JahresrückblickBei der Feuerwehr Weilerswist brennt es – Knatsch um Eifelhöhen-Klinik

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Das Bild zeigt einen Weilerswister Feuerwehrmann bei einem Einsatz.

Bei der Weilerswister Feuerwehr hängt 2023 der Haussegen schief. Wehrleiter Jürgen Schmitz hat bei Landrat Markus Ramers die Dienstfähigkeit der Feuerwehr infrage gestellt.

Das erste Quartal 2023 im Kreis Euskirchen: In Euskirchen stirbt eine Frau bei einem Küchenbrand, bei der CDU steht ein Wechsel an.

In Weilerswist passiert Anfang des Jahres Außergewöhnliches. Gemeindebrandmeister Jürgen Schmitz wählt selbst die 112 und ruft um Hilfe. Bei der Weilerswister Feuerwehr brennt es. Geräte mit abgelaufenen Siegeln, kontaminierte Einsatzkleidung, die in privaten Waschmaschinen gereinigt wird, ein Brandschutzbedarfsplan, der nächstes Jahr fortgeschrieben werden muss und bei Weitem nicht abgearbeitet ist – die Mängelliste ist lang.

So lang, dass der Chef der Weilerswister Feuerwehr in einem 70-seitigen Brief an Kreisbrandmeister Peter Jonas die Weilerswister Feuerwehr als „eingeschränkt einsatzbereit“ bezeichnet. So lange er in der Feuerwehr sei, könne er sich nicht an einen solchen Vorgang erinnern, berichtet Jonas. Das Thema „Feuerwehr“ wird die Weilerswister Politik das ganze Jahr über verfolgen. „Ich bin fassungslos, ich bin sprachlos“, sagt Myriam Kemp, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen.

Weilerswist: Zustände bei der Feuerwehr teilweise desaströs

Die Zustände in der Weilerswister Feuerwehr seien teilweise desaströs, teilweise gefährlich. Ein Grund: Im Gebäude der Feuerwehr neben dem Rathaus befinden sich auch private Wohnungen. Aber auch für die Einsatzkräfte selbst ist es gefährlich.

Beispielsweise in Lommersum. Am Gerätehaus wird es gefährlich, wenn ein großes Feuerwehrfahrzeug aus einer eigentlich zu kleinen Garage in einen definitiv zu kleinen Hof gefahren werden muss – zunächst vorwärts, dann rückwärts, dann wieder vorwärts, weil die Kurve für das Löschfahrzeug zu eng ist. Und dann ist da noch die schmale Zufahrt zu dem Hof, durch die die nachrückenden Kameraden müssen. Großes Fahrzeug, rangieren, zu kleiner Hof, schmale Zufahrt, Adrenalin, dazu in der Nacht noch Dunkelheit und Müdigkeit – das ist eine gefährliche Mischung.

Unfallkasse NRW stellt Mängel an Gerätehäusern fest

Die Situation wird nicht nur in der Politik rauf und runter diskutiert, auch die Unfallkasse NRW macht sich ein Bild von der Situation. „Dabei wurden Mängel festgestellt“, sagt Claudia Roberz, Pressesprecherin der Gemeinde Weilerswist. Beispielsweise die fehlenden Absauganlagen in vier der fünf Gerätehäuser.

Dies ist aber nicht der einzige Mangel, den die Experten festgestellt haben. So wird auch die fehlende Schwarz-Weiß-Trennung in den Gerätehäusern in Weilerswist, Lommersum, Hausweiler, Vernich und Metternich kritisiert. Bei der sogenannten Schwarz-Weiß-Trennung handelt es sich um die räumliche Trennung von verschmutzter Einsatz- und nicht-kontaminierter Privatkleidung.

Einige kleinere Mängel indes können auf dem kleinen Dienstweg beseitigt werden, für andere wird die Gemeinde viele Millionen Euro in die Hand nehmen müssen. Geld, das in der notorisch klammen Kommune nicht vorhanden ist. Zudem ist der Bau einer neuen Wache für Weilerswist und Vernich im aktuellen Brandschutzbedarfsplan bereits festverankert.

Aber auch um die neue Feuerwache entfacht während des Jahres immer wieder Streit. „Zu teuer“, sagen die Kritiker, „zukunftsorientiert“, die Befürworter. Einen großen Schritt weiter wird die Weilerswister Politik Ende des Jahres 2023 beim Thema „Feuerwache“ nicht sein. Weder das Grundstück ist gekauft, noch gibt es eine finale Planung.

Die Situation wird kontinuierlich besser.
Jürgen Schmitz, Gemeindebrandmeister

Auch die ABC-Einheit der Gemeinde macht im Laufe des Jahres Probleme. Aktuell sei man eigentlich nicht in der Lage, die Erstabwehr eines ABC-Einsatzes mit gutem Gewissen hinzubekommen, so Schmitz. Der Grund: Der Gerätewagen Gefahrenabwehr, der mittlerweile Gerätewagen Umwelt heißt, war bei der Flut so stark beschädigt worden, dass er ausgetauscht werden muss.

Die wenigen Dinge von dem Gerätewagen, die gerettet werden konnten, sind bei der Weilerswister Feuerwehr auf einem Anhänger gelagert – praktisch kein Gerätewagen, sondern ein „Anhänger Umwelt“. Dieser Zustand sei für die Kommune mit den meisten Autobahnkilometern und einem großen Gewerbegebiet alles andere als optimal. Zwar sei die Gefahrenabwehr im Kreis Euskirchen auf viele Schultern verteilt, aber einen gewissen Grundschutz sollte die eigene Gemeinde schon bieten. Der Wehrleiter sagt aber auch: „Die Situation wird kontinuierlich besser.“

So seien zwei Drittel der Materialien in den vergangenen Wochen und Monaten von einem externen Unternehmen geprüft und gewartet worden. Lediglich die aufwendiger zu wartenden Materialien seien noch nicht geprüft worden, so Schmitz. Der Brandschutzbedarfsplan wird ebenfalls frühzeitig fortgeschrieben. Darauf einigt sich die Politik in einer der letzten Sitzungen des Jahres. Vorgeschlagen hatte das Bürgermeisterin Anna-Katharina Horst. Dennoch ist die Wehr weiterhin nur „bedingt einsatzfähig“.


Marmagen: Eifelhöhen-Klinik erhitzt die Gemüter

Am Dienstag, 3. Januar, und damit einen Tag später als von der Bezirksregierung Köln angekündigt, kommen die ersten Geflüchteten in Marmagen an. Im ersten Schritt ist eine Belegung mit 375 Schutzsuchenden anvisiert, die auf bis zu 750 ausgedehnt werden kann. Mit dieser Zahl wäre die ehemalige Eifelhöhen-Klinik, die die Bezirksregierung als Notunterkunft angemietet hat, ausgelastet. Diese Grenze wird im Laufe des Jahres laut Bezirksregierung aber nie erreicht.

Das Bild zeigt die Eifelhöhen-Klinik aus der Luft.

Der Mietvertrag der Bezirksregierung für die Eifelhöhen-Klinik in Marmagen läuft bis Ende April. Nicht wenige denken, dass der Vertrag für die Notunterkunft verlängert wird.

Aber auch die zwischenzeitlich mehr als 580 Geflüchteten aus etwa 15 Nationen bedeuten für den 1800-Einwohner-Ort eine enorme Herausforderung. Gestartet wird im Januar aber mit 100 Schutzsuchenden. Der Grund: Auflagen beim Brandschutz. „Wie in solchen Fällen üblich, gibt es klare Vorgaben – etwa einen Brandsicherheitswachdienst zur Kontrolle der Brandschutzklappen, zur Kennzeichnung von Fluchtwegen und zur Einweisung der Bewohner in die Brandschutzordnung“, sagt Wolfgang Andres, Pressesprecher des Kreises Euskirchen.

Notunterkunft: Start mit 100 Geflüchteten

Bis zu einer Belegung von 100 Menschen kann laut Andres der Brandsicherheitswachdienst durch eigene, geschulte Kräfte der Einrichtung sichergestellt werden – im Fall der Eifelhöhen-Klinik durch das Deutsche Rote Kreuz (DRK), das Betreiber der Unterkunft ist.

Anfang März ist dann ein externer Dienstleister für die Brandsicherheitswache in der ehemaligen Reha-Klinik gefunden. Das Euskirchener Unternehmen Medidama stellt den Brandschutz rund um die Uhr sicher. Damit wird es für die Marmagener Feuerwehr etwas ruhiger.

In den ersten Wochen nach dem Start als Notunterkunft rückt die Feuerwehr immer wieder zur ehemaligen Eifelhöhen-Klinik aus. Die Brandmeldeanlage ist sensibel eingestellt, dass selbst eine heiße Dusche den Alarm auslöst. Auch in der ZUE in Schleiden ist der Frust wegen zahlreicher Fehlalarme groß. Auch dort reagiert die Bezirksregierung, die Einsätze werden weniger.

Neben der maroden Technik ist auch das Gerücht über die nach wie vor mangelhafte Hygiene infolge der Legionellenproblematik im Ort ein ständiges Gesprächsthema. Ortsvorsteher Bernhard Maus ergänzt: „Die Eifelhöhen-Klinik ist für den Ort eine emotionale Sache. Die Klinik war über Jahrzehnte der größte Arbeitgeber der Gemeinde. Entsprechend hoffen die Menschen hier, bestmöglich mitgenommen zu werden.“

Das passiert aber zunächst nicht. Und dann kommt ein weiteres Problem bei der Akzeptanz der Notunterkunft im Ort hinzu. 63 Straftaten ereignen sich nach Angaben von Polizeidirektor Harald Mertens bis Anfang Mai. Im vergangenen Jahr seien es im vergleichbaren Zeitraum 15 gewesen. „Das ist ein sehr deutlicher Anstieg“, sagt Mertens. Dieser stehe auch in enger Verbindung mit der Geflüchtetenunterkunft. 23 der 63 registrierten Straftaten haben sich laut Mertens in der Notunterkunft ereignet.

Es seien Fälle von Bedrohungen oder Körperverletzungen gewesen. Von den 40 Straftaten, die sich außerhalb der Unterkunft ereignet haben, sind dem Polizeidirektor zufolge acht „eindeutig Bewohnern der Notunterkunft zuzuordnen“. Die Polizei erhöht die Präsens, zudem werden Bürgersprechstunden initiiert.

Dann will die Gemeinde das Gebäude kaufen. Mit acht Millionen Euro nennt Bürgermeister Norbert Crump den Preis. Zunächst deutet viel auf einen Kauf hin, dann fällt der Rat ein anderes Votum. Der Kauf ist erst einmal vom Tisch. Ob die ehemalige Eifelhöhen-Klinik auch im kommenden Jahr als Notunterkunft dient, ist offen.


CDU im Kreis Euskirchen: Pfennings beerbt Seif

83,6 Prozent der CDU-Mitglieder stimmen am 3. Februar für Ingo Pfennings als neuen Vorsitzenden der CDU im Kreis Euskirchen. Der Schleidener Bürgermeister löst damit Detlef Seif an der Spitze der Christdemokraten ab. Vor dem Superwahljahr 2025 sei es sinnvoll, jetzt festzulegen, wer die Partei führe, sagt der Schleidener Bürgermeister. „Da ist dann jetzt bei einigen der Wunsch laut geworden, dass man mit einer etwas neu aufgestellten Mannschaft in die Wahlen geht“, sagt Seif.

Der Weilerswister ist zu diesem Zeitpunkt seit fast 14 Jahren Vorsitzender der Kreis-CDU und hat damit die längste Amtszeit bei der CDU im Kreis, einschließlich des Altkreises Schleiden, hinter sich. „Ich hätte das Amt gerne noch eine Amtszeit bis 2025 fortgeführt“, sagt der CDU-Bundestagsabgeordnete. Pfennings sieht sich nicht nur durch seine Erfahrungen als Schleidener Bürgermeister für das Amt gut gerüstet. Der 38-Jährige war zudem viel Jahre Vorsitzender der Jungen Union im Kreis Euskirchen.


Der Kreis Euskirchen führt bei der Telemedizin

Der Kreis Euskirchen ist Vorreiter bei der Telemedizin. Elf Alten- und Pflegeheime werden mit sogenannten Teledoc-Stationen ausgestattet – mehr als ein Drittel aller Einrichtungen im Kreisgebiet. Der Kreis wird zur Modellregion für die langfristige Verbesserung der Versorgung von Pflegebedürftigen im ländlichen Raum. Bei der Televisite sind Patienten und Patientinnen gemeinsam mit einer Fachpflegekraft des Alten- und Pflegeheims im digitalen Austausch mit einem Arzt.


Januar 2023

Sonntag, 1.: Am Neujahrstag kommt es in Euskirchen in einer Küche zu einem Brand. Dabei kommt die 82 Jahre alte Bewohnerin eines Einfamilienhauses ums Leben.

Sonntag, 1.: Ebenfalls am Neujahrstag kommt auf der Roitzheimer Straße in Euskirchen zu einer Messerstecherei, bei der die Polizei auch Warnschüsse abgibt. Zwei Männer, 26 und 40 Jahre alt, werden durch Messerstiche verletzt – einer von ihnen so schwer, dass er im Krankenhaus intensivmedizinisch behandelt werden muss.

Das Bild zeigt drei Feuerwehrmänner, die den weiteren Einsatz besprechen.

Bei einem Küchenbrand in Euskirchen kommt am Neujahrstag eine Frau ums Leben.

Montag, 9.: Das Hellenthaler Unternehmen Stocko stärkt den Standort und investiert Millionen.

Mittwoch, 11.: Im Kommerner LVR-Freilichtmuseum ist der (Holz-)Wurm drin. Mindestens sieben historische Gebäude werden im Laufe des Jahres aufwendig saniert werden.

Montag, 30.: Das Land NRW will die Feuerwehralarmierung umstellen. Künftig sollen Sirenen nur zur Warnung der Bevölkerung dienen. Die Einsatzkräfte werden dann über Handys und digitale Melder alarmiert.


Februar 2023

Dienstag, 7.: In der Türkei bebt die Erde. Mehrere Tausend Tote sind nach dem Erdbeben in der Provinz Kahramanmaras zu verzeichnen. Im Kreis Euskirchen rücken die Menschen wieder zusammen und spenden zahlreiche Hilfsgüter.

Freitag, 10.: Der Festausschuss Euskirchener Karneval macht auf gut Wetter. Das Hochdruckgebiet im Februar hört auf den Namen Feuka.

Das Bild zeigt einen Zug, der den Bahnübergang in Satzvey passiert.

Am Bahnübergang in Satzvey bilden sich regelmäßig Warteschlangen. Die Verkehrssituation könnte sich verschärfen, wenn sich die Schließzeiten der Schranken nach erfolgter Elektrifizierung auf bis zu 35 Minuten pro Stunde erhöhen könnten.

Montag, 13.: Der Kreis Euskirchen setzt am Abfallwirtschaftszentrum in Strempt erste Maßnahmen des Klimaanpassungskonzepts um. So sollen Dächer unter anderem begrünt werden.

Donnerstag, 23.: Die geplante Elektrifizierung auf den Bahnstrecken im Kreis Euskirchen könnte auch negative Folgen haben. So wird befürchtet, dass Schranken öfter zu als offen ist.

Freitag, 24.: Das Schulzentrum in Schleiden wird zur Dauerbaustelle. 16 Millionen Euro werden in die Sanierung der Gebäude und in die Sporthalle gesteckt. Marcel Wolter, Beigeordneter von Schleiden, rechnet mit einer Bauzeit von vier Jahren.


März 2023

Mittwoch, 1.: Die Euskirchener Polizei stellt ihre Unfallstatistik vor. Auf den Straßen im Kreis Euskirchen ist 2022 kein Kradfahrer tödlich verunglückt – ein Novum in der Bilanz.

Freitag, 3.: Aktivisten blockieren gegen 10.10 Uhr die Roitzheimer Straße. Die Polizei ist schnell vor Ort und verhindert, dass sich drei Männer auf der viel befahrenen Straße im Gewerbegebiet festkleben.

Dienstag, 7.: In der Steinbachtalsperre mäht ein Dienstleister das Gras. Der Grund: der geplante Wiedereinstau.

Das Bild zeigt eine Frau, die ihr rotes Auto vom Schnee befreit.

Im Kreis Euskirchen ist im März der Winter zurück.

Mittwoch, 8.: Schneefall überrascht die Autofahrer im Kreis Euskirchen – sogar in Euskirchen fallen mehr als zehn Zentimeter. Die Euskirchener Polizei registriert 28 Glätteunfälle.

Donnerstag, 16.: Die Turnhalle in Schleiden wird gut 20 Monate nach der Flut wiedereröffnet.

Samstag, 18.: Ein Wohnhaus in Herhahn brennt aus. Bei dem Feuer werden zwei Einsatzkräfte verletzt. Das Feuer ist von einem 62-Jährigen vorsätzlich gelegt worden. Er wird vom Gericht zu zwei Jahren Haft verurteilt.

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