Angriff auf WeidetiereBauern im Kreis Euskirchen wollen Schutz des Wolfs lockern

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Landwirte, Tierhalter und Vertreter der Jägerschaft hatten sich in der Nähe von Rohr versammelt, um auf die Probleme hinzuweisen, die der Wolf verursacht.

Mit ihrem Mini-Pony Norbert war Regina Paffenholz (sitzend) zum Treffen der Wolfsgegner gekommen. Sie hatte ein Plakat mit der Aufschrift „Ich will kein Wolfsfutter werden“ auf dem Rücken ihres Pferds befestigt.

Landwirte und andere Tierhalter aus dem Kreis Euskirchen befürchten, dass es künftig noch häufiger zu Konflikten mit dem Wolf kommen könnte.

Ob die acht Schafe, die in der vergangenen Woche tot auf einer Weide zwischen Scheven und Kalenberg gefunden wurden, tatsächlich von einem Wolf gerissen wurden, steht noch nicht zweifelsfrei fest. Den vermuteten Wolfsriss nahm Landwirt Dieter Michels, der sich seit Jahresbeginn auch als Mitorganisator der Bauernproteste im Raum Blankenheim hervorgetan hat, jedoch jetzt schon zum Anlass, zu einer Info-Veranstaltung zum Thema Wolf einzuladen.

Rund 50 Landwirte, Tierhalter und Vertreter der Jägerschaft aus dem Kreis Euskirchen waren der Einladung gefolgt und hatten sich am Sonntag in der Nähe von Rohr versammelt. „Wir wollen unsere Weidetiere schützen und die Öffentlichkeit für die Probleme der Tierhalter sensibilisieren“, begründete Michels, weshalb er zu dem Treffen eingeladen hatte. Vertreter von Naturschutzorganisationen waren allerdings nicht vor Ort.

Land bezahlt keinen Herdenschutz für Rinder und Pferde

Für Klaus Bender, der mit seiner Frau Katharina einen landwirtschaftlichen Betrieb in dem kleinen Dorf bei Blankenheim führt, ist das Thema jedoch nicht erst seit dem vermuteten Wolfsriss bei Kalenberg allgegenwärtig. „Wir haben insgesamt rund 130 Stück Fleckvieh, die wir so halten, wie Greenpeace es gerne sieht: auf der Weide“, erklärte Bender. „Wenn jetzt die Kälbchen geboren werden, könnten die leicht zur Beute für den Wolf werden.“

Mehrere Rinder stehen auf einer Weide am Waldrand bei Blankenheim-Rohr.

Maßnahmen zum Herdenschutz bei Großtieren wie Rindern und Pferden werden finanziell nicht vom Land unterstützt.

Speziell Pferde- und Rinderhalter beklagen, dass Maßnahmen zum Herdenschutz für größere Tiere nicht vom Land bezahlt oder bezuschusst werden. Sie gehen im Gegensatz zu Haltern von Schafen, Ziegen und Gatterwild leer aus. Laut einer Mitteilung des Bundesministeriums für Umwelt und Naturschutz waren vier Prozent der 2019 getöteten Nutztiere Rinder – 88 Prozent hingegen Schafe oder Ziegen.

Bauern-Chef Helmut Dahmen: „Schutzstatus des Wolfs herunterstufen“

Helmut Dahmen, Vorsitzender des Kreis-Bauernverbands, stellt die Wirksamkeit von Schutzzäunen generell in Frage. „In unserer Mittelgebirgslandschaft ist das durch die Topographie oft schwierig. Eine Höhe von 120 Zentimetern ist in einer Hanglage nicht ausreichend“, so der Landwirt. Für ihn ist deshalb nur eine Reduzierung der Wolfspopulation zielführend, um in Zukunft Konflikte zwischen Tierhaltern und Wolf zu reduzieren.

Das werde derzeit jedoch dadurch verhindert, dass der Wolf unter strengem Schutz stehe und nicht gejagt werden dürfe. „Speziell in Deutschland haben wir inzwischen aber einen guten Erhaltungszustand erreicht, weshalb der Schutzstatus des Wolfs heruntergestuft werden muss“, forderte Dahmen.

Junge Wölfe begeben sich auf Wanderschaft

Unterstützung erhielt er bei dieser Einschätzung von Bodo Weranek, dem Vorsitzenden der Kreisjägerschaft Euskirchen. „In einem so dicht besiedelten Bundesland wie NRW muss die Ausbreitung des Wolfs zwangsläufig zu Problemen führen“, betonte Weranek. Es dürfe in NRW nicht soweit kommen wie im benachbarten Niedersachsen. „Dort sind aktuell 40 Wolfsrudel nachgewiesen – so viele Tiere, wie es in ganz Skandinavien gibt“, so der Chef der Jägerschaft.

Aktuell gebe es im Kreis Euskirchen viele Sichtungen von umherstreifenden Tieren. „Es gibt im Hohen Venn, im Grenzraum zwischen NRW und Belgien, insgesamt drei nachgewiesene Wolfsrudel. Die Jungtiere werden aus den Rudeln vertrieben und begeben sich dann auf Wanderschaft“, so der Jäger. Dabei verlassen die Tiere auch die im Vergleich zum Rest des Landes dünn besiedelte Eifel: Vor zehn Tagen war ein männliches Jungtier auf der A61 bei Erftstadt überfahren worden.

„Dass Jungtiere das Rudel verlassen, ist ein ganz normaler Vorgang“, bestätigte Michael Lammertz, der kommissarische Leiter des Nationalparks Eifel, in einem Gespräch mit der Redaktion. Weil das Nationalpark-Territorium am Rande des Wolfsgebiets Eifel-Hohes Venn liege, seien in dem Schutzgebiet in der Vergangenheit bereits öfter Wölfe beobachtet worden.

„Für ein ganzes Rudel ist der Nationalpark aber zu klein, man könnte die Wölfe daher nicht auf das Gebiet des Nationalparks beschränken“, so Lammertz. Auch aktuell habe es wieder Wolfssichtungen im Nationalpark gegeben, bestätigte Wolfsberater Christian Düll aus dem Nationalpark-Forstamt: „Wir warten derzeit aber noch auf die Bestätigung durch das Lanuv.“


Der Wolf im Kreis Euskirchen

Im Kreis Euskirchen ist bislang noch kein Wolfsrudel nachgewiesen, es kommt aber immer wieder zu Sichtungen, die zum Teil auch schon vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (Lanuv) bestätigt worden sind.

Im Vergleich zu anderen Regionen in NRW scheint der Kreis Euskirchen beim Wolf jedoch nicht besonders beliebt zu sein: Seit dem Jahr 2021 gibt es erst zehn vom Lanuv bestätigte Wolfsnachweise, wobei zweimal Nutztiere zu Schaden kamen. Ein Nachweis für den Riss von acht Schafen bei Mechernich-Kalenberg steht derzeit noch aus.

In ganz Deutschland lebten nach den aktuellen Angaben der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes für den Wolf im Monitoringjahr 2022/2023 insgesamt 184 bestätigte Rudel, 47 Paare und 22 territoriale Einzeltiere. Anlässlich des Monitorings wurden im abgeschlossenen Monitoringjahr in den bestätigten Wolfsterritorien insgesamt 1339 Wolfsindividuen nachgewiesen.

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