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Nach über 50 JahrenHildegard Reetz hört als Leiterin des Golbacher Kapellenchors auf

Lesezeit 4 Minuten

Zum 75-jährigen Bestehen des Kapellenchors 2015 sang der Chor bei einer Messe in der Golbacher Kapelle.

Kall-Golbach – Sie war gerade mal 18 Jahre alt, als Hildegard Reetz ins kalte Wasser geschmissen wurde und die Leitung des Golbacher Kapellenchors übernahm. Ihren Vorgänger, Schulleiter Helmut Hahn, zog es seinerzeit zurück nach Blankenheimerdorf. Das war im Jahr 1966, als England durch das legendäre Wembley-Tor die deutsche Elf nach Verlängerung 4:2 besiegte und Fußball-Weltmeister wurde. Nun, 55 Jahre später, gibt sie den Dirigentenstab ab, auf den sie bei ihrer Arbeit stets verzichtet hat. Da es keinen Nachfolger gibt, wird sich der Kapellenchor zum Jahresende auflösen.

Mit zwölf Jahren in den Chor eingetreten

Mit zwölf Jahren war sie 1960 in den Chor eingetreten. „Hahn hat jedem, der in der Schule gut singen konnte, gesagt, du musst in den Chor kommen“, erzählt die Golbacherin. Sie folgte der Aufforderung, nicht wissend, dass sie mit gerade einmal sechs Jahren Erfahrung im Chorgesang das Zepter beim einzigen Kapellenchor im Bistum Aachen einmal übernehmen würde. „Helmut Hahn hat zu mir gesagt: ,Du schaffst das’“, erinnert sich die 74-Jährige. Doch ganz so einfach war es nicht: „Da waren damals einige ältere Herren im Chor, die mir das Leben anfangs schwergemacht haben. Ich war damals auch die einzige Chorleiterin in der Region.“

Die Kapelle in Golbach liegt Hildegard Reetz am Herzen. Als Küsterin kümmert sie sich weiter um das Gotteshaus.

Der Kapellenchor hatte seinerzeit rund 30 Sängerinnen und Sänger. Ihren ersten Auftritt hatte Reetz dann bei einem gemeinsamen Konzert der beiden Chöre aus Golbach und Blankenheimerdorf. Es war nicht nur deshalb ein denkwürdiger Tag, sondern auch, weil sie dabei ihren späteren Ehemann Karl-Heinz kennenlernte.

Viele Fortbildungen gemacht

Um sich das nötige Rüstzeug für ihr neues Amt zu holen, machte Hildegard Reetz viele Fortbildungen und sang selbst noch in zwei Chören, darunter auch im vielfach prämierten Kammerchor Schleiden. „Wir hatten mit dem Kapellenchor pro Jahr neben den Ständchen bei Goldhochzeiten oder Geburtstagen auch immer drei bis vier größere Auftritte“, sagt die Golbacherin. „Wir sind dabei auch viel in der Eifel herumgekommen“, erinnert sich Ehemann Karl-Heinz, der seit 1984 ebenfalls im Chor mitsingt. Bei den alljährlichen Chorfahrten und bei Ausflügen in der Region habe man stets viel Spaß gehabt. „Legendär waren auch die Karnevalsabende mit Darbietungen der einzelnen Stimmengruppen und Auftritten von den jeweiligen Pastoren“, berichtet Hildegard Reetz.

Verabschiedung

An den Kapellenchor und das Wirken von Hildegard Reetz wird am kommenden Sonntag, 29. August, um 9 Uhr auf dem Dorfplatz in Golbach erinnert.

In der Messe, in der auch eine Sonderkollekte für die Flutopfer durchgeführt wird, wird der Lebenden und Verstorbenen des Cäcilienchors gedacht. (wki)

Zum 50-jährigen Bestehen des Kapellenchors im Jahr 1990 wurde auch ein Jugendchor gegründet. „Mit dem haben wir viele Auftritte gehabt und schöne Momente erlebt“, erzählt die Chorleiterin. Nach acht tollen Jahren musste der Jugendchor aber mangels Nachwuchses wieder aufgelöst werden. Höhepunkte in ihrer Zeit als Chorleiterin seien unter anderem zwei Aufführungen des Musicals „Johannes de Täufer“ von Friedhelm Schorn in der Kaller Pfarrkirche und ein Familientag mit Bischof Mussinghoff in Steinfeld gewesen, bei dem der Chor die Messe mitgestaltet habe.

„Ich habe die Zusammenarbeit mit den Sängerinnen und Sängern genossen. Man konnte sich immer auf die Mitglieder verlassen“, sagt Hildegard Reetz. Selbst wenn mal eine Generalprobe schiefgegangen sei, habe man einen ordentlichen Auftritt hingelegt. „Ich habe es im Nachhinein auch nie bereut, dass ich die Chorleitung übernommen habe.“ Vertretungsweise habe sie auch andere Chöre betreut, wenn deren Leiter krank waren oder andere Auftritte hatten.

Drei Söhne auf die Welt gebracht

Nur von 1973 bis 1980 machte Hildegard Reetz eine Pause, weil in der Zeit ihre drei Söhne geboren wurden. Ihr Mentor Helmut Hahn sprang in dieser Zeit in die Bresche. Sohn Uwe hat die Liebe für Musik und Gesang geerbt. Er schreibt Kinderlieder und ist als Sänger in der Eifel und darüber hinaus bekannt. Die Zusammenarbeit mit Regionalkantorin Holle Görtz und dem Kaller Pfarrer Hans-Joachim Hellwig sei stets sehr gut gewesen: „Holle hat mir viele gute Tipps gegeben.“ Als Küsterin bleibt sie der Pfarrgemeinde auch erhalten.

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Ansonsten ist aber zum Jahresende Schluss: „Ich will nicht wie Johannes Heesters enden und irgendwann aus der Kirche herausgetragen werden.“ Der Chor habe vergeblich versucht, einen Nachfolger zu finden. Aber so ganz Schluss ist doch noch nicht. „Wir werden uns weiter alle zwei Monate treffen und singen und quatschen“, sagt Ehemann Karl-Heinz. „Die Chorfrauen werden sich zudem auch weiter um den Altennachmittag und die Beerdigungscafés kümmern“, ergänzt seine Frau.