Vom Naturschutzzentrum in Swisttal-Dünstekoven aus koordiniert der NABU Bonn seine Projekte und betreibt Artenschutz.
Ein Mosaik von LebensräumenNABU Bonn verwandelt Kiesgrube in Naturschutzgebiet

Peter Meyer (2. Vorsitzender) und Vera Bauer (Geschäftsstelle) vor dem großen Insektenhotel.
Copyright: Vera Arenz
Was einst ein Krater in der Landschaft zur Rohstoffgewinnung war, ist heute ein Naturschutzgebiet und Lebensraum für viele Tiere und Pflanzen. Die ehemalige Kiesgrube in Dünstekoven ist das größte Projekt der Bonner Kreisgruppe des Naturschutzbund Deutschland (NABU).
Lebensraum für bedrohte Arten in stillgelegten Kiesgruben
Stillgelegte Kiesgruben bieten Rückzug für viele Arten, die heute kaum noch zu finden sind. Nachdem der Kiesabbau beendet war, wurde das Gebiet unter Schutz gestellt und wird nun vom NABU Bonn betreut: offene Wiesen und Rohbodenflächen, sandige Steilwände, Teiche und Tümpel sowie kleinräumige Gehölzinseln.

NABU Naturschutzzentrum Dünstekoven.
Copyright: Vera Arenz
„Die unmittelbare Nähe zum Kottenforst“ ist das besondere am Standort, denn sie begünstige die Ansiedlung neuer Arten noch zusätzlich, betont Peter Meyer, Zweiter Vorsitzender der NABU-Kreisgruppe Bonn. In der Waldstraße 31 befindet sich das Naturschutzzentrum des NABU Bonn, von wo aus die Kreisgruppe ihre Projekte koordiniert und Artenschutzmaßnahmen betreibt.
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Artenschutztürme bieten neuen Lebensraum
„Für die Steinkauze müssen wir viele Touren unternehmen, um festzustellen, wo und wann die brüten. Steinkauze leben hier fast zu 100 Prozent in Nistkästen, die wir müssen reinigen und instand halten müssen“, erklärt Meyer.
Für Nistbrüter wie Turmfalken, Schleiereule, und Schwalben hat die NABU-Kreisgruppe ausrangierte Stromverteilerhäuschen zu sogenannten Artenschutztürmen umgebaut. Auch Fledermäuse fühlen sich im innere der Türme wohl. Brut- und Nistmöglichkeiten für gebäudebrütende Vögel schwinden, also bekamen fünf ehemalige Trafotürme in Meckenheim, Rheinbach und Alfter eine neue Nutzung.

Die Gelbbauchunke konnte sich ansiedeln.
Copyright: Peter Meyer
Im Rahmen der Biotoppflege wurden Teiche angelegt, um Amphibien wie die Gelbbauchunke zu erhalten. Nach jahrelanger Unterstützung konnte sich diese erfolgreich ansiedeln. „Ich habe vor vier Tagen wieder die ersten Jungtiere gesehen“, freut sich Meyer.
Engagement für Streuobstwiesen und Ackerwildkräuter
Die NABU-Kreisgruppe Bonn pflegt außerdem große Streuobstwiesen im linksrheinischen Kreisgebiet. Immer wieder überprüfen die Mitglieder, ob die Bäume sicher sind und ernten das Obst, um daraus Saft herzustellen. Die Gruppe hat auch sogenannte Blumenwiesen und Ackerflächen, wo Ackerwildkräuter hochkommen, die kaum woanders wachsen dürfen, denn bei Landwirten seien diese unbeliebt.
„Es geht um das Mosaik von verschiedenen Lebensräumen“, beschreibt Vera Bauer, die in der Geschäftsstelle des NABU Bonn arbeitet. Zwei Drittel der Fläche werde von Rindern beweidet und dort kommen weniger Blumen hoch. Um für jede Art den richten Lebensraum zu schaffen, sähe man Blumen woanders aus: auf der Seite des Zauns, wo keine Rinder sind. Da müsse dann gemäht werden. Nur dann, wenn dadurch die Entwicklung der Insekten nicht gestört werde.
Neben der Geschäftsstelle besteht das Naturschutzzentrum Am Kottenforst auch aus der Naturschule. Hier werden Familien- und Kinderaktionen zu Fledermäusen, dem Bau von Nisthilfen oder Naturentdeckungen angeboten.
NABU-Amphibien- und Insektentage für Kinder
In den Osterferien finden die NABU-Amphibientage statt. Von Umweltpädagogen erfahren die Kinder an den Wiesen und Tümpeln alles Wissenswerte über Kröten, Frösche, Molche und Salamander. Außerdem geht es in den Kottenforst und an die nahe Swist. Die Kinder keschern die Tiere heraus und beobachten sie unter der Lupe.
An den NABU-Insektentagen in den Sommerferien lernen die Kinder die wichtigsten Insektengruppen kennen und erkunden auf den Wiesen, an den Feldrändern und im Wald, welche Arten dort leben, wie ihre Lebensräume aussehen und welche Rolle sie für Tiere und Pflanzen sowie für Menschen spielen. Sie erfahren auch, warum die Insektenwelt heute so gefährdet ist und was sie selbst tun können, um die Insekten zu schützen.
Engagement der Ehrenamtlichen und Herausforderungen
Die Angebote des Naturschutzzentrums richten sich an Natur-Interessierte. Immer wieder veranstalten die Naturschützer „NABU-Abende“ an denen sie über ihre Arbeit berichten. „Wir hätten gerne eine Jugendgruppe“, sagt Vera Bauer.
Es sei aber schwierig, Jugendliche zu begeistern. In der Kindergruppe treffen sich Mädchen und Jungen zwischen acht und zwölf Jahren regelmäßig: Die kleinen Forscher schauen dem Imker über die Schulter und belauschen Fledermäuse beim Jagen. Mit Wildkräutern stellen die Kinder Kräuterquark her und erforschen ökologische Zusammenhänge. Es wird gehämmert, geklebt und gefaltet, um Nisthilfen zu bauen. Die Natur wird mit allen Sinnen erkundet, denn „nur was man kennt und wertschätzt, wird man auch schützen.“

Biotoppflege im Naturschutzgebiet.
Copyright: Peter Meyer
„Das ist ganz wichtig, denn die Kleinen haben ja überall den Anschluss zur Natur verloren“, bedauert Meyer. Er sei seit seiner Jugend in den NABU hineingewachsen: „Mit 13 oder 14 Jahren entwickelte ich eine Affinität für den Vogelschutz.“ Biologe sei er trotzdem nicht geworden. „Ich habe Elektrotechniker gelernt. Aber ich bin Autodidakt, in allen Fächern ein bisschen bewandert.“ Bauer ist sicher: „Man kann Naturschutz auch machen, ohne das studiert zu haben.“
Man muss sich reinknien, das muss eine Passion sein. Und man muss bekloppt sein!
1990 war Meyer Initiator zur Gründung der „NABU Ortsgruppe Rheinbach-Meckenheim-Swisttal“, die mit der NABU-Kreisgruppe Bonn verschmolzen ist. „Man muss sich reinknien, das muss eine Passion sein“, so Meyer: „Und man muss bekloppt sein!“ Im vergangenen Jahr feierte der NABU Bonn sein 25-jähriges Bestehen.
Kottenforst: Bonns größtes Naturschutzprojekt
Das Gebiet Am Kottenforst ist das größte Schutzgebiet des Vereins. „Es ist so groß wie 65 Fußballfelder. Das habe ich jetzt mal genau ausgerechnet“, sagt Meyer: „Hier können Sie sich verlaufen.“ Also gibt es geführte Expeditionen. Allerdings nur in Zeiträumen, in denen die vielen dort lebenden Arten, dadurch nicht gestört werden.
Um die 5050 Mitglieder zählt die Kreisgruppe. Es sind „rüstige Rentner“, die die Stütze des ehrenamtlichen Engagement sind. Suche man Freiwillige, die auch unter der Woche Zeit haben, seien das die Rentner. „Die darf man nicht unterschätzen. Die sind alle noch fit.“ „Die jungen Leute haben nie Zeit“, sagt Bauer mit Verständnis: „Die sind heute in ihren Berufen sehr eingespannt. Und wir sind hier relativ weit draußen, das geht ohne Auto kaum.“
NABU Bonn: finanzielle Herausforderungen und Potenziale
Das Naturschutzzentrum finanziert sich durch Beiträge der Mitglieder und über Spenden. „Wir arbeiten so, dass wir hinkommen“, sagt Meyer: „Wir könnten einen festangestellten Biologen gebrauchen. Den könnten wir aber vielleicht ein Jahr bezahlen, und dann wäre kein Geld mehr da.“
„In meinem Ruhestand bin ich unruhig.“ Meyer wohnt im Nachbarort. „Ich kann direkt reagieren und notfalls mit dem Fahrrad herfahren. Einen Nachfolger zu finden, der in Zukunft so einspringen kann wie ich das kann – das ist nicht ohne.“

Eine Mähfläche, der der NABU Bonn betreut.
Copyright: Peter Meyer
Die Frage, ob sie den Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) als Konkurrenten sehen, hören Bauer und Meyer nicht zum ersten Mal. „Wir sind Partner im und für den Naturschutz, mit unterschiedlichen Schwerpunkten“ sagt Meyer: „Der BUND macht mehr politische Arbeit, die auch wichtig ist. Wir sind froh, dass der BUND das macht. Da sind die von ihrer inneren Einstellung und von ihrem Leitbild her auch prädestiniert für. Wir haben auch ein Leitbild und das ist der praktische Natur- und Artenschutz.“
Auch der NABU Bonn gebe hin und wieder Stellungnahmen ab, etwa zu Solaranlagen auf Freiflächen. Bauer und Meyer sind sich einig: Zuerst sollten Dächer in kommunalem Besitz Solaranlagen bekommen, denn Photovoltaik-Anlagen auf Freiflächen schaden den Feldvögeln. Und wenn es um Gartenflächen in Städten geht, spricht sich der NABU Bonn für Naturgärten aus. „In der Baumschule kann man sich beraten lassen“, weiß Meyer. Weil aber das Bewusstsein fehle, seien Gärten teils „gruselig bepflanzt“.

Die Wiese in Ollheim wird gemäht.
Copyright: Peter Meyer
„Alles wächst wie verrückt.“ Als Nächstes stehe die Wiesenpflege an, die Biotoppflege dann erst wieder ab Oktober. „Wir müssen unser Sommerfest vorbereiten“, so Bauer. „Das findet am 24. August statt und dazu ist jeder eingeladen an diesen wunderschönen Ort“, schwärmt Meyer.
Schmetterlinge zählen
Vor Schmetterlingen macht das Insektensterben nicht Halt. Um darauf aufmerksam zu machen, ruft der NABU NRW zur Falterzählaktion „Schmetterlingszeit“ auf. Bis zum 15. Juli können Interessierte Schmetterlinge beobachten, zählen und melden.
„Dabei kann überall gezählt werden, egal ob im Garten oder auf dem Balkon, im Freibad oder im Park. Empfehlenswert ist es, eine passende Pflanze auszuwählen und alle Schmetterlinge, die sich dort niederlassen, zu erfassen“, erklärt Karl Heinz Jelinek, Schmetterlingsexperte beim NABU NRW. Anhand der Daten könne herausgefunden werden, welche Tag- und Nachtfalter im Siedlungsbereich vorkommen und wie häufig diese gesichtet werden. Zählanleitung und Abbildungen der im Fokus stehenden zwölf Tag- und sechs Nachtfalterarten sind auf einer Zählhilfe vermerkt.
Flyer, Zählhilfe und weitere Infos zur Teilnahme sind online abrufbar. Hier können die Beobachtungen direkt eingegeben werden. Ausgefüllte Zählhilfen können bis zum 22. Juli auch per Post an die Landesgeschäftsstelle des NABU NRW oder per E-Mail an garten@nabu-nrw.de geschickt werden.