Willi Potthoff bringt seit rund 50 Jahren Musik in den Alltag der Bewohner von Seniorenheimen.
Ehrenamt in Köln88-Jähriger musiziert regelmäßig in Seniorenheimen

Seit rund 50 Jahren singt Willi Potthoff Lieder mit Bewohnern von Seniorenheimen.
Copyright: Constantin von Hoensbroech
„Auf geht's!“, ruft Willi Potthoff fröhlich in die Runde und greift voller Elan in die Saiten seiner Gitarre. „Wir besuchen jetzt eine schöne Stadt und da passiert so allerhand“, erklärt er dem Publikum, während er nach ein paar Akkorden die Melodie anstimmt. Beim Blick aus dem Fenster über den Rhein hinüber zum Dom müsste es doch Köln sein? Aber nein, es ist eine andere ehrwürdige Domstadt: „Als wir jüngst in Regensburg waren“ heißt das Lied. Nach und nach bringen sich die Stimmen der rund 25 Teilnehmer ein. „Nach dieser aufregenden Fahrt über die Donau müssen wir uns erst einmal erholen“, erklärt Potthoff nach den sechs Strophen und macht sich mit seinen Sängern auf zum „Brunnen vor dem Tore“.
Es folgen musikalische Ausflüge auf die Saale und den Neckar und „auf den Fluss, den wir hier vor der Tür haben“. Bei „Einmal am Rhein“ benötigt kaum einer der Beteiligten mehr einen Liedzettel. „Und wie fahren wir auf dem Rhein?“, fragt Potthoff, während er sich mit seinem Instrument durch den Raum bewegt und freudig ausruft: „Natürlich mem Müllemer Böötche“. Da beginnen einige der betagten Zuhörer zu schunkeln.
Potthoff singt kölsche Lieder
Seit über 20 Jahren kommt Potthoff, den alle nur Willi nennen, regelmäßig in das Caritas-Altenzentrum St. Heribert in Deutz, um dort mit den Bewohnern kölsche Lieder und Volkslieder sowie zu gegebener Zeit auch Karnevals-, Advents- und Weihnachtslieder zu singen. „Es ist sehr erfüllend, zu beobachten, wie die Senioren von der Musik berührt werden, sich ihre Mienen aufhellen und sie dann immer mutiger mitsingen“, beobachtet der ehemalige Berufsschullehrer, der mit seinen fast 89 Jahren älter ist als manch einer der Mitwirkenden beim Liedernachmittag im Raum „Domblick“. Wer weiß, welche Erinnerungen bei manchem Senior wachgerufen werden, wenn bei der Hochzeitsfeier im „Kronenwirt“ die Knödel dampfen, der Mond so klar in der lauen Nacht scheint und das Brautpaar plötzlich verschwunden ist?
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Kölsche Musik: Eine Stunde dauert das gemeinsame Singen.
Copyright: Constantin von Hoensbroech
Die Gitarre spielen hat sich der Rentner selbst beigebracht. „Geholfen hat mir dabei, dass ich als Jugendlicher das Spiel auf der Zither erlernt habe.“ Bei Wind und Wetter fährt Potthoff von seiner Wohnung „zwischen meinen Hauskapellen St. Pantaleon und dem Karmel Maria vom Frieden“ am Rande der Südstadt mit dem Fahrrad hinüber auf die „schäl Sick“. Für ihn fast schon ein Heimspiel, denn: „Ich wurde 1936 in Bergisch Gladbach geboren und bin da auch aufgewachsen.“ Bis heute musiziert er auch in seiner Heimat - im evangelischen Seniorenzentrum Haus Quirlsberg sowie im CBT-Wohnhaus Margaretenhöhe.
Seit knapp 50 Jahren singt er in Seniorenheimen
Dort begann vor fast 50 Jahren nach einer Abendmesse seine ehrenamtliche Tätigkeit für die Senioreneinrichtungen. Der damaligen Leiterin des Hauses war das kräftige und begeisterte Mitsingen des Mannes aufgefallen. Daher fragte sie ihn, ob er sich vorstellen könne, mit den alten Menschen gemeinsam zu singen. Potthoff konnte sich das nicht nur vorstellen, sondern setzte dies auch gleich um. Neben den drei genannten Häusern begeistert er zudem regelmäßig die Bewohner des Clarenbachwerks in Müngersdorf.
Während der Corona-Pandemie, als hier nur wenige Begegnungen möglich und das gemeinsame Singen verboten waren, entstaubte er seine alte Zither und spielte viele Lieder auf Abstand. Potthoff erinnert sich mit einem Schmunzeln an diese insbesondere für ältere Menschen schwierige Zeit: „Die Zuhörer haben dann einfach laut mitgesummt.“
Teilnehmer reagieren emotionale auf Lieder
Nach rund einer Stunde geht das gemeinsame Singen in Deutz mit dem „Ade zur guten Nacht“ zu Ende. Viele Senioren verabschieden sich mit einem Handschlag und mitunter persönlichen Dankesworten bei Potthoff. „Das Lied hat schon meine Mutter auf dem Akkordeon gespielt“, sagt eine sichtlich bewegte Frau, während sie sich mit ihrem Rollator langsam zur Tür bewegt. „Wenn Sie hier sind, kommen wir doch immer gern, denn das Singen tut doch so gut“, erklärt eine andere Seniorin.
Der Caritasverband Köln hatte Potthoff für den Ehrenamtspreis der Stadt Köln in der Kategorie „Einzelperson“ vorgeschlagen. In dem Schreiben an die Stadt wird nicht nur das Engagement und die Durchführung des Singkreises gewürdigt: „Dazu bereichert der pensionierte Berufsschullehrer auch durch seine liebevolle und wertschätzende Art den Alltag der Menschen.“ Potthoff trage zu einer Atmosphäre der Freude und Gemeinschaft bei.
Wie lange der 88-Jährige das noch macht? Der tiefgläubige Katholik muss nicht lange nachdenken. Mit seinem unverwechselbaren rheinischen Singsang in der Stimme antwortet Potthoff: „Solange mich der liebe Gott lässt und mir Kraft und Gesundheit dafür gibt.“
