Jens Brinkmann soll Ansprechpartner in allen jagdlichen Fragen sein und mit den Revierpächtern im Gespräch bleiben.
Vorreiter im KreisAufgaben des Berufsjägers in Dahlem entsprechen nicht den Klischees

53 Prozent der Fläche der Gemeinde Dahlem sind Waldgebiete. Die Aufgaben im Forst sind vielfältig.
Copyright: Stefan Lieser
Als erste Kommune im Kreis Euskirchen hat die Gemeinde Dahlem einen Berufsjäger eingestellt. Er soll den Revierförster entlasten und der neue Ansprechpartner bei allen jagdlichen Fragen in den Jagdbezirken im Gemeindegebiet sein. Rund 53 Prozent der Fläche der zweitkleinsten Kommune in NRW sind Wald. Davon die Hälfte wiederum, rund 2800 Hektar, sind Wald in Gemeindebesitz.
Der ist aufgeteilt in sieben verpachtete Eigenjagdreviere. Insgesamt gibt es in der Gemeinde 22 Revieren, die zwischen 150 und 550 Hektar groß sind. Es handelt sich neben den Gemeindejagdrevieren um solche in Privatbesitz wie des Grafen Beissel oder der Eifelwald GmbH und um Gemeinschaftsjagden.
Jens Brinkmann ist der einzige Berufsjäger einer Kommune im Kreis
Das sind die Rahmenbedingungen, auf die Jens Brinkmann, 53 Jahre alt, an seinem neuen Arbeitsplatz trifft. Er ist derzeit der einzige Berufsjäger in Diensten einer Kommune im Kreisgebiet. Der gebürtige Göttinger, der in Dahlem wohnt, aber mittelfristig nach Frauenkron umziehen wird, soll sich schwerpunktmäßig um die Hege in den kommunalen Jagdbezirken kümmern und so den ebenfalls festangestellten Revierförster Achim Schmitz entlasten.
Brinkmann bringt mit, was die Stelle erfordert, davon ist Bürgermeister Jan Lembach überzeugt. Er habe nach ersten Berufsjahren beim Rurverband fast 30 Jahre beim Kreis Gütersloh gearbeitet und sich dort um den Fachbereich Hoch- und Niederwild gekümmert. „Da hat er die gesamte Rotwild- und auch die Kalamitätsholzproblematik der vergangenen Jahre mitbekommen“, so Lembach.
Jagd und Forstwirtschaft sind für uns eben gleich wichtig.
„Mich haben Wald und Wild immer schon interessiert“, erläutert Brinkmann seine Berufswahl. Zudem liege die Jagd in der Familie: „Mein Vater ist Hobbyjäger, mein Bruder ebenfalls Berufsjäger.“ Zu seinen fachlichen Qualifikationen gehören das Fachabitur im Bereich Waldwirtschaft, der Jagdschein und die Ausbildung zum Revierjagdmeister.
Der Mann, der nun nächtelang im Gemeindeauftrag alleine auf die Pirsch geht, ist er natürlich nicht. Das ist wüstes Klischee vom Leben des Waidmanns, der fast ein Wilderer wäre. Bezogen auf die Jagd wird Brinkmann vielmehr der feste Ansprechpartner für alle Belange sein. Sein Fokus liegt auf den sieben gemeindlichen Jagdrevieren, aber nicht nur. „Jagd und Forstwirtschaft sind für uns eben gleich wichtig. Das unterstreichen wir mit Brinkmanns Einstellung“, so Lembach.

Ansprechpartner in jagdlichen Belangen soll Jens Brinkmann (M.) auch für Revierförster Achim Schmitz (l.), Bürgermeister Jan Lembach für die Pächter der Jagdbezirke sein.
Copyright: Stefan Lieser

Ein Wirtschaftsfaktor ist der Wald für die Gemeinde durch den Holzeinschlag und -verkauf.
Copyright: Stefan Lieser
Dass es zu viel Rotwild in Dahlems Gemeindewäldern gibt, beweist dabei – ähnlich wie in den Nachbarkommunen – der Blick auf die Abschusspläne. Im Jagdjahr 2015/16 etwa wurden als Ansatz beim Rotwild 134,5 Tiere errechnet, abgeschossen wurden 99. Seitdem hat sich diese Schere zwischen Soll und Ist mit Ausnahme des Jagdjahres 2018/19 (178 zu 172) nicht mehr auch nur ansatzweise schließen lassen.
Im Jagdjahr 2024/25 standen 257 Tiere auf der Liste, erlegt wurden 203. Brinkmann soll mithelfen, dass sich das ändert. Etwa im regelmäßigen Gespräch mit den Revierpächtern der Gemeinde. Er soll zudem begutachten und in Absprache mit Revierförster Schmitz Vorschläge machen, wo Abschusskanzeln aufzustellen sind, ob Wege neu gelegt oder verändert werden müssen.
Zu viel Wild hat Einfluss auf die Waldwirtschaft
Auch soll er gemeinschaftliche Drückjagden organisieren. Brinkmann wird der Ansprechpartner für die Rotwildhegegemeinschaften, vor allem aber auch für die Pächter der weiteren Jagdreviere sein. Für die sieben Eigenjagdbezirke wird von ihm langfristig die Aufstellung eines gemeinsamen Bejagungsplans erwartet.
Denn zu viel Wild, das weiß auch Brinkmann, hat Einfluss auf die Waldwirtschaft. Zum Beispiel, wenn es um die Umstellung der Wälder von Nadel- auf klimawandelresistente Laubbaumarten geht und nötige Neuanpflanzungen, bei denen hohe Summen in den Verbissschutz und den Schutzgatterbau investiert werden müssen. Die Gemeinde bekommt auch dafür im nun dritten Jahr Fördergeld aus dem Programm „Klimaangepasstes Waldmanagement“ – 185.000 Euro pro Jahr, macht bislang 555.000 Euro.
Wir stellen jetzt schon fest, dass durch den Wolf die Tagaktivität des Rotwilds abnimmt.
Mit dem Geld wurden unter anderem 150.000 Habitat-Bäume per GPS erfasst, was rund 50.000 Euro kostete. Noch wichtiger sind die Einnahmen aus dem Holzverkauf aus den Gemeindewäldern. 2022 lagen sie bei rund einer Million Euro, 2023 bei noch rund 880.000, im vergangenen Jahr bei rund 630.000 Euro.
Bei der Abhängigkeit von Forstwirtschaft und Hege spielt auch die Rückkehr des Wolfs in die Eifelwälder eine Rolle. Seit rund vier Jahren befindet sich ein aus zwei Alttieren und aktuell zwei Welpen bestehendes Rudel bei Berk. Das, so Brinkmann, sei im Revier nicht unbemerkt geblieben: „Wir stellen jetzt schon fest, dass durch den Wolf die Tagaktivität des Rotwilds abnimmt. Es zieht sich mehr in die Dickungen zurück.“ Das wiederum erschwert die Bejagung des Rotwildes.
Zudem meide das Rotwild immer häufiger kleinere Brunftplätze im Wald. Eine Änderung des Bundesjagdgesetzes könnte den Wolfabschuss erleichtern, wo er als nötig erachtet wird. In NRW, schätzt Bürgermeister Jan Lembach, gebe es derzeit „an die 200 bis 300 Wölfe“. Aber: „Im Gemeindegebiet kam es bisher selten zu Nutztierrissen, es gibt im Wald offenbar genug Wild – auch für den Wolf.“
Die Arbeit von Jens Brinkmann wird vermutlich nicht nur für die Gemeinde Dahlem aus allen diesen Gründen wichtig sein. Interesse findet die neue Planstelle auch bei den Nachbarkommunen. Eine Ausleihe des Jagdexperten? Das, heißt es aus dem Rathaus in Schmidtheim, sei nicht geplant.