Enorme KostensteigerungRheinbacher Bauhof wird doppelt so teuer

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Bauhof Rheinbach wird selbst zur Baustelle.

Allein 3,8 Millionen Euro für energetische Maßnahmen sind beim Rheinbacher Bauhof fällig.

Mehr als doppelt so teuer wie ursprünglich geplant soll der klimafreundliche, energieautarke und Treibhausgas reduzierende Umbau des Rheinbacher Betriebshofes werden.

Den Stand der Dinge zum Thema Bauhof erfuhr der Ausschuss für Stadtentwicklung und Bauen in seiner jüngsten Sitzung. Im November 2021 war mit knapp 5,7 Millionen Euro kalkuliert worden. Nun präsentierte Architekt Wolfgang Beyss eine aktualisierte Kostenberechnung, und die beläuft sich auf 12,5 Millionen Euro. Voraussichtlich seien davon 3,8 Millionen Euro über Zuschüsse gedeckt. Bleiben also an der Stadt 8,7 Millionen Euro hängen. Dennoch sprach sich das Gremium einstimmig dafür aus, die weiterentwickelte Planung umzusetzen.

Darüber hinaus soll für das Modellprojekt eine Zertifizierung, möglichst mit dem Prädikat Gold, bei der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) beantragt werden – allerdings nach einer Vorabprüfung bezüglich möglicherweise neuerlichen Mehrkosten, die daraus resultieren könnten.

Erhebliche Flutschäden

Grund für die dramatische Kostensteigerung sei nur zu einem geringen Teil die inflationsbedingte Teuerung im Bausektor, die mit zwölf Prozent oder 681 000 Euro zu Buche schlage. Vielmehr seien durch die Starkregenkatastrophe im Juli 2021 Flutschäden in Höhe von knapp zwei Millionen Euro entstanden, die allerdings komplett über den Wiederaufbaufonds wieder hereingeholt werden sollen. Zudem muss der Bauhof für die Bauphase in eine Containeranlage umziehen, die nun aufgrund der Hochwassererfahrung um knapp 1,6 Millionen Euro teurer als ursprünglich geplant ausfallen werde. Dies liege an höheren Brandschutzanforderungen ebenso wie an höheren Anforderungen für den Energiestandard sowie die Ausstattung. Außerdem ist nun eine längere Standzeit einkalkuliert.

Beim Altbau sollen die von der Flut zerstörte Fassade und die Fenster erneuert werden. Das Erdgeschoss muss einen neuen Innenausbau erhalten. Das kostet weitere 400 000 Euro, also alles in allem Mehrkosten von knapp zwei Millionen Euro, die sich die Stadt aus dem Wiederaufbaufonds holen will. Der dickste Batzen sind jedoch 3,8 Millionen Euro an Mehrkosten durch energetische Maßnahmen, die der Stadtrat im vergangenen Jahr auf das Projekt aufsattelte. So soll das Bürogebäude ein Neubau in Holzbauweise werden. Dies hatte der Ausschuss erst im vergangenen September beschlossen. Damit werde auch eine spätere Aufstockung um zwei Stockwerke möglich.

Dass Neubau und Altbau am Ende sogar den Energiestandard KfW 40 in Anlehnung an ein Passivhaus erfüllen sollen, kostet 900 000 Euro. Eine Verstärkung für das Dach, das im Klimaschutz-Modellprojekt die möglichst autarke Fotovoltaikanlage (920 000 Euro) tragen soll, schlägt mit knapp 700 000 Euro zu Buche. Zudem stehen auf der Liste eine Wärmepumpe mit Eisspeicher für 615 000 Euro sowie ein Kleinwindrad für 125 000 Euro. Hinzu kommen Kosten für die Zertifizierung der DGNB in Höhe von 120 000 Euro. Gut 1,8 Millionen Euro hofft die Stadt aus verschiedenen Fördertöpfen refinanzieren zu können. Dr. Nils Lenke (Grüne) nannte das Vorhaben „ein Leuchtturmprojekt, bei dem man auch mal Dinge ausprobieren kann“, und wies vor allem darauf hin, dass hier gesunde Arbeitsplätze für die Mitarbeiter des Bauhofs geschaffen würden.

Dieses Vorhaben ist ein Leuchtturmprojekt, bei dem man auch mal Dinge ausprobieren kann.
Nils Lenke (Grüne)

Darüber, dass das Beleuchtungsprojekt fortgeführt werden soll, waren sich alle Ausschussmitglieder einig. Nicht so bei der geplanten DGNB-Zertifizierung, die laut Uta Höhner von Hellinger Zillinger Ingenieure in Bonn alle Vorgaben überwacht – auch funktionelle Dinge wie etwa Barrierefreiheit auch für Blinde und Gehörlose, leichte Reinigung oder umfassende Wiederverwertbarkeit aller Baumaterialien. Unwägbar bleiben laut Beyss Kosten für Zusatzvorderungen zur Erfüllung von Zertifikatsauflagen. Sebastian Ruland (FDP) sieht den Mehrwert der Zertifizierung nicht und sprach sich wie Silke Josten-Schneider (UWG) dagegen aus.

Der Technische Beigeordnete Torsten Bölinger ist der Ansicht, die Kriterien der Zertifizierung seien nicht unbedingt für ein Gebäude wie den Bauhof passend. Stattdessen solle versucht werden, einzelne Aspekte aus der Zertifizierung herauszuholen und diese umzusetzen. Dass eine Zertifizierung nicht „für einen Appel und ein Ei“ zu haben sei, war Markus Pütz (CDU) klar, doch hier gebe es die Möglichkeit, einmal zu schauen, was möglich sei – auch im Hinblick auf künftige Bauprojekte der Stadt. Bei den 120 000 Euro handele es sich lediglich um ein Prozent der Bausumme, rechnete Bruno Weber (CDU) vor und plädierte ebenfalls dafür, den Mitarbeitern des Bauhofes einen modernen Arbeitsplatz zu schaffen. Letztlich entschied der Ausschuss mit großer Mehrheit bei nur einer Gegenstimme, der von Ruland, eine Zertifizierung anzustreben. Allerdings soll überprüft werden, wie sich das auf die Gesamtkosten auswirkt.

Beyss rechnet noch mit einem ganzen Jahr für die Planung, sodass voraussichtlich erst Ende 2023/Anfang 2024 mit dem Bau begonnen werden kann. Wenn alles glattlaufe, hofft Beyss auf die Fertigstellung Ende 2026.

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