Kruzifix in der WerkstattNach zehn Jahren muss der Restaurator wieder ran

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Das mehr als 700 Jahre alte Kruzifix wird nach der Demontage weich gebettet und für den Transport vorbereitet.

Das mehr als 700 Jahre alte Kruzifix wird nach der Demontage weich gebettet und für den Transport vorbereitet.

Euskirchen – Dr. Martin Seidler bezeichnete es als „einzigartiges Stück in der rheinischen Kunstlandschaft“. In dem „Reichtum an mittelalterlicher Ausstattung, über die St. Martin ohnehin schon verfügt“, sei das Kruzifix „ein weiterer Edelstein“, sagte der Kunsthistoriker 2010 über das nach dem Taufstein älteste Objekt in der Euskirchener Pfarrkirche.

Das Kreuz war damals restauriert worden. Jetzt, zehn Jahre später, kam es zur Überarbeitung wieder in die Werkstatt. Der Restaurator Lutz Sankowsky und seine Mitarbeiterin Karin Schulte waren auf eine Leiter gestiegen und nahmen das kostbare Stück von der Wand im Südschiff der Martinskirche. Behutsam reichten sie das Kruzifix, das um 1290 im Münsterland entstand, nach unten an ihre Kollegin Sarah Renn.

Tyvek-Tuch als Schutz

Anschließend bereiteten die beiden Restauratorinnen das Kunstwerk für den Transport in Sankowskys Atelier in Euenheim vor. Sie schlugen das Kreuz in Luftpolsterfolie und ein Tyvek-Tuch ein. „Das ist ein Verpackungsmaterial, das staubdicht und weich ist und auf empfindlichen Objekten keine Abdrücke hinterlässt“, erklärte Karin Schulte.

„Eine derartige Demontage ist immer mit einem Risiko behaftet“, sagte Sankowsky. „Deshalb sind wir zu dritt hier.“ Er geht davon aus, dass das Kruzifix Anfang des neuen Jahres an seinen Platz zurückkehrt.

Die Fachleute waren nicht nur wegen des Kreuzes in die Martinskirche gekommen, sondern auch zur konservatorischen Sichtwartung. Sankowsky hat einen entsprechenden Vertrag mit der Kirche geschlossen, wonach er die Kunstwerke in St. Martin einmal im Jahr unter die Lupe nimmt. „Durch die regelmäßige Beobachtung ist sichergestellt, dass wir Veränderungen registrieren, Schäden erkennen und frühzeitig die notwendigen Schritte einleiten können“, sagt der Restaurator.

Geräte in der Kirche messen konstant die Luftfeuchtigkeit

An dem mittelalterlichen Kruzifix etwa waren Abblätterungen an der Farbfassung am Stamm aufgefallen. „In einem solchen Fall darf man nicht warten, sonst geht Substanz verloren“, erklärt Sankowsky. Dass in seinem Atelier die Voraussetzungen für die Restaurierung besser sind als an Ort und Stelle, liegt auf der Hand: „Das Licht ist besser, wir können unter dem Mikroskop arbeiten und müssen nicht auf einem Gerüst stehen.“

Während seine Mitarbeiterinnen nach der Kreuzdemontage Heiligenstatuen wie St. Sebastianus oder St. Donatus begutachteten, wertete Lutz Sankowsky die Ergebnisse aus, die ihm sechs in der Kirche verteilte Datenlogger liefern. Dabei handelt es sich um kleine Geräte, die unter anderem einmal pro Stunde die Luftfeuchtigkeit messen.

Im Schein einer Lampe untersucht Sarah Renn in der Martinskirche von einer Leiter aus die Statue des heiligen Donatus.

Im Schein einer Lampe untersucht Sarah Renn in der Martinskirche von einer Leiter aus die Statue des heiligen Donatus.

Klimatisch schwierig

„Ein stabiles Klima ist wichtig für den Erhalt der Kunstwerke.“ Dies gelte vor allem für die Objekte in der Geistlichen Schatzkammer von St. Martin, die liturgische Geräte, Gewänder, Messbücher, Münzen und das alte Vortragekreuz der Matthias-Bruderschaft umfasst. Die Exponate sind in der früheren Taufkapelle untergebracht. „Ein schöner Museumsraum, aber klimatisch schwierig. Er ist nicht unterkellert, die Isolierung von unten fehlt“, so Sankowsky.

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Die Ergebnisse, die die Datenlogger ermitteln, werden digital erfasst. Der Euenheimer Restaurator kann sie am Computer analysieren: „Bei Ausreißern können wir Maßnahmen ergreifen, die die Luftfeuchtigkeit verbessern.“ So wurde unter anderem vor dem Gittertor am Eingang der Schatzkammer eine Glastür eingebaut.

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