Erster CNN-Auftritt seit 2016Trump beleidigt Moderatorin und erzählt plumpe Lügen – Anhänger begeistert

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Donald Trump hat sich in einer Live-Sendung bei CNN Fragen gestellt.

Donald Trump, hier bei einer Wahlkampfveranstaltung, hat sich in einer Live-Sendung bei CNN Fragen gestellt.

Viele Jahre mied Donald Trump den Sender CNN, nun trat er bei dem Medium, das er als „Fake News“ bezeichnet, zu einem Bürgerdialog an.

Auf Wahlveranstaltungen oder bei seinem Lieblingssender Fox: Normalerweise verbreitet Donald Trump seine Behauptungen ausschließlich vor seiner Fanbase, in ausschweifenden Wahlkampfreden ohne Gegenfragen. Den kritischen Fragen des Fernsehsenders Cable News Network – kurz CNN – stellte sich der ehemalige US-Präsident seit 2016 nicht mehr – bis zu seinem Auftritt am Mittwochabend. 

Mit Blick auf die Präsidentschaftswahl 2024 beantwortete Trump bei dem Sender, den er selbst in der Vergangenheit immer wieder als „Lügenpresse“ abgetan hatte, Fragen von Bürgerinnen und Bürgern und von CNN-Moderatorin Kaitlan Collins.

Donald Trump setzt bei CNN auf altbewährte Taktik: Lüge und Hetze

Schnell wurde bei dem mit Spannung erwarteten Auftritt klar: Die Bühne bei dem Medium, das Trump gerne als „Fake News“ verunglimpft, nutzte er an diesem Abend für seine eigenen Falschbehauptungen. So wiederholte er etwa die Lüge vom Betrug bei der vergangenen Wahl. Den USA beschied er einen katastrophalen Zustand, in vielen Aspekten sei Amerika ein „Dritte-Welt-Land“ geworden.

Trump setzte auf altbewährte Mittel: Hetze, unter anderem gegen Migranten, politische Gegner sowie das Justizsystem. Konkrete politische Ideen für den Fall seiner Wiederwahl hatte der 76-Jährige hingegen nicht parat.

Donald Trump kündigt in CNN-Sendung fragwürdige Maßnahmen an

Mit mehreren Ankündigungen sorgte er zudem für Stirnrunzeln bei der Moderatorin. Trump kündigte zum einen an, im Falle eines Wahlsiegs für den Sturm auf das US-Kapitol verurteilte Randalierer zu begnadigen. Auf die Frage, ob er auch Mitglieder der rechtsextremen Proud Boys begnadigen würde, antwortete er ausweichend: „Ich müsste mir ihren Fall ansehen.“

Außerdem deutete er an, das Ergebnis der kommenden Wahlen möglicherweise erneut nicht anzuerkennen. Nur wenn er den Eindruck habe, „dass es eine ehrliche Wahl ist“, würde er diese auf jeden Fall anerkennen. 

Die Livesendung war als Bürgerfragestunde angelegt. Wahlberechtigte, die den Republikanern nahestehen oder sich weder ihnen noch den Demokraten von Präsident Joe Biden zugehörig fühlen, durften bei dem Event im US-Bundesstaat New Hampshire Fragen stellen.

Donald Trump gerät immer wieder mit Moderatorin Kaitlan Collins aneinander und beleidigt sie

Dass Donald Trump bei CNN auftritt, ist sehr ungewöhnlich, denn der Sender wird von ihm immer wieder als Sprachrohr liberaler Propaganda verunglimpft. Dabei musste er sich dieses Mal dem Publikum stellen – und Kaitlan Collins.

In der sogenannten Townhall schlug sich die Moderatorin wacker, Falschaussagen Trumps versuchte sie sofort zu widerlegen. Dadurch ließ sich der frühere Präsident aber erwartungsgemäß nicht von seinem Kurs abbringen lassen. Nach einer kritischen Frage beleidigte er Collins vor laufender Kamera völlig grundlos – große Teile des Publikums schien das zu amüsieren. „Sind Sie fertig? Darf ich jetzt sprechen? Wäre das in Ordnung? Die Frage ist einfach zu beantworten. Es ist einfach so, dass Sie eine fiese Person sind“, sagte Trump.

Trump griff die 31-Jährige, die ehemals CNN-Chefkorrespondentin für das Weiße Haus und dafür bekannt war, Trump zu seiner Zeit als Präsident hartnäckig zu befragen, immer wieder an. So bezichtigte er sie teilweise, keine Ahnung vom Thema zu haben. 

Ehemaliger US-Präsident Trump äußert sich zu Ukraine-Krieg nur vage

Bereits in der Vergangenheit waren die Moderatorin und der Politiker mehrmals öffentlich aneinander geraten. Im Juli 2018 wurde Collins vom Weißen Haus von einer Pressekonferenz ausgeschlossen worden, was zu Protesten in der Medienwelt führte.

Trump verharmloste bei seinem TV-Auftritt erneut die Erstürmung des US-Kapitols am 6. Januar 2021, bei der seine Anhänger gewaltsam in den Sitz des Parlaments in Washington eindrangen. Infolge der Krawalle kamen fünf Menschen ums Leben.

Vage äußerte er sich auch bei Fragen zum russischen Krieg gegen die Ukraine. So wollte er sich zum Beispiel nicht darauf festlegen, ob die USA unter seiner Führung dem angegriffenen Land weiter Geld und Waffen bereitstellen würden. „Ich möchte, dass Europa mehr Geld zur Verfügung stellt, weil sie uns auslachen. Sie denken, wir sind ein Haufen Idioten“, sagte er. Den Krieg könne er innerhalb kürzester Zeit beenden, wenn er Präsident wäre, so Trump.

Das Interview war Trumps erster öffentlicher Auftritt nach seiner Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs in einem New Yorker Zivilprozess. Am Dienstag war er zu einer Entschädigung in Millionenhöhe an die Schriftstellerin E. Jean Carroll verurteilt worden.

Eine New Yorker Geschworenenjury sah es als erwiesen an, dass Trump sie 1996 in einem New Yorker Nobelkaufhaus sexuell missbraucht hat. Das Ganze sei „eine erfundene Geschichte“, das Verfahren eine „abgekartete Sache“ gewesen und der Richter „furchtbar“, so Trump.

Wie viele andere seiner Behauptungen entbehren auch diese jeglicher Grundlage. Viele Gäste im Saal störte das nicht, sie spendeten dem ehemaligen US-Präsidenten häufig Applaus. Auch in den sozialen Netzwerken lobten ihn seine Anhänger für den Auftritt. „Ihr seid großartig“, sagte Trump zum Abschied. (mit dpa)

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