Dass dieser Besuch denkwürdig wäre, zeigte sich schon am Abend vorm wichtigsten Treffen. Am Montag kam Donald Trump in Tokio an, traf sofort Kaiser Naruhito. Und sprach mit ihm wie wohl niemand zuvor.
Reise nach JapanDie große Fremdschämshow – Trump trifft Sanae Takaichi

US-Präsident Donald Trump ist das erste Mal bei Japans Premierministerin Sanae Takaichi zu Gast.
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„Great man!“, rief Trump. In großen Schritten trat der US-Präsident Donald Trump auf den Tenno zu, streckte ihm ohne den Hauch einer Verbeugung die Hand aus, klopfte gönnerhaft mit der anderen obendrauf.
Trump benahm sich, als wäre er nicht Gast, sondern Gastgeber. Japans Hoheit ließ sich nichts anmerken. Donald Trump bemerkt nicht, wenn er sich danebenbenimmt: Hinter diesen Vorzeichen hat sich der erste Besuch des US-Präsidenten in dessen zweiter Amtszeit abgespielt – in einem Land, das kulturell für seine Benimmregeln rund um Bescheidenheit bekannt ist, und das für die USA auch noch äußerst wichtig ist.

Donald Trump bei seinem Treffen mit Kaiser Naruhito
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Nirgendwo außerhalb der USA sind so viele US-Soldaten stationiert wie hier. Japan ist der größte Auslandsinvestor in den USA. Und Trump will, dass das so bleibt. Auch dafür kam der US-Präsident nach Tokio. Das Glück des US-Präsidenten: Mit Sanae Takaichi führt seit einer Woche eine Frau das ostasiatische Land an, die Trump keineswegs auflaufen lassen will.
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Takaichi, eine rechtsgerichtete Nationalistin, sieht in Chinas globaler Expansion das viel größere Problem als in Trumps Angriffen auf die Demokratie und seine Partner. Die seit Ende des Zweiten Weltkriegs bestehende USA-Japan-Allianz hat Takaichi trotz allem zur „obersten Priorität“ erklärt. Und entsprechend lief das erste Treffen der zwei Regierungschefs ab.
„Neue goldene Ära“ der Beziehungen
Von Kritik am Regierungsstil des US-Präsidenten war nichts zu vernehmen, weder innen- noch außenpolitisch. Dass die höheren Zölle, die Trump kurz nach Amtsantritt diversen Staaten als eine Art Erpressungstaktik aufgedrückt hat und Japans Volkswirtschaft großen Schaden zufügen, hat Takaichi zumindest öffentlich nicht betont. Die 64-jährige hat stattdessen eine „neue goldene Ära“ der Beziehungen zwischen Tokio und Washington versprochen. Und Takaichi ist offenbar bereit, dafür in die Vollen zu gehen.
So fordert Trump nicht nur von den Nato-Mitgliedern höhere Ausgaben für Verteidigung, sondern auch von Japan. Während Japan schon 2022 beschloss, seine Ausgaben für Verteidigung bis 2027 auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu verdoppeln, gelobt Takaichi nun, dieses Ziel bereits nächstes Jahr erreichen zu wollen. Auch soll Japan laut dem im Sommer vereinbarten Zollabkomme 550 Milliarden US-Dollar in den USA investieren.
Das geradezu unterwürfige Auftreten Sanae Takaichis gegenüber Trump erinnert an Shinzo Abe, der in Japan während Trumps erster Amtszeit (2017-2021) regierte und eine kumpelhafte Beziehung zum US-Präsidenten etablierte. Indem Abe vor allem aus geopolitischen Gründen eine starke Beziehung zu den USA wünschte, war gegenüber Trump kein kritisches Wort zu hören. Ähnlich sieht es nun bei Takaichi aus, die eine enge Vertraute des 2022 bei einem Attentat gestorbenen Abes gewesen ist.
So dürften die Beziehungen zwischen den USA und Japan, die angesichts Trumps Zollpolitik zuletzt angespannt gewesen sind, nun tatsächlich wieder aufblühen. Trump hat Takaichi bereits für ihre Ähnlichkeit zu Abe gelobt, sagte nun, es werde eine „fantastische Beziehung“ werden. Gegenüber Takaichi sagte er: „Ich will, dass du weißt, dass wann immer du Fragen oder Zweifel hast, alles, was du willst, welche Gefallen auch immer, mit denen ich Japan helfen kann – wir werden da sein.“
Kalkuliertes Spiel mit Trumps Eitelkeit?
Die zur Schau gestellte Unterwürfigkeit Japans könnte dabei auch ein Spiel mit der Trumpschen Eitelkeit sein. So verlautbarten Offizielle der Trump-Delegation am Dienstag auch, dass Japan plane, Trump für den Friedensnobelpreis vorschlagen zu wollen. Hintergrund soll dessen Vermittlung im jüngsten Konflikt zwischen Thailand und Kambodscha sein. Trump träumt öffentlich davon, den Friedensnobelpreis zu erhalten. Der Vorschlag könnte den US-Präsidenten für Japans politische Ziele erwärmen.
Am Ende der Woche soll Trump beim APEC-Gipfel in Südkorea, eine Handelskonferenz von Pazifikanrainerstaaten, auf Chinas Staatspräsident Xi Jinping treffen. Die je größte und zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt verharren seit Monaten in einem Zollkonflikt, der die Weltwirtschaft belastet, aber auch geopolitische Bedeutung hat. Japans Nationalisten um Takaichi wünschen sich eine harte Hand Washingtons gegenüber Peking, damit der chinesische Expansionskurs im Pazifikraum aufgehalten werde.
Sollte Trump gegenüber Xi Jinping hart auftreten, womöglich gar wie in anderen bilateralen Kontakten mit dem Einsatz militärischer Mittel zur Durchsetzung von US-Interessen drohen, wäre dies der neuen Regierung in Tokio – die wie viele ost- und südostasiatische Staaten Territorialstreitigkeiten mit China führt – wohl nur recht.
Ein Friedensnobelpreis für Donald Trump würde so ein Auftreten zwar umso unwahrscheinlicher machen. Das wiederum dürfte in Tokio niemanden interessieren. Ein Vorschlag beim Nobelkomitee kostet nichts – könnte eitle Menschen aber in die gewünschte Richtung bewegen.
