Hartmut Kriege von der kath. Kirchengemeinde St. Nikolaus in Bonn macht sich Gedanken zum Thema „Dritte Welt“ und den „Eurozentrismus“.
Wort zum SonntagEntwickelt sich die katholische Kirche auf Afrika zu?

Juba: Papst Franziskus winkt, als er zur Messe im John Garang Mausoleum ankommt.
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Einheit in der Vielfalt. So lautete vor Jahrzehnten das Bekenntnis all jener kirchlich-katholischen Hilfswerke in Deutschland, die ihr Engagement auf die „Dritte Welt“ konzentrierten. Vielfalt, das war „das Einpflanzen des Evangeliums in die gewachsenen Kulturräume jenseits des europäischen Kontinents“.
Die Bestandsaufnahme zeigt, dass kaum jemand in den deutschen Bistümern diese Weitsicht begriffen, geschweige denn aufgegriffen hat. Das Kreisen um sich selbst, als „Eurozentrismus“ verstanden, dominiert bis heute das Denken im katholischen Bekenntnis. Der geistige Klimawandel ist spürbar, trotz massiver Versuche selbsternannter „Retro-Bewegungen“, den brüchig werdenden Strukturen der Kirche ein Zementkorsett zu verpassen.
Chancenlos: die Kirche entwickelt sich nämlich nach Ansicht von Ayau Kaigama, Erzbischof von Abuja (Nigeria) auf Afrika zu. Und zwar deswegen, weil der Katholizismus sich hier leicht mit der Vorstellung von Wundern und Heilungen verbinden lasse.
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Die biblischen Geschichten von Krieg, Epidemien, sowie das Auftreten von Dämonen seien für Menschen in Afrika sehr real greifbar, meint der Erzbischof. Zudem begünstigten traditionelle Moral- und Familienvorstellungen diese Entwicklung und bewahrten so die Menschen vor kulturellen Umwälzungen. Die Kirche des Nordens sei für afrikanische Katholiken eine „Kirche im Niedergang“.
Wäre es so, dürfte der Katholizismus seinen universellen Charakter verlieren. Der entstand in jenen Jahrhunderten, als Europa noch ein geistig-kulturell geschlossener Raum war. Auf dieses Erbe ist die Kirche, trotz der dunklen Seiten ihrer Geschichte und trotz ihres Widerstands gegen die Aufklärung zu Recht stolz. Dies aufzugeben, führt die Kirche in den Niedergang.