Rentnerin aus RheinbachKlage gegen Corona-Quarantäne hat wenig Aussicht

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Paragrafen-Symbole am Landgericht Bonn. (Symbolbild)

Bonn/Rheinbach – Das offizielle Schreiben habe sie wie ein Schlag getroffen, erinnert sich eine Frührentnerin am Rande eines Zivilprozesses in Bonn. Am 5. März 2021 bekam die 64-Jährige unerwartete Post von der Stadt Rheinbach. Darin hieß es, sie habe sich als Kontaktperson mit einer positiv auf Corona Getesteten – ihrer Tochter, wie sie später erfuhr – unverzüglich in häusliche Quarantäne zu begeben und dürfe ihre Wohnung 14 Tage lang nicht verlassen. Nur einen Balkon dürfe sie nutzen, falls er ihr alleine gehöre. Vor dem Bonner Landgericht hat die Frührentnerin jetzt die Stadt Rheinbach auf 3750 Euro Schmerzensgeld verklagt.

Frührentnerin aus Rheinbach leitet an Herzerkrankung

Die Klägerin, deren PCR-Test negativ war, habe sofort bei der Stadt interveniert und um Erleichterungen wegen ihrer Herzerkrankung gebeten. Daraufhin seien ihr in der angeordneten Isolation fünf 30-minütige Spaziergänge gewährt worden, punktgenau zwischen 11 und 11.30 Uhr. Mehr nicht. Ein vorzeitiges „Freitesten“ sei ihr vor Ablauf der 14 Tage nicht erlaubt worden. „Die Quarantäne war ein Horror“, so die 64-Jährige.

Durch die ihr zugemutete Isolation habe sie eine posttraumatische Belastungsstörung entwickelt, unter anderem eine „emotionale Erschöpfung“ sowie Depression. Aber auch körperlich habe sie unter anderem wegen mangelnder Bewegung oder auch Lichtmangel rapide abgebaut.

Rentnerin: Stadt Rheinbach zog das „Schwert der Quarantäne“

Die Frau wirft der Stadt Rheinbach Amtspflichtverletzung vor: Die Verwaltung habe nicht geprüft, ob es nicht ein milderes Mittel als die Absonderung gegeben hätte, auch habe es keinerlei ärztliche Untersuchung zur Klärung des tatsächlichen Infektionsgeschehens gegeben. Die Stadt hätte nicht hinreichend aufgeklärt, bevor man das „Schwert der Quarantäne“ gezogen habe.

Die Stadt Rheinbach demgegenüber besteht darauf, dass die Anordnung rechtmäßig war und keinesfalls eine „überzogene Reaktion“. Bei der damaligen Gefahrenlage habe sie die Freiheitseinschränkung anordnen müssen, so wie es im geltenden Infektionsschutzgesetz verankert gewesen sei.

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Die Richter der 1. Zivilkammer gaben der Zivilklage jetzt wenig Aussicht auf Erfolg: Die Kommune habe nicht rechtsblind fahrlässig gehandelt, so das erste mündliche Statement der Kammer. Schließlich hätte die Klägerin damals ihren Anspruch auf Rechtsschutz wahrnehmen und sofort beim Verwaltungsgericht in Köln mit einem Eilantrag Widerspruch einlegen können, so Kammervorsitzender Stefan Bellin. Wenn die Klägerin der Ansicht sei, die Quarantäne-Anordnung an sich sei verfassungswidrig, dann müsse sie den Weg durch die Instanzen gehen. Trotz der rechtlichen Einschätzung fühlte die Kammer am Ende vor, ob die Stadt Rheinbach bereit sei, der Klägerin ein „Trostpflaster“ zu zahlen, immerhin sei ihre Situation „sehr unangenehm“ gewesen. Der Rechtsvertreter der Kommune jedoch winkte kategorisch ab: „Keine Vergleichszahlungen, allein schon aus generalpräventiven Gründen!“

Ein Urteil soll Ende des Jahres gesprochen werden.

(AZ: Landgericht Bonn 1 O 228/21)

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