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Zweite AmtszeitWahlsieg ist für Landrat Markus Ramers mehr als ein persönlicher Erfolg

8 min
Markus Ramers lacht und setzt zum Jubel über seinen Wahlsieg an.

Strahlender Sieger: Landrat Markus Ramers. Der Freilinger sprach mit der Redaktion über die Aufgaben der kommenden fünf Jahre.

Markus Ramers (SPD) hat als wiedergewählter Landrat im Kreis Euskirchen in den kommenden fünf Jahren viel vor. Wir haben mit ihm über seine zweite Amtszeit gesprochen.

Markus Ramers (SPD) ist bei der Kommunalwahl erneut zum Landrat des Kreises Euskirchen gewählt worden. 68,1 Prozent haben sich für den Amtsinhaber aus Freilingen ausgesprochen, während Herausforderin Sabine Preiser-Marian (CDU) 31,9 Prozent der abgegebenen Stimmen erhielt. Die Freude über den sehr deutlichen Erfolg ist bei Ramers noch zu spüren, der Blick auf die Herausforderungen, die auf den Kreis zukommen, aber mindestens genauso ausgeprägt.

Die Wertschätzung

Für Ramers ist das Ergebnis mehr als ein persönlicher Erfolg. Es sei ein Signal, dass kommunalpolitische Arbeit geschätzt werde – nicht nur auf ihn persönlich bezogen, sondern auch auf die vielen anderen Ehrenamtler, die sich politisch im Kreis engagieren. Während bundesweit die Diskussion von Schlagworten und Zuspitzungen geprägt sei, gehe es vor Ort um die konkrete Lösung von Problemen. Die AfD, die in bundesweiten Umfragen zuletzt an Zuspruch gewann, blieb am 14. September im Kreis Euskirchen hinter diesen Zahlen zurück. „Die Leute erkennen vor Ort, wer tatsächlich Verantwortung übernimmt und wer einfach nur Parolen ruft“, sagt Ramers.

Der Kreistag

Mit Blick auf die Konstellation im Kreistag, in dem die CDU mit 19 Sitzen erneut die stärkste Fraktion stellt, hat Ramers eine Meinung: Die Menschen hätten eine Mehrheit für SPD und CDU gewählt und wollten, so Ramers, dass gemeinsam Verantwortung übernommen wird. Die SPD hat 13 Sitze. Mit der CDU würde die GroKo die absolute Mehrheit haben. Diese hätte die CDU auch mit den neun Sitzen der AfD, doch die Christdemokraten haben eine Zusammenarbeit mit der AfD kategorisch ausgeschlossen.

Die Mitglieder des Kreistags bei einer Sitzung im April 2025 in Euskirchen.

Im Kreistag bildet die CDU auch nach der Kommunalwahl erneut die stärkste Fraktion (Archivbild).

„Über das Ergebnis der AfD freue ich mich nicht, aber es spiegelt die politische Realität wider“, so Ramers. Für den Landrat ist die Reaktion auf das Wahlergebnis eine Frage der politischen Vernunft. „Alles andere würde nur das Geschäft der AfD bedienen“, warnt er.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass man sich in eine Schmollecke zurückzieht. Dafür ist die Verantwortung im Kreis zu groß.
Markus Ramers über die CDU im Kreistag

Zwar müsse sich die CDU nach personellen Veränderungen in ihrer Fraktionsführung neu ordnen, doch Ramers zeigt sich überzeugt, dass es eine stabile Zusammenarbeit geben wird. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass man sich in eine Schmollecke zurückzieht. Dafür ist das Verantwortungsbewusstsein im Kreis zu groß.“ Kreis-CDU-Chef Ingo Pfennings hatte angedeutet, dass es auch sein könne, dass die CDU trotz der mit Abstand meisten Stimmen in die Opposition gehen könnte und für keine verbindliche Zusammenarbeit zur Verfügung steht.

Die Prioritäten

Inhaltlich hat sich der Landrat für die kommenden fünf Jahre viel vorgenommen. Der Bereich Bildung ist für ihn ein Kernanliegen: Der Wiederaufbau der Berufskollegs, der beim Thomas-Eßer-Berufskolleg in Euskirchen mit einem kompletten Neubau einhergeht, müsse weitergehen – ebenso die Weiterentwicklung der Förderschulen. Hier gehe es darum, jungen Menschen echte Zukunftsperspektiven im Kreis zu eröffnen.

Auch der Bevölkerungsschutz steht auf der Agenda. Ramers verweist auf die Flutkatastrophe im Juli 2021, deren Folgen die Region bis heute beschäftigen. Ein modernes Gefahrenabwehrzentrum soll kommen – wann und wohin, ist noch offen. Wichtig ist dem Landrat: Das Leuchtturmprojekt beim Bevölkerungsschutz soll zusammen mit den Städten und Gemeinden geplant und auf die Schiene gesetzt werden.

„Ein Gefahrenabwehrzentrum ergibt nur dann Sinn, wenn es die ehrenamtlichen Einsatzkräfte der Feuerwehren und Hilfsorganisationen unterstützt“, so Ramers. Grundlagen und Zahlen seien nach der durchgeführten Potenzialanalyse vorhanden. „Das Projekt möchte ich zeitnah aufnehmen, damit wir weiterkommen“, sagt der 38-Jährige.

Die Gesundheitsversorgung

Hinzu kommt die Gesundheitsversorgung, die vielerorts ins Wanken gerät. „Es geht weniger darum, die Versorgung zu verbessern, sondern darum, diese zu stabilisieren“, sagt Ramers. Viele Hausärzte seien im Rentenalter, Praxen stünden ohne Nachfolger da. Der Landrat setzt auf Praxisgemeinschaften, auf eine bessere Verzahnung von ambulanter und stationärer Medizin und auf frühzeitige Konzepte, wie medizinische Infrastruktur in Neubaugebieten berücksichtigt werden kann. Auch die Krankenhäuser sollen mehr ambulante Leistungen erbringen können – wenn es die Rahmenbedingungen erlauben.

Respekt

Ramers will die wachsende Respektlosigkeit gegenüber Einsatzkräften nicht hinnehmen, sondern neben klarer Strafverfolgung auch präventiv handeln – durch eine starke soziale Infrastruktur: von Jugendzentren über Sportvereine bis zum Ehrenamt, wo junge Menschen lernen, was Fairness und Teamgeist bedeuten.

Zudem soll auch die Zivilcourage weiter ein Thema sein. Am 27. Oktober will er erneut mit der Polizei Menschen auszeichnen, die nicht weg-, sondern hingeschaut haben, als es darauf ankam – und anderen Menschen, nicht nur Einsatz- oder Rettungskräften, Hilfe leisteten.

Der Wolf

Wenn der Kreis-Chef über die Arbeit des Kreises spricht, betont er immer wieder die Notwendigkeit klarer Prioritäten. Einerseits heiße es oft, die Verwaltung solle sich auf ihre gesetzlichen Kernaufgaben beschränken. Andererseits gebe es von vielen Seiten Erwartungen, dass man sich auch um Themen kümmert, die gar nicht zur eigentlichen Zuständigkeit gehören. Ein Beispiel ist das Wolfsmanagement. Formal liegt die Verantwortung beim Land Nordrhein-Westfalen, doch die Sorgen der Menschen im Kreis Euskirchen sind unmittelbar spürbar.

Ramers berichtet von vielen Gesprächen mit Landwirten und Jägern, von Runden mit der Kreisbauernschaft und zusätzlichen Terminen, die er in den vergangenen Wochen absolviert hat. Sein Eindruck: Die offiziellen Strukturen greifen nicht, und die Wahrnehmung der Bevölkerung deckt sich nicht mit den Statistiken, die das Landesamt führt. Wenn Menschen ihm Handyaufnahmen oder Bilder aus Wildtierkameras zeigen und diese sich in der offiziellen Erhebung nicht wiederfinden, dann wächst das Misstrauen.

Eine ausgewachsener weiblicher Wolf steht in seinem Gehege im Tierpark.

Der Umgang mit dem Thema Wolf wird auch im Kreis Euskirchen kontrovers diskutiert. (Symbolbild)

Der Kreis könne dabei eine wichtige Schnittstellenfunktion übernehmen: Probleme sammeln, Forderungen weitergeben, Informationsveranstaltungen organisieren.

Für den Herbst ist ein solches Treffen mit dem zuständigen Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr (MUNV), dem Landesamt für Natur, Umwelt und Klima (LANUK) sowie der Landwirtschaftskammer geplant, bei dem Betroffene umfassend informiert werden sollen. Ramers sieht den Kreis in der Verantwortung, die Anliegen ernst zu nehmen – und mit Nachdruck in Richtung Land und Umweltministerium zu transportieren.

Die Künstliche Intelligenz

Ein weiteres Zukunftsthema ist die Digitalisierung der Verwaltung. Mit Softwarelösungen wie z.B. „KoKI“, basierend auf ChatGPT, will der Kreis Prozesse beschleunigen und Mitarbeitende entlasten. Datenschutz und Sicherheit seien dabei oberste Prämisse, betont Ramers. Ihm gehe es nicht darum, eine fehlerfreie Maschine einzusetzen – Fehler passierten auch ohne KI –, sondern darum, dass Routinearbeiten schneller erledigt werden können. Das helfe den Mitarbeitenden und am Ende auch den Bürgerinnen und Bürgern – beispielsweise beim Elterngeld oder anderen formellen behördlichen Prozessen.

Das Straßenverkehrsamt

Wie groß die Erwartungen an den Bürgerservice sind, weiß Ramers besonders beim Straßenverkehrsamt. Bei der Dienstleistungsstelle des Kreises war der Frust vor allem zu Beginn des Jahres besonders groß. Der Grund: die langen Wartezeiten auf einen Termin. Die haben sich laut Ramers verringert.

Wir schalten immer wieder Termine frei. Es lohnt sich, mehrmals am Tag auf die Seite zu schauen.
Markus Ramers über die Terminproblematik beim Straßenverkehrsamt

Bei der Stichprobe der Redaktion für die Zulassung eines Gebrauchtwagens beträgt die Wartezeit drei Wochen. Drei Stunden später – beim Termin mit dem Landrat – folgt die nächste Stichprobe. Dann sind es nur zwei Wochen. Landrat-Bonus? – „Nein“, sagt Ramers. „Wir schalten immer wieder Termine frei. Es lohnt sich, mehrmals am Tag auf die Seite zu schauen.“

Es sei in den vergangenen Monaten deutlich besser geworden, sagt der Landrat. „Aber wir haben noch Luft nach oben.“ Ein Problem, so Ramers, sei der offene, terminfreie Mittwoch. Der werde nicht nur von den Menschen angenommen, die eine dringende Zulassung benötigen, sondern von allen, die keine Lust auf die Terminvereinbarung haben oder frustriert sind, wenn sie keinen akzeptablen Termin gefunden haben.

Ramers bricht auch eine Lanze für die Terminvergabe: „Wir haben eine bessere Planbarkeit, und wir können unser Personal besser steuern und einsetzen. Wir können berücksichtigen, wenn Kollegen krank oder im Urlaub sind.“ Zudem befinden sich laut Ramers neue Mitarbeitende fürs Straßenverkehrsamt gerade in der Einarbeitung. Das werde noch einmal zur Entlastung führen.

Die Zahl der Vorgänge in der Zulassungsstelle sei in den vergangenen Jahren gestiegen. Laut Kreis gab es vor vier Jahren 146.000 Vorgänge – von der Anmeldung über die Ummeldung bis zum H-Kennzeichen. 2024 waren es laut Kreis 183.000 Vorgänge.


Markus Ramers: „Der FC holt eher 68 statt 31 Punkte“

„Ich habe viele nette Nachrichten und Mails, sogar Briefe, erhalten“, berichtet Landrat Markus Ramers. Das drücke – mindestens genauso wie das starke Wahlergebnis – aus, dass er in den vergangenen fünf Jahren gute Arbeit geleistet habe.

Sabine Preiser-Marian spricht mit Markus Ramers, im Hintergrund stehen mehrere Personen.

Sabine Preiser-Marian (CDU) gratulierte dem Wahlsieger Markus Ramers im Euskirchener Kreishaus.

Dass er sich am 14. September so deutlich gegen seine Herausforderin Sabine Preiser-Marian durchsetzen würde, habe er nicht gedacht, auch wenn er selbstbewusst in den Wahlsonntag gegangen sei. Als die ersten Stimmbezirke ausgezählt waren und sich auch im Querschnitt durch den Kreis zeigte, dass die Tendenz eindeutig in seine Richtung ausschlägt, hätten sich die Zweifel aber verflüchtigt, so Ramers, der am Sonntag zunächst am frühen Abend noch in einem italienischen Restaurant Essen war. „Dort haben mich zwei Gäste angesprochen und mir verraten, dass sie mich gewählt haben. Darüber habe ich mich gefreut, aber nur mit den zwei Stimmen die Wahl nicht gewonnen“, sagt Ramers lachend. Letztlich wurden es 64.801 Stimmen, die auf den Sozialdemokraten entfielen, der mit einem klaren Ergebnis gerechnet hatte.

Bleibt die Frage für den FC-Fan Ramers, ob der 1. FC Köln in dieser Saison eher 68 oder 31 Punkte holt? „Wir werden näher an 68 Punkten sein“, so der Landrat.