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Stimmen zu Trumps Nahost-Plan„Netanjahu setzt darauf, dass die Hamas die Arbeit für ihn erledigt“

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Israels Premierminister Benjamin Netanjahu (l.) wird von US-Präsident Donald Trump am Montag (29. September) im Weißen Haus empfangen.

Israels Premierminister Benjamin Netanjahu (l.) wird von US-Präsident Donald Trump am Montag (29. September) im Weißen Haus empfangen.

Trump feiert seinen Gaza-Plan als Durchbruch. Aber wie realistisch ist dessen Umsetzung? Das sagt die internationale Presse.

Nach einem Treffen zwischen US-Präsident Donald Trump mit dem israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu gibt es neue Hoffnung auf ein Ende des Gaza-Krieges. Grundlage ist ein 20-Punkte-Plan der US-Regierung. Dessen zentralen Punkte sind ein schrittweiser Abzug der israelischen Armee aus dem Gazastreifen und im Gegenzug die Entmachtung und Entwaffnung der Hamas und die Freilassung der verbliebenen israelischen Geiseln.

Netanjahu stimmte dem Plan grundsätzlich zu, die Hamas will den Plan prüfen. Trump erging sich dagegen direkt in Jubelstürmen. Ein „historischer Tag“ für den Frieden im Nahen Osten sei erreicht, schwärmte der US-Präsident, „zum ersten Mal in Tausenden Jahren“. Er sei sich sicher: „Das ist für die Ewigkeit, das ist für immer.“ In Europa stieß der Plan auf positive Reaktionen – verbunden mit der Aussage, nun liege der Ball bei der Hamas. Bundesaußenminister Johann Wadephul sprach von einer „einmaligen Chance“, die nicht vertan werden dürfe.

Der französische Präsident Emmanuel Macron erklärte auf X, die Hamas habe „keine andere Wahl, als alle Geiseln unverzüglich freizulassen und diesem Plan zu folgen“.

Die internationalen Pressestimmen zum Gaza-Friedensplan

Die internationale Presse bewertet den 20-Punkte-Plan und die Chancen auf dessen Umsetzung sehr unterschiedlich. Eine Auswahl:

„de Volkskrant“, Niederlande: Donald Trump zufolge wurde am Montag Geschichte geschrieben. Er spricht von „ewigem Frieden im Nahen Osten“. Dieser Friedensplan vermittelt eine andere Atmosphäre als frühere Pläne. Darin hatte Trump sich immer ausdrücklich auf die Seite Israels gestellt, doch diesmal ist der Ton ein wesentlich anderer. Netanjahu scheint in die Schranken gewiesen worden zu sein.

„Libération“, Frankreich: Bei genauer Betrachtung der Details des „Abkommens“ (...) konnte man das Schlupfloch erkennen, durch das der israelische Ministerpräsident diesem Albtraum zu entkommen hoffte. Denn alles, absolut alles (...) beruht auf der Zustimmung der Hamas. (...) Netanjahu setzt also darauf, dass die Terrororganisation die Arbeit für ihn erledigt und innerhalb von 72 Stunden den Plan ablehnt, den er selbst akzeptieren muss.

„Das wäre die Selbstaufgabe für die Hamas“

„NZZ“, Schweiz: Vorerst scheint die Hamas entschlossen zu sein, ihren bewaffneten Kampf weiterzuführen. Trump hat seinen Friedensplan in erster Linie mit Israel und den arabischen Staaten ausgehandelt. Nun stellt sich aber zunächst die Frage, ob etwa arabische und muslimische Länder wie Katar oder die Türkei die Hamas davon überzeugen können, ihren Widerstand gegen Israel aufzugeben. Im Prinzip wäre dies für die Organisation eine Selbstaufgabe.

„Wall Street Journal“, USA: Es gibt reichlich Grund zur Skepsis. (...) Selbst unter dem Druck Katars (...) ist es unwahrscheinlich, dass die Hamas alle ihre Druckmittel auf einmal aufgibt. Der Deal beruht somit auf einer hoffnungsvollen Fiktion.

„The Guardian“, Großbritannien: Es handelt sich weniger um einen detaillierten Fahrplan als vielmehr um eine grobe Skizze, bei der die Wahrscheinlichkeit, sich völlig zu verfahren, genauso groß ist wie die Wahrscheinlichkeit, das gewünschte Ziel zu erreichen. Die Hamas dürfte einem Plan, der ausdrücklich vorsieht, dass sie (...) ihre Waffen abgeben und zusehen muss, wie ein technokratischer „Friedensrat“ unter Trumps Führung die Macht in Gaza übernimmt, kaum zustimmen.

„Zeit“, Deutschland: Noch erscheint es schwer vorstellbar, dass die Terrororganisation sich freiwillig entmachten lässt – und womöglich ins Exil geht. Der Plan sieht Trump zufolge vor, dass muslimische und arabische Länder für die Entwaffnung der Hamas verantwortlich sein sollen. Wie das genau ablaufen würde? Auch das bleibt offen. (dpa, cme)