Frage des TagesWie soll die Pflege finanziert werden?

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Pflege

Pflegebedürftige sollen künftig einen umfangreichere Betreuung erfahren.

Berlin – Die Grundsatzdebatte über die Finanzierung der Pflege nimmt an Fahrt auf. Politiker aller Parteien sind sich einig, dass die Pflegeversicherung angesichts der alternden Gesellschaft auf neue Füße gestellt werden muss.

Berlin (KNA) Die Debatte über die Finanzierung der Pflege in der alternden Gesellschaft nimmt an Fahrt auf. Seit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) angekündigt hat, bis zum Frühjahr ein Finanzkonzept vorzustellen, legen Sozialverbände, Versicherungen und Stiftungen Vorschläge für Finanzierungsmodelle vor.

Reformen bisher durch höhere Beiträge finanziert

Seit 2013 hat die große Koalition drei Reformgesetze beschlossen und dabei unter anderem die Kriterien für Pflegebedürftigkeit neu definiert, die Leistungen für Demenzkranke verbessert, die Hilfen für pflegende Angehörige gestärkt sowie die Pflegeberatung ausgebaut. Zudem wurde ein neuer Pflege-TÜV auf den Weg gebracht. Das alles kostet.

Bislang wurden die Reformen vor allem durch Anhebungen der Beitragssätze finanziert. Auch die Pflegebedürftigen, die in Heimen leben, mussten mit wachsenden Zuzahlungen zurechtkommen. Im bundesweiten Durchschnitt liegen sie bei monatlich mehr als 1.800 Euro. Inzwischen kann jeder sechste Betroffene diese Kosten nicht mehr tragen. 2018 bezogen deshalb rund 318.580 Menschen in Pflegeheimen Hilfe zur Pflege, ein Anstieg von rund sechs Prozent gegenüber 2017.

Die künftigen Generationen so wenig wie möglich belasten

Die Stellschrauben bei der Pflegefinanzierung liegen auf der Hand: Höhere Beiträge zur Versicherung, größere Eigenanteile der Pflegebedürftigen und mehr Steuerzuschüsse könnten zur Finanzierung der wachsenden Kosten beitragen. Vermutlich wird es auf eine Kombination aus allen Elementen hinauslaufen. Schon haben die unterschiedlichen Interessengruppen ihre Vorschläge vorgelegt.

Die Bertelsmann Stiftung sprach sich am Donnerstag für einen Mix aus moderat steigenden Beiträgen und einem wachsenden Zuschuss aus Steuermitteln in den bereits existierenden Pflegevorsorgefonds aus. Mit dieser "besten Lösungsvariante" werde insbesondere mehr Generationengerechtigkeit geschaffen, hieß es zur Begründung. Die künftigen Generationen würden am wenigsten zusätzlich belastet.

IW plädiert für Zwei-Säulen-Modell

Der Bundeszuschuss soll danach zu Beginn bei jährlich 9,6 Milliarden Euro liegen und würde bis 2050 auf 24,5 Milliarden Euro steigen. Die zunächst überschüssigen Mittel könnten in den bereits existierenden Pflegevorsorgefonds fließen und dazu dienen, den Beitragssatz bis 2050 stabil bei 3,5 Prozent zu halten. Bemerkenswert: Bertelsmann-Chefin Brigitte Mohn stellt die Aufspaltung zwischen privater und gesetzlicher Kranken- und Pflegeversicherung in Frage. Eine einheitliche Bürgerversicherung, in die auch Selbstständige, Beamte und besser Verdienende einzahlen, gehört zu den Forderungen von SPD, Grünen und Linken.

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Zuvor hatte am Mittwoch das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) einen Systemwechsel bei der Finanzierung der Pflege gefordert. Es plädiert für ein Zwei-Säulen-Modell aus gegenwärtiger Pflegeversicherung und einer kapitalgedeckten privaten Zusatzversicherung. Auch der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) wirbt dafür, die eigenverantwortliche private Pflegevorsorge auszubauen - durch steuerliche Erleichterungen für die Versicherten.

„Pflege darf nicht arm machen“

Die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung plädierte dagegen jüngst für eine Bürger-Vollversicherung. Dabei würde die Trennung zwischen privater und gesetzlicher Versicherung aufgehoben. Auch der Deutsche Caritasverband forderte in einem Neun-Punkte-Konzept eine einheitliche Versicherungspflicht für die gesamte Bevölkerung. Aus Sicht des katholischen Wohfahrtsverbandes sollte zudem der Eigenanteil der Pflegebedürftigen an den Pflegekosten begrenzt werden. Die Kosten der medizinischen Behandlungspflege sollten in voller Höhe die Krankenkassen tragen, so Caritas-Präsident Peter Neher in einem Neun-Punkte-Plan. Unterkunft und Verpflegung müssten hingegen weiterhin die Pflegebedürftigen selbst übernehmen. Der Verband sieht zudem die Bundesländer in der Pflicht, Investitionen in die Infrastruktur zu fördern.

Spahn selbst hatte mehrfach betont, er wolle einen fairen Ausgleich schaffen. "Pflege darf nicht arm machen." Zudem ließ er durchblicken, dass er die Leistungen von Familien stärker berücksichtigen will. Er würde es begrüßen, wenn Kinderlose einen höheren Beitrag für die Demografiereserve der Pflegeversicherung leisten.

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