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Ex-Präsident vor GerichtTrump-Fans drohen mit „Blut in den Straßen“

Lesezeit 4 Minuten
Auch Trumps Gegner machen bereits mobil: Ein Aktivist in der Maske des Ex-Präsidenten posiert vor dem Trump-Tower in Manhattan, dem Sitz der Unternehmensgruppe des Milliardärs.

Auch Trumps Gegner machen bereits mobil: Ein Aktivist in der Maske des Ex-Präsidenten posiert vor dem Trump-Tower in Manhattan, dem Sitz der Unternehmensgruppe des Milliardärs.

Ein Heimspiel ist nicht zu erwarten: New York rüstet sich für den Auftritt des Ex-Präsidenten vor Gericht. In Manhattan gilt Trump als sehr unpopulär.

Wenn Ex-US-Präsident Donald Trump am Dienstag um 14.15 Uhr Ortszeit, begleitet von seinen Secret-Service-Bewachern, in Manhattan einem Haftrichter vorgeführt wird, steht New York ein besonderes Spektakel bevor. Trump wird zwar – das wurde durch seine Anwälte ausgehandelt – bei der offiziellen Anklageverkündung keine Handschellen tragen. Doch ansonsten will ihn die Justiz im „Big Apple“ wie einen gewöhnlichen Tatverdächtigen behandeln.

Beamte werden vor dem Richtertermin, bei dem sich der Beschuldigte für „unschuldig“ erklären wird, eines der berüchtigten Fotos für die Polizeikartei machen, auf denen niemand gut aussieht. Dann muss Trump seine Hände für Fingerabdrücke ausstrecken. Eine Nacht in der Zelle muss er nicht verbringen. Einmal, weil er ansonsten nicht vorbestrafter Ersttäter ist. Und weil es für ihn kein Problem sein dürfte, eine Kautionszahlung aufzubringen – falls diese denn überhaupt verlangt wird.

Novum in der Geschichte der USA

Diese Prozedur, die mehrere Stunden dauern wird, ist – weil hier ein früherer Präsident auftritt – ein Novum in der Geschichte der USA. Die Vorwürfe werden erst morgen im Detail veröffentlicht werden, ranken sich aber um eine Schweigegeldzahlung an den Pornostar Stormy Daniels. Mit ihr soll Trump eine Affäre gehabt haben, die er dann während seiner ersten Bewerbung für das Weiße Haus mit Hilfe seines Anwalts unter der Decke halten wollte.

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Nach dem Termin wird mit einer Pressekonferenz von Trump gerechnet. Die Kernbegriffe seiner Ansprache lassen sich erfahrungsgemäß schon jetzt festlegen: Der Republikaner dürfte erneut von einer „politischen Hexenjagd“ der Demokraten sprechen und beteuern, dass er nicht unschuldig ist, sondern – wie er es in der ihm eigenen Superlativ-Semantik ausgedrückt hat – „vollständig unschuldig“.

Die 23 New Yorker Geschworenen, die jetzt mehrheitlich für eine Anklage Trumps stimmten, haben allerdings die Seite des Beschuldigten noch nicht gehört. Die Staatsanwaltschaft legt ihnen in solchen Fällen vor allem belastendes Material vor. Indizien, die für den Angeklagten sprechen, kann die Verteidigung erst im Prozess einbringen. Dieser dürfte in jenem Saal stattfinden, in dem auch schon der frühere Hollywood-Mogul und Sexualverbrecher Harvey Weinstein abgeurteilt wurde.

Donald Trump gilt in Manhattan als extrem unpopulär

Trump, der in New York aufwuchs, kann allerdings kein Heimspiel erwarten, wenn es um die Sympathien der Geschworenen geht. Der Republikaner hatte 2020 im liberalen Bundesstaat New York nur 22,6 Prozent der Stimmen erhalten und gilt in Manhattan, wo er einst durch Immobilien zum Milliardär wurde, als extrem unpopulär. Gut möglich, dass der Ex-Präsident bald sogar an mehreren Fronten um seine Unschuld kämpfen muss (siehe Kasten). Seine Strategie dürfte dann sein, sämtliche Verfahren mit Anträgen und Anwaltstricks so lange wie möglich hinauszuzögern, um ein Urteil vor dem Wahltag im November 2024 zu vermeiden. Denn dann will er erneut für die US-Präsidentschaft kandidieren.

Die Fanbasis Trumps hat jedenfalls angekündigt, mit massiven Protesten für ihren Helden einzutreten. In Internetforen von Ultrarechten heißt es, der Staatsanwalt müsse für sein Vorgehen „teuer bezahlen“. Andere formulierten, es werde „Blut in den Straßen“ fließen, bis die Verfolgung des Ex-Präsidenten gestoppt sei. Angefeuert werden die Aktivisten von Trump persönlich. Er erklärte, New Yorks Staatsanwaltschaft erledige „Joe Bidens schmutzige Arbeit“. Die Polizei der Metropole glaubt jedenfalls, auf mögliche Krawalle vorbereitet zu sein: Alle freien Tage wurden von heute an für die Cops gestrichen.

Weitere Anklagen?

New Yorks Bezirksstaatsanwalt Alvin Bragg (Foto) – der einst mit dem Versprechen für seinen Posten kandidierte, Donald Trump hinter Gitter zu bringen, und der den Demokraten nahesteht – will mit der Anklage Trumps und einem möglichen Schuldspruch vermutlich ein klares Zeichen für weitere Verfahren setzen. Denn sowohl in Georgia wie auch in Washington D.C. drohen Trump weitere Klagen.

In Georgia, wo er den Wahlleiter nach seiner Niederlage 2020 aufforderte, weitere Stimmen für ihn zu finden, könnte die progressive Staatsanwältin Fani Willis den Vorwurf des versuchten Wahlbetrugs erheben. Und in der Hauptstadt Washington wird Trumps Umgang mit Geheimdokumenten untersucht, die Joe Bidens Justizminister in einer spektakulären Aktion vom FBI auf Trumps Anwesen in Florida beschlagnahmen ließ. (fdie)

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