„Fräulein” geht gar nichtWie spricht man eine Kellnerin respektvoll an?

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Wie ruft man eine Kellnerin, um etwas zu bestellen? „Fräulein" geht laut der Stilexpertin Ingeborg Arians gar nicht. (Symbolbild)

  • Aber bitte mit Stil! In unserer Kolumne „Wie geht’s?“ dreht sich alles um das richtige Verhalten. Ob bei offiziellen Anlässen, beim Essen, im Gespräch oder vor dem Kleiderschrank.
  • Protokollchefin i.R. Ingeborg Arians, Redakteurin und Modeexpertin Eva Reik, Restaurant-Chef Vincent Moissonnier sowie Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch schreiben abwechselnd über das richtige und stilvolle Auftreten.
  • Diesmal erklärt Ingeborg Arians, welche Anrede Gäste eigentlich für Kellnerinnen im Lokal nutzen können – und was sich gar nicht gehört.

Köln – Wie redet man eine Kellnerin in einem Lokal an? „Frau Oberin“ ist wohl eher ein Witz. „Fräulein“, rheinisch „Frollein“, passt schon bei jüngeren Kellnerinnen nicht, geschweige denn bei älteren. Sicherlich haben manche ein Namenschild an ihrer Kleidung. Als Brillenträger müsste ich aber sehr nahe herantreten. Viele ausländische Namen erfasst man nicht mit einem Blick. Auf Ihren Vorschlag bin ich gespannt.

Das ist eine knifflige Frage, über die auch ich in der Praxis schon manches Mal gerätselt habe. Grundsätzlich sehen Sie daran, wie deplatziert Polemiken in der gesellschaftlichen Debatte über den angeblichen „Genderwahnsinn“ sind: Für eine ganze Berufsgruppe haben wir es bislang nicht geschafft, eine für Frauen passende, verbindliche Form der Anrede zu finden.

Namensschild, Duzen, Siezen?

Alle von Ihnen genannten „Vorschläge“ dürften – wie so manche Ratschläge – für alle Beteiligten tatsächlich eher schmerzhafte Schläge sein als eine Hilfe. Ich habe mich eingehend informiert, unter anderem beim Direktor eines großen Kölner Hotels, der mit Leib und Seele Gastronom ist. Er hat mir ein, wie mir scheint, sinnvolles und praktikables Vorgehen sehr schön erklärt. Und ich habe auch meinen Mitkolumnisten Vincent Moissonnier gefragt. Er hat aus seiner Heimat berichtet, dass Rollenfragen und gegenderte Anreden auch in Frankreich gerade sehr en vogue sind. Eine adäquate feminine Form für weibliche Service-Kräfte im Restaurant hätten auch die Franzosen nicht. In einer Brasserie wie dem „La Coupole“ oder dem Intellektuellen-Treffpunkt „Café de Flore“ in Paris dürfe man nach wie vor problemlos „Garcon!“ rufen. Aber das würde bei uns ja nun doppelt affektiert wirken.

Ingeborg Arians 2

Ingeborg Arians

Was also tun? Wenn die Kellnerin ein Namensschild trägt (und Sie es tatsächlich auch aus höflicher Distanz entziffern können), dann sollten sie den Namen auch verwenden. Eine Nachfrage zur Aussprache ist gegebenenfalls nicht nur erlaubt, sondern sogar ein Gebot des Miteinanders. Verwendet ein Restaurant für sein Personal den Vornamen, ist dieser die Anrede der Wahl – allerdings sollten Sie ihn mit einem Sie verbinden. Das vertrauliche Duzen wird zwar in Szene-Lokalen und sogar in Hotels immer üblicher. Es wirkt aber, vom Gast in Richtung des Personals gesprochen, leicht herablassend.

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Nicht schnipsen, kein schlichtes „Hallo"

Ein extremer Fauxpas ist es, durch Ihr Sprechen oder Ihr Verhalten das Gefühl zu vermitteln, „ich bin oben, und du bist unten“. Das setzt in Wahrheit Sie herab – nicht nur in den Augen Ihres Gegenübers. Deshalb sollten Sie sich Zurufe wie „Fräulein“ oder gar „Hallo“ unbedingt verkneifen; sie wirken immer unhöflich. Erst recht sollten Sie nicht mit den Fingern schnipsen, wenn Sie nicht riskieren wollen, dass man Sie ignoriert oder Sie fragt, ob Ihnen vielleicht Ihr Hund abhanden gekommen ist.

„Wie geht’s?“

In unserer Kolumne beantworten vier Experten abwechselnd in der Zeitung Ihre Fragen zum stilsicheren Auftreten in allen Lebenslagen. Ingeborg Arians, Protokollchefin der Stadt Köln a.D., weiß, wie man sich bei offiziellen Anlässen richtig verhält. Journalistin Eva Reik kennt sich bestens aus mit Mode und der passenden Kleidung zu jeder Gelegenheit. Vincent Moissonnier, Chef des gleichnamigen Kölner Restaurants, hat die perfekten Tipps zu Tischmanieren ohne Etepetete. Und Anatol Stefanowitsch, Professor für Sprachwissenschaft, sagt, wie wir mit Sorgfalt, aber ohne Krampf kommunizieren. (jf)

Senden Sie uns Ihre Fragen bitte per Mail an: Stilkolumne@dumont.de

Richtig und erlaubt sind dagegen ein dezentes Handzeichen und ein freundliches „Entschuldigung“. Aufmerksames Service-Personal reagiert auch auf Augenkontakt der Gäste, wobei ich zugebe, dass deren Problem ja genau darin besteht, die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.

Sie sehen: Wie in vielen Stilfragen gibt es auch hier kein Patentrezept, sondern nur eine Richtschnur. Eines aber ist ehernes Prinzip: Bleiben Sie höflich und respektvoll! Damit sind Sie immer und überall auf der richtigen Seite.

Aufgezeichnet von Joachim Frank

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