Heiratsantrag vor GerichtGewalttätiger Angeklagter erreicht in Bonn milderes Urteil

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Der Angeklagte vor dem Landgericht Bonn 

Bonn/Niederkassel – Der Heiratsantrag im Bajonett-Prozess vor zwei Jahren war spektakulär: Ein 47-jähriger Angeklagter aus Niederkassel, wegen versuchten Totschlags an seiner Lebensgefährtin angeklagt, hatte überraschend um deren Hand angehalten. Alle im Saal hörten die Antwort der 35-Jährigen, die ihm – immerhin als Opfer seiner Gewalt – noch als Nebenklägerin gegenüber saß. Die Angesprochene lächelte und hauchte „Ja“.

Nach dem öffentlichen Eheversprechen wurde der Mann wegen Körperverletzung zu milden anderthalb Jahren Haft verurteilt. Ohne die Aussage der Zeugin – nunmehr Verlobte – war kein versuchter Totschlag mehr nachweisbar. Zu eineinhalb Jahren Haft verurteilt, kam der Mann zunächst auf freien Fuß und verließ mit der Braut im Arm das Gerichtsgebäude.

Trennung kurz nach dem öffentlichen Heiratsantrag

Das Verlöbnis jedoch war nicht von langer Dauer, wie sich in einem erneuten Prozess gegen den Angeklagten zeigte. Zwei Wochen nach den öffentlich inszenierten Liebesschwüren soll die 35-Jährige den Schlosser wegen erneuter Übergriffe auf die Straße gesetzt haben. Aber der 47-Jährige ließ die Mutter von drei Kindern – darunter ein gemeinsamer Sohn – offenbar nicht in Ruhe: Immer wieder stand er vor der Tür, drang einmal sogar durch die geöffnete Balkontür ein. Die Ex-Verlobte stellte sich ihm in den Weg und verhinderte den Kontakt, auch zu den Kindern.

So kam es im Januar und Februar 2021 zu weiteren Straftaten: Wegen Körperverletzungen, Nötigungen und Bedrohungen verurteilte das Amtsgericht Siegburg ihn zu weiteren sechs Monaten Haft.

Angeklagter hat im Berufungsprozess Erfolg

Gegen das Urteil ist der heute 49-Jährige in Berufung zum Landgericht Bonn gegangen. Durchaus mit Erfolg: Am Ende wurde ihm diese Strafe am Montag zur Bewährung ausgesetzt, weil Sozialarbeiter – einer aus dem Gefängnis, in dem er mittlerweile die Haftzeit aus dem Bajonett-Prozess verbüßt hat – bestätigten, dass er sich derzeit mit seiner Alkohol- und Aggressionsproblematik auseinandersetze und dass er von der Zeit hinter Gittern „beeindruckt“ sei.

Der Berufungsrichter geht jetzt – laut Urteil – davon aus, dass er sich in Zukunft straffrei verhalten wird. Diese Überzeugung hatte das Bonner Schwurgericht nach dem Heiratsversprechen von 2020 nicht.

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Immerhin hatte der Angeklagte seine Lebensgefährtin nach dem Rosenmontagszug 2020 in Mondorf schwer misshandelt und mit einem Bajonett fast tödlich verletzt. Der Angeklagte sei einer, so der Kammervorsitzende Klaus Reinhoff im damaligen Urteil, „der gerne Frauen schlägt, ihnen die Nase bricht, wenn ihm was nicht passt“. Immerhin ist er mehrfach, auch einschlägig, vorbestraft.

Mit Blick auf die frisch Verlobte sagte Reinhoff damals: „Es ist kein gutes Zeichen, dass Frauen, die geprügelt und geschlagen werden, das dann immer noch gut finden und die Gewalttäter schützen.“ Die 35-Jährige war mit vielen Hämatomen, gebrochenem Nasenbein, Würgemalen und zwei blau geschlagenen Augen ins Krankenhaus gekommen.  

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