann?

Die einen in der CDU sagen, er sei noch jung, da mache man Fehler, er werde daraus lernen. Andere sind sauer. Das sei eben gar nicht gescheit gewesen und zerstöre Vertrauen in die Politik. Entscheidend sei, was an Konsequenzen folge und welche Antwort es auf die Frage gebe, wer die Sause in Korsika und New York bezahlt habe.

Eilig hat es die CDU aber nicht, Lobbyismus transparent zu machen. Eine von Grünen, Linken und FDP geforderte, öffentliche Anhörung zu einem Lobbyregister für mehr Transparenz in der Gesetzgebung noch im Juli wurde am Mittwoch von den Regierungsfraktionen abgelehnt.

Der „Fall Amthor“. Für einen aufstrebenden jungen Politiker ist das ein Makel. Von seiner eigenen Transparenz und Aufklärung dürfte es abhängen, ob ihn das zu Fall bringt.