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Nobelpreis als ZielWie Donald Trump sich als Friedensstifter inszeniert – und was dran ist

6 min
US-Präsident Donald Trump (M) schüttelt die Hände von Armeniens Ministerpräsident Paschinjan (r) und Aserbaidschans Präsident Aliyev während einer trilateralen Unterzeichnungszeremonie im State Dining Room des Weißen Hauses.

US-Präsident Donald Trump (M) schüttelt die Hände von Armeniens Ministerpräsident Paschinjan (r) und Aserbaidschans Präsident Aliyev während einer trilateralen Unterzeichnungszeremonie im State Dining Room des Weißen Hauses.

US-Präsident Donald Trump beansprucht die Rolle des globalen Friedensstifters und strebt nach dem Nobelpreis. Doch eine Analyse seiner sechs vermeintlich gelösten Konflikte zeigt: Die Realität ist komplizierter. 

„Ich bin stolz, der Präsident des FRIEDENS zu sein!“: Mit diesen Worten kommentiert US-Präsident Donald Trump auf seiner Plattform Truth Social, dass zwischen Thailand und Kambodscha eine Waffenruhe vereinbart wurde – ihm zufolge, nachdem er eingegriffen hat.

Trump will, was Obama hat: den Friedensnobelpreis. „Ich verdiene ihn, aber sie werden ihn mir nie geben“, sagt er etwa bei einem Besuch von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu im Februar.

Vorgänger Barack Obama erhielt die Auszeichnung bereits, als er erst einige Monate als US-Präsident im Amt war. Die Verleihung wurde mit seinem Einsatz zur Stärkung der internationalen Diplomatie und der Kooperation zwischen den Völkern begründet. Und wofür glaubt Trump, die Auszeichnung verdient zu haben?

Dreier-Handschlag mit US-Präsident Donald Trump: Aserbaidschans Präsident Ilham Aliyev (l) und Armeniens Ministerpräsident Nikol Paschinjan legen ihren Konflikt um die Region Bergkarabach bei. Foto: dpa

Dreier-Handschlag mit US-Präsident Donald Trump: Aserbaidschans Präsident Ilham Aliyev (l) und Armeniens Ministerpräsident Nikol Paschinjan legen ihren Konflikt um die Region Bergkarabach bei. Foto: dpa

Trump wird nicht müde zu betonen, dass er seit Antritt seiner zweiten Amtszeit mehrere Kriege beendet habe. Schon in seiner ersten Amtszeit gab sich Trump überzeugt, er würde die Auszeichnung „für viele Sachen“ bekommen, wenn sie denn nur fair vergeben werden würde. Vor ein paar Wochen listete er in einem Post auf der Plattform Truth Social gleich mehrere Konflikte auf, in denen er vermittelt habe. Das Wort „Friedensnobelpreis“ fällt dabei sechsmal.

Bei Gesprächen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, die auf ein Friedensabkommen mit Russland abzielen, sprach er von sechs Kriegen, die er beigelegt habe. Einen Tag später gab er in einem Interview in der Sendung „Fox and Friends“ an, er habe bereits „sieben Kriege gelöst“, ohne jedoch zu präzisieren, welchen Krieg er in der Nacht hinzugefügt hatte.

Auf Nachfrage der „New York Times“ stellte das Weiße Haus eine Liste der sechs Kriege zur Verfügung. Auf eine anschließende Frage zum siebten Krieg wurde nicht geantwortet. Die Übersicht:

Armenien und Aserbaidschan

Bei einem Treffen im Weißen Haus haben sich die Staatenlenker Armeniens und Aserbaidschans im Beisein von US-Präsident Donald Trump darauf geeinigt, ihren jahrzehntelangen Konflikt dauerhaft beizulegen und eine Erklärung unterzeichnet.

„Armenien und Aserbaidschan verpflichten sich, alle Kämpfe für immer einzustellen, den Handel, den Reiseverkehr und die diplomatischen Beziehungen wieder aufzunehmen und die Souveränität und territoriale Integrität des jeweils anderen zu respektieren“, sagte Trump am Freitag nach dem Treffen mit dem armenischen Regierungschef Nikol Paschinjan und dem aserbaidschanischen Präsidenten Ilham Alijew.

Die beiden Politiker würden fortan ein „großartiges Verhältnis“ haben, sagte Trump. „Wenn es einen Konflikt gibt, werden sie mich anrufen, und wir werden das klären.“

Paschinjan und Alijew schüttelten sich unter den wohlwollenden Blicken Trumps die Hände. Anschließend unterzeichneten alle drei ein Dokument, welches das Weiße Haus als „gemeinsame Erklärung“ bezeichnete.

„Wir schaffen heute Frieden im Kaukasus“, sagte Alijew. Weiterhin bot er an, Trump gemeinsam mit Paschinjan beim Nobelkomitee für den Friedensnobelpreis vorzuschlagen. Den Lenkern der beiden Staaten, „die seit mehr als drei Jahrzehnten Krieg gegeneinander geführt haben, bedeutet diese Unterschrift sehr viel“, erklärte er.

Armenien und Aserbaidschan hatten in den vergangenen Jahrzehnten zwei Kriege gegeneinander über die Kontrolle der Region Bergkarabach geführt. 2023 brachte Aserbaidschan in einer großangelegten Militäroffensive die mehrheitlich von ethnischen Armeniern bewohnte Region unter seine Kontrolle. Der Militäreinsatz löste die Flucht von mehr als 100.000 Menschen nach Armenien aus.

Krieg beendet? Es gibt vereinzelt noch Spannungen und humanitäre Herausforderungen, doch der großflächige militärische Konflikt ist offiziell beendet.

Demokratische Republik Kongo und Ruanda

Die Demokratische Republik Kongo und Ruanda hatten im Juni in Washington ein von den USA vermitteltes Friedensabkommen unterzeichnet. Auch zwischen der kongolesischen Regierung und den Rebellen laufen Friedensverhandlungen. Das Friedensabkommen soll die Kämpfe im Ostkongo beenden, die dort seit Jahrzehnten schwelen.

Kongos Außenministerin Therese Kayikwamba Wagner und ihr Kollege aus Ruanda Olivier Nduhungirehe richteten ihren Dank an US-Präsident Donald Trump, der sich für das Abkommen persönlich eingesetzt habe.

Seitdem sind die Gespräche über ein umfassendes Abkommen jedoch ins Stocken geraten – und die tödlichen Kämpfe dauern an. Von Ruanda unterstützte Milizen sollen im Osten der Demokratischen Republik Kongo trotz Friedensgesprächen weitere Massaker verübt haben.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) konnte nach eigenen Angaben die willkürliche Tötung von mindestens 140 Männern, Frauen und Kindern im Juli in der Provinz Nord-Kivu nachweisen. UN-Vertreter hatten bereits von Berichten von mehr als 300 Toten in mehreren Provinzen, darunter Nord-Kivu, in dem Zeitraum gesprochen.

Die Region ist seit Jahrzehnten quasi im ständigen Kriegszustand. Seit Januar dieses Jahres war der Konflikt noch einmal eskaliert. Im rohstoffreichen Osten des Kongo hatte die von Ruanda unterstützte Rebellengruppe M23 die Stadt Goma und angrenzende Städte und Ortschaften eingenommen. Als Ergebnis von Vermittlungsbemühungen durch die USA und Katar verständigten sich Ruanda und Kongo dann im April auf eine Grundsatzerklärung.

Krieg beendet? Der Krieg ist offiziell durch ein Friedensabkommen beendet worden, aber die Lage vor Ort bleibt angespannt und das Abkommen ist bislang kaum umgesetzt. Es gibt also Hoffnung auf Frieden, aber noch keine stabile Lösung oder nachhaltige Entspannung der Lage.

Indien und Pakistan

Auch für die Beendigung der militärischen Eskalation zwischen den beiden Atommächten Indien und Pakistan will Donald Trump die Lorbeeren einheimsen. Nach eigener Darstellung hatte Trump eine Waffenruhe vermittelt, nachdem der Konflikt nach einem Terroranschlag in Kaschmir in diesem Frühjahr ausgebrochen war. Pakistan kündigte an, ihn wegen seiner Vermittlerrolle für den Friedensnobelpreis vorzuschlagen – Indien bestritt dagegen, dass die USA vermittelt hätten.

Krieg beendet? Nicht unbedingt. Zunächst ist der Kaschmir-Konflikt derzeit nicht als vollwertiger Krieg, sondern eher als eine „kriegsähnliche Auseinandersetzung“ zu bewerten. Die Grenze zwischen bewaffnetem Konflikt und offenem Krieg ist hier fließend, je nach Eskalationsstufe. Zuletzt wurden die militärischen Operationen beiderseits eingestellt, doch die Situation ist angespannt und instabil. Ein Friedensabkommen gibt es bisher nicht.

Israel und Iran

Mit dem Einsatz „Mitternachtshammer“ beteiligten sich die USA aktiv am Krieg zwischen Israel und dem Iran: US-Tarnkappenbomber warfen Bomben auf iranische Anlagen ab. War in den Stunden danach unklar, wohin das führen wird, so verkündete Trump bald darauf eine Waffenruhe zwischen Israel und dem Iran. „JETZT IST DIE ZEIT FÜR FRIEDEN!“, ergänzte der US-Präsident auf X.

Das Ausmaß des Schadens an den Atomanlagen ist jedoch bis heute nicht geklärt. Völkerrechtsexperten stuften den Angriff der USA und Israels als rechtswidrig ein.

Krieg beendet? Die Waffen ruhen, doch die Lage bleibt fragil und eine dauerhafte Friedenslösung ist weiterhin offen.

Thailand und Kambodscha

Bei der militärischen Auseinandersetzung zwischen Kambodscha und Thailand waren Ende Juli mindestens 43 Menschen getötet worden. Nach fünftägigen Gefechten verhandelten beide Länder mit Malaysia in der Vermittlerrolle einen Waffenstillstand. US-Präsident Donald Trump, der zuvor mit Konsequenzen für die Zollverhandlungen gedroht hatte, sollten die Gefechte nicht aufhören, brüstet sich damit, Frieden geschaffen zu haben.

Krieg beendet? Aktuell hält die Feuerpause, doch ein Wiederaufflammen der Gefechte ist nicht auszuschließen.

Ägypten und Äthiopien

Ägypten und Äthiopien stehen nicht vor einem militärischen Konflikt, sondern vor einem diplomatischen Streit um Afrikas größten Staudamm. Dennoch gibt es Befürchtungen, dass es zu Kämpfen kommen könnte.

Während Trumps erster Amtszeit vermittelte die US-Regierung Verhandlungen zwischen den beiden Ländern sowie dem Sudan. Ein von den USA ausgearbeiteter Entwurf für eine Vereinbarung wurde von Ägypten unterstützt, aber von Äthiopien abgelehnt. Es sah die Vermittlung als parteiisch an und wies die Forderungen, die im Entwurf enthalten waren, als Eingriff in seine Souveränität zurück.

Im Juli 2025 hat Trump seine Bemühungen wieder aufgenommen, den Konflikt beizulegen, und äußerte die Zuversicht, dass eine schnelle Lösung gefunden werden könne.

Krieg beendet? Zwischen Ägypten und Äthiopien gibt es aktuell keinen offenen Krieg. (mit dpa/afp)