Gestiegene ZinsenMit Zahlen für Köln – Lohnt es sich noch, eine Immobilie zu kaufen?

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Zu sehen sind mehrere Neubauten mit Balkon.

Immobilienkäufer bekommen den aktuellen Zinsanstieg zu spüren.

Kaufen oder mieten, was ist billiger? Noch im Vorjahr gab es eine klare Antwort. Doch die gestiegenen Zinsen lassen den Kostenvorteil schrumpfen.

Immobilienkäufer waren Mietern im vergangenen Jahr laut einer Studie häufig im Vorteil – der finanzielle Vorsprung ist aber mit dem Zinsanstieg stark gesunken. Zu diesem Schluss kommt das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in einer nun veröffentlichten Analyse für die Immobilienfirma Accentro. In diesem Jahr dreht sich demnach das Bild für die Mehrzahl der Regionen.

In der Studie wurde insbesondere das Szenario Immobilienkauf mit Mieten auf Basis von Neuverträgen verglichen. Demnach lebten Nutzer der eigenen Immobilie im vergangenen Jahr in 328 der 401 deutschen Landkreise und kreisfreien Städte günstiger als Mieter, darunter vier der sieben Metropolen.

Köln: Kostenvorteil von 19 Prozent

In Köln bezahlten Selbstnutzer im Schnitt 13,49 Euro pro Quadratmeter -gegenüber Neuvertragsmieten für vergleichbare Wohnungen von 16,64 Euro je Quadratmeter. Der Kostenvorteil von Selbstnutzern gegenüber Mietern mit Neuverträgen lag demnach bei 19 Prozent.

Im bundesweiten Durchschnitt fiel der Kostenvorteil mit 8,0 Prozent geringer aus, wie die Analyse zeigt. Nutzer der eigenen Immobilie zahlten im Schnitt 10,04 Euro pro Quadratmeter, während die Neuvertragsmieten bei 10,90 Euro je Quadratmeter lagen.

Immobilie im Umland von Großstädten lohnt am meisten

„Die höchsten Kostenvorteile können wir im Umland von Metropolen und Großstädten sowie im ländlichen Raum beobachten“, sagte IW-Immobilienexperte Michael Voigtländer. Gerade um Berlin wiesen mehrere Kreise 2022 Kostenvorteile für Selbstnutzer von über 20 Prozent auf.

Bundesweit am höchsten waren diese in den Landkreisen Sömmerda (Thüringen), Jerichower Land (Sachsen-Anhalt) und Oder-Spree (Brandenburg). Wohnimmobilien in Deutschland seien zudem im europäischen Vergleich wertstabil, so das IW: Ihre Preise schwankten weniger als etwa in Großbritannien, Frankreich und den Niederlanden.

Kosten für Eigentümer haben sich verdoppelt

Doch die Studie zeigt auch, wie stark sich der Anstieg der Kreditzinsen im vergangenen Jahr ausgewirkt hat: Im Report für 2021 hatte der Kostenvorteil von Käufern gegenüber Neuvertragsmieten noch bei rund 60 Prozent gelegen; Eigentümer waren damals in allen Regionen im Vorteil.

Vor allem der Zinsanstieg sorgte nun dafür, dass Selbstnutzer 2022 mit 10,04 pro Monat und Quadratmeter mehr als das Doppelte zahlen mussten als im Vorjahr (4,23 Euro). Hingegen legten die Kosten für Mieter weniger zu - von 10,30 Euro auf 10,90 Euro.

Verhältnis ändert sich zu Gunsten von Mietern

Gerechnet wurde in der Studie mit einem Zins von 2,65 Prozent im Jahresschnitt für Kredite mit zehn Jahren Zinsbindung - derzeit aber liegen die Zinsen deutlich höher. So hat das IW die Regionen für das erste Halbjahr auch mit einem aktuellem Zins von im Schnitt 3,7 Prozent durchgerechnet. Nun verändert sich das Bild zu Gunsten von Mietern: Dann übersteigen die Selbstnutzerkosten in drei Vierteln (300 von 401 Kreisen) die Neuvertragsmieten. Günstiger sei Kaufen weiter in günstigen ländlichen Regionen, hieß es.

Für die Analyse wurden mehrere Faktoren berücksichtigt. Auf Käufer entfielen Kaufpreis und Erwerbsnebenkosten wie Grunderwerbsteuer und Notar, Kreditzinsen sowie entgangene Zinsen - denn Käufer hätten das Geld für eine Immobilie alternativ anlegen können. Hier wurde die Rendite erstklassiger Unternehmensanleihen zugrunde gelegt. Auch Kosten für Instandhaltungen und Wertverzehr wurden berücksichtigt sowie Wertsteigerungen von maximal drei Prozent pro Jahr, was konservativ gerechnet ist. Dem gegenüber standen Nettokaltmieten in Neuverträgen.

Wegen sinkender Inflation niedrigere Bauzinsen erwartet

Die Autoren erwarten, dass die Inflation in der zweiten Jahreshälfte weiter sinkt, was eine Leitzinssenkung der Europäischen Zentralbank und wieder fallende Bauzinsen wahrscheinlich mache. Mit einer Zinssenkung dürfte die Attraktivität von selbst genutztem Wohneigentum „einen Schub bekommen“, sagte Accentro-Chef Lars Schriewer. Käufer müssten aber auf wirtschaftliche und soziodemografische Entwicklungen achten. „Automatische Preissteigerungen sind nicht mehr garantiert.“

Die Autoren rechneten drei Szenarien durch. Die Szenarien „zügige Erholung“ und „mittlere Erholung“ gehen von ersten Zinssenkungen Ende 2023 oder im ersten Quartal 2024 aus. Damit würden die Kosten für Selbstnutzer deutlich sinken.

Wohneigentum als Altersvorsorge

Im Szenario „Stagnation“ blieben trotz sinkender Inflation die Zinsen gleich. Hier würden steigende Mieten erst nach 2024 zu wachsenden Kostenvorteilen für Eigentümer führen.

Selbst genutztes Wohneigentum gilt als gute Altersvorsorge. Die Entscheidung zwischen Mieten und Kaufen hängt aber von den jeweiligen Lebensumständen ab, etwa ob häufige berufliche Umzüge nötig sind. Und während manche Menschen unabhängig von einem Vermieter leben wollen, verweisen andere auf den Vorteil, keine Schulden zu haben und nicht für teure Reparaturen aufkommen zu müssen.

Starke Wertsteigerungen in der Studie nicht dargestellt

Die Autoren betonen, dass es sich um Modellrechnungen handelt. Starke Wertsteigerungen wie im Immobilienboom der vergangenen Jahre haben Eigentümer stärker begünstigt als in der Studie dargestellt. Auf der anderen Seite schneiden Mieter mit günstigen Altverträgen gut ab.

Die Stiftung Warentest meint, dass die Antwort auf die Frage „Kaufen oder mieten?“ von vielen Annahmen abhänge, etwa von der Einschätzung über die künftige Entwicklung von Mieten und Immobilienwerten. Mitunter könne schon ein halbes Prozent mehr oder weniger den Ausschlag in dem Vergleich geben. „Gewissheit gibt es nicht.“ Die Experten empfehlen, in einem Beispielrechner mehrere Szenarien mit Annahmen besonders über die Miet- und Wertentwicklung durchzuspielen. (bbm/dpa)

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