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AuszeichnungDie Kreispolizei Euskirchen ist nun offiziell ein Vorbild für Arbeitgeber

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Auf einem Gruppenfoto präsentieren die Beteiligten die Trophäe und die Urkunde.

Ausgezeichnet: Gabriele Mälchers, Markus Ramers, Daniela Kamps, Christoph Beyer, Petra Manfrahs (Schwerbehindertenvertretung der Kreispolizei), Ingrid Upsing (Integrationsfachdienst Rhein-Erft/Euskirchen) und Sebastian Lipp (Inklusionsbeauftragter der Kreispolizei).

Die Euskirchener Behörde tut viel für die Gesundheit der Beschäftigten.  Dafür gab's einen Preis und 10.000 Euro.

Für Christoph Beyer hat sich die Fahrt von Köln nach Euskirchen wahrlich gelohnt. Er weiß jetzt, was ein Pezziball ist, nämlich eine besondere Art von Gymnastikball für die gesunde Sitzhaltung am Arbeitsplatz.

Für die Kreispolizeibehörde Euskirchen (KPB) hat sich der Besuch des Fachbereichsleiters Inklusion beim Landschaftsverband Rheinland (LVR) aber erst recht rentiert. Beyer brachte am Donnerstag eine Trophäe, eine Urkunde und ein Preisgeld in Höhe von 10.000 Euro mit ins Behördengebäude an der Kölner Straße – und die Polizei im Kreis Euskirchen ist nun offiziell ein „Vorbild Prävention“ für alle Arbeitgeber, die es gut mit ihren Mitarbeitern meinen.

Am Arbeitsplatz tun die Mitarbeiter der Polizei Euskirchen etwas für die Gesundheit

Seit August 2023 zeichnet Daniela Kamps bei der Kreispolizeibehörde dafür verantwortlich. Die 46-Jährige ist Ansprechpartnerin, wenn es um Arbeitsschutz, Sportangebote, Behördliches Gesundheitsmanagement und Behördliches Eingliederungsmanagement geht.

Und da bekanntlich die beste Krankheit die ist, die erst gar nicht auftritt, sieht man die Beschäftigten in der Polizeibehörde immer häufiger an ergonomischen Arbeitsplätzen ihrer Arbeit nachgehen und, wenn sie denn möchten, dabei auf Schreibtischfahrrädern strampeln oder mittels Laufband beim Gehen arbeiten – oder umgekehrt.

Gehen und dabei tippen und telefonieren – das geht super.
Daniela Kamps wirbt für das Laufband am Schreibtisch

„Da macht man schon einige Meter am Tag“, wirbt Daniela Kamps: „Gehen und dabei tippen und telefonieren – das geht super.“ Kondition oder Herzkreislaufsystem wüssten das auch sehr zu schätzen. Regelmäßige Aqua-Fitness gehöre ebenso zum Angebot wie das Boxtraining, Rückentraining und der Besuch des Fitnessraums im Polizeigebäude. Bald soll auch noch   brasilianisches Jiu Jitsu dazukommen. „Die Angebote werden von den Kollegen sehr gut angenommen“, freut sich Kamps.

Ulrich Linden sitzt vor Computern und tritt leicht in die Pedale.

Abstrampeln bei der Verbrecherjagd: Kripo-Chef Ulrich Linden auf dem Schreibtischfahrrad.

Wer mit der Schleidenerin über ihre Arbeit spricht, erahnt schnell, was ihre Kolleginnen und Kollegen meinen, wenn sie sagen: „Die Daniela macht das echt mit Herzblut.“ Das weiß auch der Behördenleiter, Landrat Markus Ramers. „Sie prägt diesen Bereich mit viel Engagement, Kompetenz und Empathie“, so der Landrat über die Schleidenerin: „Wir haben da kein großes Budget, aber Frau Kamps ist sehr erfindungsreich und fragt immer: Was können wir noch tun, damit es den Mitarbeitern gesundheitlich gut geht?“

Landrat Ramers: Wenn Polizisten gesund sind, ist das auch gut für die Bürger

Bevor Kamps diese Aufgabe übernahm, war dieses Feld lange Zeit eine Nebentätigkeit einer Führungsperson. Ihr Vorgänger wechselte nach einem Jahr den Arbeitsplatz – in den Polizeidienst.

Wenn Polizisten gesund und fit seien und ihr   Arbeitsklima zum Wohlbefinden beitrage, sei das nicht nur für sie selbst von Vorteil, stellte Ramers in der kleinen Feierrunde bei der „Polizeifamilie“ klar: „Die Arbeit, die wir als Polizei leisten, ist eine Arbeit, die direkt für die Bürgerinnen und Bürger dieses Kreises wirkt.“

Die Angebote zur Prävention bei der KPB in Euskirchen haben dann auch die Jury des LVR-Inklusionsamtes überzeugt. „Die Belegschaft kann flexibel an verschiedenen Arten von Vorträgen teilnehmen, zum Beispiel zum Thema Stressmanagement“, heißt es in der Begründung. Führungskräfte erhielten Schulungen zum Thema Prävention. Vielfältige Angebote während der jährlichen Gesundheitswoche – etwa Sehtest und CardioScan – seien besonders positiv herauszustellen.

Kreispolizei beschäftigt mehr Menschen mit Schwerbehinderung als vorgegeben

Und nicht zuletzt: „Die Kreispolizeibehörde Euskirchen hat eine Quote von Mitarbeitenden mit Schwerbehinderung von 7,69 Prozent (Stand 2024). Sie übertrifft damit die gesetzliche Quote der Beschäftigungspflicht von fünf Prozent.“ Denn es müsse darum gehen, so Beyer, primär zu fragen, was jemand könne. Und nicht, was jemand nicht könne.

„Es ist unser gemeinsames Ziel“, bestätigt Polizeidirektorin Gabriele Mälchers, „dass wir Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung schaffen können und die Gesundheit unserer Mitarbeitenden stärken und erhalten. Das hat einen hohen Stellenwert bei uns.“

Denn dass die Belastungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zunehmen, zeigen regelmäßig die Statistiken der Krankenkassen. Daher werde es für Firmen – auch angesichts des Fachkräftemangels – immer wichtiger, so Kamps, den (künftigen) Mitarbeitern zu signalisieren: „Wir achten auf dich und deine Gesundheit.“

Der Krankenstand bei der KPB Euskirchen habe auch schon etwas abgenommen, seitdem die Angebote eingeführt worden seien, berichtet die 46-Jährige, die bei ihrer Chefin und den Abteilungsleitern immer offene Türen einrenne, wie sie sagt: „Ja, die Führungskräfte bringen sich ganz toll ein.“ Das sei wichtig, denn wenn der Chef etwa selbst das mobile Massageangebot nutze, strahle das auf die Mitarbeiter ab.

Mitarbeitern wird nach schwerer Krankheit bei der Rückkehr an den Arbeitsplatz geholfen

„Wir haben hier schon einiges gemacht“, bilanziert Direktorin Mälchers: „Wir würden aber gerne noch mehr präventiv tätig werden.“ Denn die Vorbeugung sei immer noch das Stiefkind im Gesundheitswesen, in dem es mehr um die Heilung als um die Vermeidung von Krankheiten gehe.

So hat auch die LVR-Jury überzeugt, „dass die Beschäftigten der Kreispolizeibehörde Euskirchen jederzeit ein präventives Verfahren des Betrieblichen Eingliederungsmanagements anstoßen können und dass diese Möglichkeit auch offen kommuniziert wird.“ Bei der Kreispolizei werde das entsprechende Angebot „offensiv betrieben“, auch wenn die formellen Voraussetzungen (noch) gar nicht vorlägen.

„Geh-spräch“: Beratung kann auch bei einem Sparziergang stattfinden

Denn im Normalfall, erklärt Daniela Kamps, werde den Arbeitnehmern erst ab sechs Krankheitswochen ein Gespräch darüber angeboten, wie die Wiederaufnahme der Arbeit am besten vonstattengehen soll. „Das ist natürlich freiwillig“, erklärt die Beauftragte für Behördliches Eingliederungsmanagement (BEM). Die Betroffenen könnten dann auch entscheiden, in welchem Rahmen das Gespräch stattfinde.

„Es kann ja sein, dass jemand nach einem Trauma erstmal nicht mit der Behörde in Berührung kommen möchte“, erläutert sie. So treffe man sich etwa in einem Café, zuweilen führe sie bei einem Spaziergang ein sogenanntes „Geh-spräch“.

Ziel sei es, die gesundheitlichen Probleme, ob körperlich oder seelisch, frühzeitig anzugehen. Wer möchte, bekomme in der Regel innerhalb einer Woche einen Termin bei ihr, berichtet Daniela Kamps.

Und was geschieht nun mit dem Preisgeld? „Das entscheiden die Mitarbeiterinnen   und Mitarbeiter“, versichert Daniela Kamps, um gleich klarzustellen: „Das Geld wird natürlich in die Gesundheit investiert.“


Seit 2007 zeichnet der Landschaftsverband Rheinland vorbildliche Arbeitgeber aus

Seit 2007 zeichnet der Landschaftsverband Rheinland (LVR) nach eigenen Angaben das Engagement von Arbeitgebern aus, die über die gesetzlichen Anforderungen hinaus vorbildlich handeln.

2025 wurde der „BEM-Preis“, der vor allem das Betriebliche Eingliederungsmanagement in den Fokus nahm, erweitert und heißt seitdem „Vorbild Prävention!“.

Die Auszeichnung würdige öffentliche und private Arbeitgeber, die eine vorbildliche Präventionskultur leben und vorausschauend aktiv dazu beitragen, Arbeitsplatzverluste zu vermeiden, Arbeitsunfälle zu verhindern, das betriebliche Eingliederungsmanagement nachhaltig umzusetzen und die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden zu förderten, so der LVR. Weitere Informationen gibt es hier.