Vor dem Bonner Amtsgericht muss sich ein 34-Jähriger verantworten, der auf der A555 auf einen Jeep auffuhr, dessen Fahrer nicht überlebte.
Drama in Bornheim34-Jähriger nach tödlichem Unfall auf der A555 vor Gericht

Ein 34-jährige Fahrer muss sich wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung vor dem Bonner Amtsgericht verantworten.
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Seit der Horrornacht auf der A555 bei Bornheim ist für einen 34-Jährigen nichts mehr wie es war: „Ich habe den Tod eines Menschen auf dem Gewissen. Das wird mich mein Leben lang begleiten und mich nicht mehr loslassen.“ Diese geständigen Worte voller Reue lässt der Angeklagte seinen Verteidiger sagen, er selbst sei dazu nicht in Lage.
Am 28. April 2024 war der gelernte Kranführer in seinem BMW Coupé mit fast 200 Stundenkilometer ungebremst und ohne Not von hinten in einen vor ihm fahrenden Jeep gerast: Es gab eine Explosion, eine weithin sichtbare Rauchwolke, Trümmerteile beider Pkw flogen über die Fahrbahn – und darüber hinaus. Der 65-jährige Fahrer des Jeeps, der mit nur 110 Stundenkilometer unterwegs gewesen war, überlebte den Aufprall nicht. Noch in der Nacht starb er an den schweren Verletzungen in der Bonner Uniklinik.
Vor dem Bonner Amtsgericht muss sich seit Freitag der 34-jährige Fahrer wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung verantworten, aber auch wegen eines verbotenen Kfz-Rennens mit Todesfolge, weil er mit „nicht angepasster Geschwindigkeit“ grob verkehrswidrig und rücksichtslos unterwegs gewesen sein soll.
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Mit Lichthupe und Blinker auf der linken Spur
Tatsächlich muss der Angeklagte, der gegen Mitternacht von einer Hochzeit in Frechen gekommen sein will, als erbarmungsloser Raser unterwegs gewesen sein: Mehrere Autofahrer berichteten später, wie der weiße BMW mit Lichthupe und Blinker auf der linken Spur angeschossen kam, sie bedrängt hatte oder sie – entlang der Baustellen-Führung, die mit 80 Stundenkilometer begrenzt ist – mit mindestens der doppelten Geschwindigkeit überholt haben soll.
Der Angeklagte selbst kann sich nicht erklären, wie es zu dem Unfall gekommen ist. In der Erklärung seines Verteidigers heißt es weiter: „An die Unfallnacht kann ich mich nicht mehr erinnern. Weder, dass ich alkoholisiert ins Auto gestiegen sein soll, noch an den Aufprall. Alles was in diesen Stunden passiert ist, ist in meinem Gedächtnis gelöscht.“
Seine Erinnerung habe erst wieder eingesetzt, als er in einem Kölner Krankenhaus aufgewacht sei, wo er unter anderem wegen mehrerer gebrochener Rippen behandelt wurde. Zwei Monate lang sei er krankgeschrieben gewesen, verfolgt von Alpträumen, die immer gleich abliefen: „Das Auto, in dem ich sitze, wird immer schneller, ich kann nicht abbremsen und habe Angst vor einer Explosion.“ Nach dem Unfall habe er sich lange in die Stille zu einer Tante in die Eifel zurückgezogen. „Ich kann es mir nicht verzeihen, es war verantwortungslos. Das Ganze tut mir furchtbar leid, vor allem für die Familie des Verstorbenen.“
Angeklagter und ehemalige Geliebte treffen sich auf der Autobahn
Welche Rolle eine ehemalige Geliebte des Angeklagten in dieser Unfallnacht gespielt hat, bleibt ein wenig diffus. Angeblich begegneten sich beide zufällig auf der Autobahn mit ihren Autos: Die 46-jährige Logistikerin, die von einem Kinobesuch gekommen sein will, erzählte als Zeugin, wie sie plötzlich das Nummernschild des einstigen Geliebten erkannte und ihm hinterherfuhr.
Er sei ihr mit schneller Geschwindigkeit davon gefahren, dann habe sie auf der freien Strecke – nach der Baustelle – noch versucht, ihn einzuholen: „Ich wollte ihn unbedingt wiedersehen.“ Dann der Schrecken, als sie zur ehemaligen Raststätte „Im Eichkamp“ kam: „Rauch, Qualm, ein Trümmerfeld, zwei Autos quer zur Fahrtrichtung: „Ich habe den Freund gesucht und auch gefunden, er lag neben seinem Auto, verletzt, aber ansprechbar. Aber er wollte sich nicht helfen lassen. Es war ein Schock.“
Auch ein Polizeibeamter vor Ort erzählte, dass der „Unfallverursacher“ einen merkwürdigen Eindruck gemacht habe: „Er hat auf meine Fragen nicht reagiert, mir nicht in die Augen geschaut, er wollte keinen Kontakt.“ Er habe ausschließlich von seinem Auto geredet, wollte wissen, in welchem Zustand es sei. Schnell gab es den Verdacht, dass Alkohol im Spiel gewesen sei, so der Beamte. Dass der Angeklagte gerne trinkt, aber auch regelmäßig schneller im Auto unterwegs ist, als erlaubt, das hatte die Ex-Geliebte auf Nachfrage bestätigt.
Zeuge erkennt Unfallopfer als den Freund eines Freundes
Für den Jeep-Fahrer gab es in dieser Nacht keine Rettung mehr: Die ungeheure Wucht des Aufpralls – mit einem „Geschwindigkeitsüberschuss“ von 82 Stundenkilometer – hat dem Mann sämtliche Organe zerrissen, auch seine Hauptschlagader war verletzt worden. Für einen Zeugen, der in dieser Nacht auch auf der A555 unterwegs war und dem verletzten Jeep-Fahrer noch aus dem Auto helfen wollte, erlebte einen besonderen Schock.
Als der 65-Jährige sich blutüberströmt zu ihm umdrehte, erkannte er den Mann: Es war der beste Freund eines Freundes. Der hatte an diesem Abend mit seiner Freundin noch eine halbe Stunde vor dem Unfall im Auto gesessen. Der 65-Jährige hatte das Paar bis nach Köln mit genommen und dort verabschiedet. Der Prozess soll in der kommenden Woche fortgesetzt werden.
