BSW pöbelt gegen Hofreiter„Rote Linie“ – Heftiger Streit um Erlaubnis für Angriffe auf Russland entbrannt

Lesezeit 4 Minuten
BSW-Vorsitzende Amira Mohamed Ali (r.) zusammen mit Parteigründerin Sahra Wagenknecht. Mohamed Ali hat den Grünen-Politiker Anton Hofreiter attackiert. (Archivbild)

BSW-Vorsitzende Amira Mohamed Ali (r.) zusammen mit Parteigründerin Sahra Wagenknecht. Mohamed Ali hat den Grünen-Politiker Anton Hofreiter attackiert. (Archivbild)

Nach Großbritannien könnte auch die USA bald Angriffe auf russisches Gebiet erlauben. Hofreiter gefällt das, vom BSW kommen schrille Töne.

Während die US-Regierung nach einem Bericht der „New York Times“ mittlerweile prüft, ob sie der Ukraine Angriffe mit amerikanischen Waffen auf russisches Staatsgebiet erlauben soll, entbrennt in Deutschland ein hitziger Streit um die Frage. Zuvor hatte sich der Grünen-Politiker Anton Hofreiter dafür ausgesprochen, die Ukraine nicht länger von Angriffen auf russisches Territorium mit westlichen Waffen abzuhalten.

„Es geht hier um den Schutz der ukrainischen Bevölkerung“, sagte Hofreiter in einem am Samstag veröffentlichten Interview der Funke-Mediengruppe. „Das Völkerrecht erlaubt es einem angegriffenen Staat, militärische Ziele im Land des Aggressors zu attackieren.“

Einsatz westlicher Waffen gegen Ziele in Russland wäre legal

Tatsächlich wäre ein solcher Einsatz westlicher Waffen legal. Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj forderte nach den jüngsten tödlichen Bombenangriffen auf die grenznahe Großstadt Charkiw erneut das Recht auf einen Einsatz westlicher Waffen gegen russisches Gebiet.

Viele ausländische Politiker und Organisationen hätten ihr Beileid bekundet und Russland verurteilt, sagte Selenskyj am Sonntag in seiner Videoansprache. „Es ist wichtig, dass diese Verurteilung zu angemessenen Konsequenzen führt.“ Im ostukrainischen Charkiw sind durch russisches Bombardement seit Donnerstag mehr als 20 Menschen getötet worden.

Selenskyj fordert grünes Licht für die Ukraine: „Eine Entscheidung, die getroffen werden muss“

Die Ukraine brauche mehr Luftabwehr, sagte Selenskyj. Und sie brauche das Recht, mit ihren ausländischen Waffen auch auf russisches Gebiet schießen zu dürfen. „Wir sehen jeden Konzentrationspunkt der russischen Truppen. Wir kennen alle Gebiete, in denen russische Raketen und Kampfflugzeuge gestartet werden“, sagte er. Es sei eine politische Entscheidung, die Vernichtung dieser Streitkräfte zu erlauben, bevor sie die Ukraine angreifen. Die sei „eine Entscheidung, die getroffen werden muss.“

Bundeskanzler Olaf Scholz sieht unterdessen derzeit keinen Anlass, die mit der Ukraine vereinbarten Regeln für den Einsatz der von Deutschland gelieferten Waffen zu lockern. Bei einem Bürgergespräch auf dem Demokratiefest in Berlin sagte er am Sonntag auf die Frage, wann er den ukrainischen Streitkräften den Beschuss russischen Territoriums mit diesen Waffen erlauben werde: „Für die Waffenlieferungen, die wir bisher geleistet haben, haben wir klare Regeln, die mit der Ukraine vereinbart sind. Und die funktionieren. Das ist jedenfalls meine These.“

Olaf Scholz will nichts an Absprachen mit Ukraine ändern

Während Scholz das grüne Licht für die ukrainische Armee also weiterhin ablehnt, werden in den USA die Forderungen lauter, es Großbritannien und Schweden gleichzutun – und Kiew die Erlaubnis für derartige Schläge zu erteilen. Berichten zufolge dränge Außenminister Antony Blinken auf die Freigabe. US-Präsident Joe Biden zieht demnach mittlerweile in Betracht, die „rote Linie“ aufzulösen. Zuletzt hatte sich auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg für grünes Licht für Kiew ausgesprochen. 

Die amerikanische Kommission über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, auch als „U.S. Helsinki Commission“ bekannt, forderte eine entsprechende Entscheidung in Washington am Sonntag sogar öffentlich. „Der Ukraine muss die Möglichkeit gegeben werden, sich zu verteidigen“, schrieb die Kommission bei X, den Hashtag „#LetUkraineStrikeBack“ („Lasst die Ukraine zurückschlagen“) fügte sie an. 

US-Kommission fordert: „Lasst die Ukraine zurückschlagen“

„Die Ukraine hat das Recht, sich durch militärische Aktionen gegen das Territorium des Feindes zu verteidigen, solange die militärischen Aktionen im Einklang mit dem Kriegsrecht stehen“, erklärte unterdessen der schwedische Verteidigungsminister Pal Jonson gegenüber dem „Hallandsposten“ am Sonntag.

Während die USA von EU-Staaten zu dem Schritt ermutigt werden, fliegen in Deutschland derweil bereits die ersten Giftpfeile, noch bevor Washington überhaupt eine Entscheidung getroffen hat. Die Vorsitzende des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), Amira Mohamed Ali, attackierte Grünen-Politiker Hofreiter am Sonntagabend mit harschen Worten.

BSW attackiert Anton Hofreiter: „Gefahr für den Frieden“

„Die Radikalisierung einiger Grüner in der Kriegsfrage ist erschütternd und eine Gefahr für den Frieden“, schrieb Mohamed Ali bei X. „Wer einen Angriff auf russisches Staatsgebiet für sinnvoll hält, ist als Vorsitzender des Europaausschusses im Bundestag ungeeignet.“

Welcher Frieden durch eine solche Entscheidung in Gefahr geraten solle, erklärte die BSW-Politikerin, deren Partei sich immer wieder gegen die Unterstützung der Ukraine ausgesprochen hat, nicht. Mohamed Alis Parteikollege Friedrich Albers ging derweil noch weiter – und erklärte bei X, Hofreiter gehöre „ins Gefängnis“. 

Putins Mitstreiter in Moskau reagieren mit den üblichen Drohungen

Auch in Moskau kommentierte man die Überlegungen im Westen mit scharfen Worten. Der Vorsitzende des Ausschusses für internationale Angelegenheiten im russischen Parlament, Leonid Slutsky, erklärte der Staatsagentur Ria zufolge, dass eine entsprechende Erlaubnis für die Ukraine, westliche Waffen gegen Ziele in Russland einzusetzen, eine direkte militärische Konfrontation mit Moskau provoziere.

Derartige Drohungen hatte es zuvor allerdings bereits gegeben, als der britische Außenminister David Cameron bei einem Besuch in Kiew kürzlich erklärt hatte, die Ukraine dürfe britische Waffen gegen Ziele in Russland einsetzen. Eine Reaktion, die über bedrohliche Worte hinausging, gab es aus dem Kreml darauf jedoch nicht. Zuletzt hatte Kremlchef Wladimir Putin eine Übung seiner Atomstreitkräfte nahe der Grenze zur Ukraine aber mit „Provokationen“ aus dem Westen begründet. (mit dpa)

Nachtmodus
Rundschau abonnieren