Keine zwei Wochen ist Sebastian Glatzel nun im Amt und hat Ziele formuliert, die er als neuer Bürgermeister von Bad Münstereifel verfolgt.
Bad MünstereifelSebastian Glatzel sieht sich als Übersetzer zwischen den Institutionen

Ein „Roter“ im roten Rathaus: Sebastian Glatzel ist der erste hauptamtliche SPD-Bürgermeister in Bad Münstereifel.
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Die erste Änderung fällt wohl nur denen auf, die öfter das rote Rathaus in Bad Münstereifel besuchen: Das Bürgermeisterbüro ist nicht mehr links, sondern rechts vom Vorzimmer. Das hat gleich zwei Gründe. Zum einen findet es der neue Bürgermeister Sebastian Glatzel praktisch, direkt eine Besprechungsmöglichkeit im Büro zu haben.
Die andere hat etwas mit seiner Art zu tun, wie er anderen gegenübertreten will. Er möchte nicht hinter einem gewaltigen rustikalen Schreibtisch, wie es ihn früher einmal im Bürgermeisterzimmer gab, Platz nehmen. „Da wirkt jeder davor wie ein Bittsteller“, sagt er. Überhaupt: Wenn es nach ihm ginge, würde er seinen Schreibtisch gar nicht so oft sehen. „Er soll nicht mein Haupttätigkeitsort sein. Ich möchte viel draußen sein, bei den Menschen“, so Glatzel.
Es ist ungewöhnlich, dass ein Bürgermeister schon kurz nach Amtsantritt die Medien einlädt. Für eine Bilanz ist es noch zu früh. Und Ziele hat er kurz zuvor, im Wahlkampf, formuliert. Und doch will er seine Ziele noch einmal präzisieren.
Sebastian Glatzel freut sich auf die Rückkehr der Bahn
Auf Kinder-, Jugend- und Bildungseinrichtungen setzt er, beispielsweise auf nicht-kommerzielle Orte für Jugendliche wie den Streetball-Platz im Goldenen Tal. Verkehrsinfrastruktur ist ein weiteres Thema. Er freut sich auf die Rückkehr der Bahn. „Die Menschen wurden zum Auto getrieben“, hat er nach der Flut erkannt.
Die Kurstadt Bad Münstereifel sei mit Schwimmbad und Sauna, Golfplatz, Rad- und Wanderwegen, Shoppingmöglichkeiten und Gastronomieangebot „ein Ort, wo man bleiben kann“, man müsste ihn als touristische Marke etablieren.
Mit steigenden Einnahmen raus aus dem Haushaltssicherungskonzept
Über allem schwebe aber das Haushaltssicherungskonzept. Der Weg aus dem Defizit führe nicht nur übers Sparen, denn „sonst können wir das Licht ausmachen“. Die Einnahmen müssten steigen, etwa beim Gewerbe. Zwar gebe es keine neuen Flächen, aber die Betriebe vor Ort müssten unterstützt werden, damit sie wachsen können. Er hofft außerdem, dass sich Firmen aus dem Dienstleistungssektor in Bad Münstereifel ansiedeln, denn „Remote-Arbeit in der Eifel ist besser als Remote-Arbeit in Köln“.
Weitere seiner Themenschwerpunkte sind die Stärkung des Zusammengehörigkeitsgefühls, etwa durch das Ehrenamt vor Ort. Auch den Runden Tisch für Vereine will er wiederbeleben, um diese zu vernetzen. Eine lebendige Kulturlandschaft, die zur Identität der Stadt beiträgt, schwebt ihm vor. „Wir wollen die Kultur stärken, auch wenn die Kassen leer sind.“
Die Themen Transparenz und Kommunikation sind ihm ebenfalls wichtig. „Ich will ein Übersetzer zwischen den Institutionen sein“, sagt er. Viele Vorgänge im Rathaus seien komplex und passierten im Hintergrund. Deshalb müsse man nach außen kommunizieren, warum manches länger dauere. Aber er möchte auch, dass er auf Dinge hingewiesen wird, weshalb er regelmäßig nicht nur Bürgersprechstunden im Rathaus, sondern auch vor Ort anbieten will.
Wälder sollen Teil des Hochwasserschutzes werden
Den Hochwasserschutz habe er nicht selbst angestoßen, wie Glatzel anmerkt (und das auch bei anderen Themen erwähnt hat). Aber dennoch hat er eigene Ziele. So möchte er die Wälder mehr einbinden. „Im Idealfall wirkt ein Wald wie ein Schwamm.“ Die Bereiche, die der Borkenkäfer zerstört habe, seien nicht nur Fluch, sondern auch Segen. „Bei der Aufforstung können wir den Klimaschutz direkt mitdenken.“
Dass er nun manche Dinge vielleicht etwas anders sehen müsse als noch vor seiner Wahl, liege in der Natur des Amtes. „Als Fraktionsvorsitzender der SPD musste ich das Interesse der Fraktion vertreten. Jetzt stehen die Interessen von Bad Münstereifel im Vordergrund.“ Das muss nicht, kann sich aber in Nuancen unterscheiden.
In Zukunft soll der Bürgermeister von einem Beigeordneten unterstützt werden. Das Anforderungsprofil wird von einer Kommission erstellt, der er auch nicht reinreden möchte. Eine Wunschvorstellung hat er trotzdem: „Ich fände einen Verwaltungsfachmann, der gleichzeitig Kämmerer ist, sinnvoll.“
Rheinischer Karneval ist für Sebastian Glatzel ein Glücksfall
Auch Sebastian Glatzel hat, wie Landrat Markus Ramers und Kalls neuer Bürgermeister und damit sein Amtskollege Emmanuel Kunz, eine Vergangenheit im St.-Michael-Gymnasium. Anders als die beiden Parteifreunde war Glatzel allerdings nicht Lehrer, sondern Schüler am 400 Jahre alten „Michael“, wo er sein Abitur machte. Im Anschluss trat er in den Verein Alter Münstereifeler ein.
Geboren wurde er vor 44 Jahren in Leipzig. Sein Elternhaus war sozialdemokratisch geprägt. Seit 1991 lebt er im Bad Münstereifeler Stadtgebiet, heute in Iversheim. Der Jurist ist Vater einer Tochter, die „fast 15“ Jahre alt ist. Übernommen aus dem Elternhaus hat er den Spaghetti-Samstag. Seine Mutter habe als Lehrerin oft samstags arbeiten müssen, sein Vater habe dann Spaghetti gekocht.
Als Glücksfall beschreibt er den rheinischen Karneval. „Den habe ich im Studium vermisst“, so Glatzel. Gerne ist er auch mit dem Fahrrad in der Region unterwegs. Und auch, wenn er „kein harter Fußballfan“ ist, freut er sich doch, wenn der 1. FC Köln gewinnt. Nach der Rückkehr von einem Auslandsaufenthalt in den USA, wo er eine Highschool besucht hatte, sei er in die SPD eingetreten.


