Wer einen Weihnachtsbaum bei den Rheinbacher Pfadfindern kaufen wollte, musste dieses Jahr besonders schnell sein. Ausverkauft in Rekordzeit.
Neuer RekordRheinbacher Pfadfinder verkaufen Weihnachtsbäume für besonderen Zweck

Welche Größe soll es sein? Stammesvorstand André Nicklisch (links) und Michael Reitler verkaufen ihren Kunden den passenden Weihnachtsbaum.
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Vor 27 Jahren zogen um die 20 Pfadfinder mit Sägen in den Wald, um den Kallenturm – ihr Pfadfinderheim – mit Weihnachtsbäumen zu schmücken. Außerdem mit dem Auftrag, Bäume für Rheinbacher Kirchen mitzubringen.
Diese Unternehmung erregte Aufsehen: Den Rheinbachern gefielen die Weihnachtsbäume am Kallenturm so gut, dass einige anfragten, ob die Pfadfinder im darauffolgenden Jahr nicht auch für sie einen Weihnachtsbaum mitbringen könnten. Bald kam die Frage auf: „Könnt ihr die schönen Bäume nicht verkaufen?“ So war die Idee zum Weihnachtsbaumverkauf der Rheinbacher Pfadfinder geboren.
Frisch geschlagene Weihnachtsbäume aus der Eifel
Längst ziehen die Pfadfinder nicht mehr mit Sägen in den Wald, stattdessen geht es am Dienstag vor dem dritten Adventswochenende mit zwei großen Containern, die das Transportunternehmen „Brandenburger“ samt Fahrer stellt, nach Neroth in die Eifel, wo sie Nordmanntannen zum Weiterverkauf von einem Familienbetrieb erhalten. Genau 454 Weihnachtsbäume haben zehn Tatkräftige in drei Stunden in die Container geladen.
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Mitglieder des Georgsring, dem Förderverein der Rheinbacher Pfadfinder, verladen die Nordmanntannen in Neroth in der Eifel, wo diese kurz vorher frisch geschlagen wurden.
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Die zehn sind Mitglieder des Georgsrings, dem Förderverein, der 1969 gegründet wurde, um den Rheinbacher Pfadfinderstamms „Antoine de Saint-Exupéry“ zu unterstützen. „Wir sind ein Haufen 70-Jähriger, die sich mit acht Jahren bei den Pfadfindern kennengelernt haben“, sagt Martin Fröhlich, 1. Vorsitzender des Georgsrings. Der Name kommt daher, dass der Rheinbacher Pfadfinderstamm zu der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg (DPSG) gehört, erklärt Fröhlich.
Eine erste Tour nach Neroth im Landkreis Vulkaneifel in Rheinland-Pfalz hatte bereits im November stattgefunden: 18 Weihnachtsbäume für Kirchen, Kitas und Schulen, die ihren Weihnachtsbaum schon zum ersten Advent benötigen und nicht erst am dritten Adventswochenende, wenn der Verkauf der Pfadfinder startet.
Schon vor Verkaufsstart stehen die Kunden Schlange
Schon bevor der Verkauf am Freitag um 11 Uhr losging, hatte sich vor der Industriestraße 39 eine Schlange gebildet. Sonst betreibt der Georgsring hier Möbellager und Fahrradwerkstatt, aber jetzt ist Winterpause bis zum 9. Januar. „Wir mussten die Kundschaft bitten, uns noch ein wenig Zeit für den Aufbau zu geben“, sagt Fröhlich, der damit seit 8 Uhr beschäftigt war.
Am Freitagvormittag stemmen die Förderverein-Mitglieder den Weihnachtsbaumverkauf. „Die Pfadfinder sind jetzt noch in der Schule oder bei der Arbeit.“ Am Nachmittag und am Samstag wird der Georgsring dann aber abgelöst. Stammesvorstand André Nicklisch ist dafür extra aus München angereist, wo der 24-Jährige inzwischen wohnt. Er hat einen Dienstplan erstellt, damit immer ausreichend Pfadfinder vor Ort sind, um die vielen Kundinnen und Kunden gleichzeitig zu bedienen. 20, besser 25 Leute brauche es dafür.

Berta-Marie Hiss ist Stammkundin. Uli Witt verpackt ihren Baum in der Netzmaschine.
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Berta-Marie Hiss kommt jedes Jahr, um die Pfadfinder und deren Jugendarbeit mit ihrem Kauf zu unterstützen, schließlich war ihr Sohn einmal Mitglied. Wer Auswahl will, muss freitags früh kommen, weiß die Seniorin. „Es ist einfach süß, wie die Pfadfinder hier ihre Bäume anpreisen“, schmunzelt Hiss, während Georgsring-Mitglied Uli Witt die Tanne mit nur wenigen Handgriffen ins Netz packt. Die kommt jetzt erst einmal auf der Terrasse in Wasser, aufgestellt und geschmückt wird der Weihnachtsbaum erst kurz vor Heiligabend: „So wie sich das gehört“, betont Hiss.
Die Nordmanntannen kosten bis 1,50 Meter 30 Euro, bis 2 Meter 40 Euro und darüber 50 Euro. Der besondere Service: Für fünf Euro liefern die Pfadfinder den Baum direkt zu ihren Kundinnen und Kunden nach Hause in Rheinbach und den Höhenorten. Nicht jeder hat schließlich ein Auto, das groß genug ist für den Baum, oder die Kraft, die es zum Verladen braucht. Wohnt die Kundschaft weiter weg, wird der Transport teurer. „Bis nach Bad Neuenahr-Ahrweiler liefern wir aber nicht. Das würde uns zu viel Zeit kosten“, sagt Fröhlich.
Seit Dienstag waren wir zwölf Stunden pro Tag im Einsatz. Aber da jammert keiner.
Die Organisation des Verkaufs übernimmt ein Team aus Georgsring-Mitgliedern. Martin Fröhlich und Hann-Jörg Limbach, 2. Vorsitzender und Kassenwart, fangen bereits im Juli mit den Vorbereitungen an, bevor es in der Woche vor dem dritten Advent in die „heiße Phase“ geht. Sie holen die Genehmigung bei der Stadt Rheinbach ein und lassen einen Parkplatz ausweisen, besorgen beim städtischen Betriebshof Bauzäune und planen die Tour in die Eifel. Als „extrem“ beschreibt Fröhlich den Aufwand: „Seit Dienstag waren wir zwölf Stunden pro Tag im Einsatz. Aber da jammert keiner.“
Von anderen Rheinbacher Vereinen bekämen sie zudem Unterstützungen. So habe etwa „Rheinbach hilft“ den großen Ford Transit zur Verfügung gestellt, so dass mehr Weihnachtsbäume pro Tour ausgefahren werden könnten.
Nach dem Baumkauf noch ein Heißgetränk
Etwas, das jedes Jahr aufs Neue passiert und schon zum „Running Gag“ geworden ist: Mindestens ein Baum lande immer an der falschen Adresse. In der Regel könne der Baum dann aber schnell zugeordnet und richtig ausgeliefert werden. Nur einmal sei eine Tanne spurlos verschwunden. „Es passiert auch, dass auf dem Baum eine Adresse draufsteht, die's gar nicht gibt. Wie wir da mal gesucht haben!“, erinnert sich Fröhlich. Das passiere in der Hektik des Verkaufs schnell. Oder dass die Auslieferer abends im dunklen Auto sitzen und die Schrift nicht entziffern können.
Mit dem Baumkauf ist der Besuch bei den Pfadfindern für viele Kundinnen und Kunden noch nicht vorbei. Ist der Baum im Auto verstaut, kommen sie zurück, um eine Tasse Glühwein zu trinken oder eine Bratwurst zu essen. Wie viel Freude es Wolfgang Bures und Günter Rödel macht, die Kundschaft zu bewirten, merkt man sofort. Ihre gute Laune ist ansteckend.

Nach dem Baum-Kauf ist der Besuch bei den Pfadfinder noch nicht vorbei: Eine Kundin trinkt Glühwein bei Wolfgang Bures (l.) und Günter Rödel.
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Direkt neben dem Glühwein verkaufen Laura Schunk und Marco Jäger selbst gebackene Weihnachtsplätzchen und frische Waffeln für zwei Euro. Ihr Erlös kommt dem Theodor-Fliedner-Kindergarten zugute. „Die Kinder wünschen sich ein Klettergerüst“, weiß Schunk. Sie freut sich, dass der Kindergarten beim Weihnachtsbaumverkauf eine Plattform bekommt. Später am Tag, wenn sie am Waffelstand abgelöst wird, kommt ihr Ehemann mit den Kindern, um selbst einen Pfadfinder-Weihnachtsbaum auszusuchen.
Ausverkauft in Rekordzeit
„Hilfe!“ ruft ein Fördervereins-Mitglied und sofort eilt ein Helfer herbei, um einen ausladenden Baum in die Netztonne zu hieven. Beim Weihnachtsbaumverkauf wuselt es, alles scheint gleichzeitig zu passieren. Martin Fröhlich bewahrt in der Hektik einen Überblick und weiß auf jede Frage eine Antwort. „Teppichmesser?“ „In der Werkzeugkiste.“ „Pflaster?“ „Hab ich extra gekauft.“
„Wir freuen uns jedes Jahr auf den Weihnachtsbaumverkauf“, sagt Micheala Pütz und Ehemann Roland pflichtet ihr bei. Sie suchen sich gleich zwei Bäume aus: Einen für sich und einen für Sohn Henry, der zwar in Bonn wohnt, zum Aussuchen aber nach Rheinbach gekommen ist. Auch Familie Pütz findet man nach dem Baumkauf am Glühweinstand bei einem Heißgetränk wieder.

Roland und Michaela Pütz mit Sohn Henry werden gut beraten.
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Zum Schluss meldete der Georgsring noch einen Rekord: Um 12.55 Uhr war am Samstag der letzte Baum verkauft! 2024 waren um 14.30 Uhr noch zwei übrig. Georgsring und Pfadfinder freuen sich riesig über die Unterstützung der Rheinbacher. Das sei es, was am Weihnachtsbaumverkauf so großen Spaß mache: Das Zusammenkommen, das positive Feedback und die Bestätigung, ein tolles Projekt auf die Beine zu stellen. „Viele Kunden legen einfach einen Schein auf den Tisch und wollen gar kein Wechselgeld“, freut sich Martin Fröhlich.
Der Kallenturm soll wieder leuchten
In diesem Jahr soll der Erlös des Weihnachtsbaumverkaufs einem besonderen Zweck zukommen: Der Kallenturm soll eine neue Fassadenbeleuchtung bekommen, denn seit vier Jahren schon liegt der Turm im Dunkeln.
Die alte Beleuchtung sei nicht reparabel, die neue koste 7000 Euro. Soviel komme beim Weihnachtsbaumverkauf zwar nicht zusammen, „aber vielleicht die Hälfte“, schätzt Martin Fröhlich.
