EifelhöhenklinikKreis bereitet Stand-By-Krankenhaus auf den Ernstfall vor

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Die ehemalige Reha-Klinik in Marmagen hat der Kreis gemietet, um für den Katastrophenfall gerüstet zu sein. In dem Gebäude könnte beispielsweise eine Covid-19-Ambulanz eingerichtet werden, um für Entlastung zu sorgen.

Die ehemalige Reha-Klinik in Marmagen hat der Kreis gemietet, um für den Katastrophenfall gerüstet zu sein. In dem Gebäude könnte beispielsweise eine Covid-19-Ambulanz eingerichtet werden, um für Entlastung zu sorgen.

Nettersheim-Marmagen – Das Display am Telefon zeigt die Durchwahl 343. Der Stempelträger daneben ist gefüllt. Das Ergometer zwar in die Jahre gekommen, aber funktionsfähig. Die komplette Eifelhöhen-Klinik wirkt, als sei sie in einen Dornröschenschlaf gefallen, die Zeit stehen geblieben. Das kann sich aber schon buchstäblich morgen ändern. Der Kreis Euskirchen hat die Eifelhöhen-Klinik gemietet, um für den Katastrophenfall gerüstet zu sein. Die ehemalige Reha-Klinik ist als Entlastungseinrichtung für stationäre medizinische Betreuung, stationäre und ambulante Pflege und gegebenenfalls auch ambulante medizinische Versorgung angemietet worden.

Neben den professionellen Katastrophenschützern aus der Kreisverwaltung Euskirchen sind auch die Hilfsorganisationen wie Deutsches Rotes Kreuz, Malteser Hilfsdienst, Johanniter Unfallhilfe, Technisches Hilfswerk und die Bundeswehr in das Projekt eingebunden. Mit im Boot sind auch die Stiftung „EvA“ aus Schleiden und die Ärzteschaft, die in einem Nebengebäude ein Covid-19-Behandlungszentrum betreiben will.

„Unübersichtliche Lage“

„Wir wollen das Gebäude möglichst gewinnbringend nutzen. Da es multifunktionell und flexibel aufgebaut ist, ist das auch möglich“, sagt Landrat Markus Ramers, der im Sommer bei der Entscheidung im Kreistag gegen einen Anmietung der Eifelhöhen-Klinik stimmte.

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Er habe damals nicht wegen des Konzepts gegen die Anmietung gestimmt, sondern weil er den Zeitpunkt, 1. Juli, zum Teil „schwierig“ fand. „Jetzt haben wir eine sehr unübersichtliche Lage. Natürlich ist es nun mein Interesse, dass wir das Gebäude so effizient wie möglich nutzen“, so Ramers. Durch die Multifunktionalität sei diese Chance gegeben.

Die ehemalige Klinik könne auch für Schulungen genutzt werden. Dies sei vor dem zweiten Lockdown schon geschehen, sagt der Landrat. (tom)

Ein Vorteil des Areals in Marmagen sei, dass es multifunktional zu nutzen sei, sagt Manfred Poth, Allgemeiner Vertreter des Landrats. So könnten im Ernstfall beispielsweise Bereiche für Non-Covid- und Covid-Patienten eingerichtet werden, die unabhängig voneinander betrieben werden können – ohne dass es in irgendeiner Form Kontakt gibt. So ist die Covid-Ambulanz für den Bereich des Hauses vorgesehen, der sich im Hang befindet.

Die Pflegestation könnte über die Rettungswagenzufahrt am Bettenhaus separat angefahren werden. Zwischen den Bereichen liegen zwei Etagen mit mehr als 50 Treppenstufen. Zudem verfügt jeder Bereich über einen eigenen Eingang und einen separaten Ausgang.

Sind die vorbereitenden Maßnahmen abgeschlossen?

Die Vorbereitungen für die geplanten Bereiche Krankenhilfeeinrichtung zur Entlastung der Krankenhäuser, Pflegehilfeeinrichtung zur Entlastung der Senioren- und Pflegeeinrichtungen sowie bei Defiziten in der ambulanten Pflege und Covid-Ambulanz zur Unterstützung der Hausärzte sind abgeschlossen, die Betriebskonzepte erstellt. „Die drei Bereiche können innerhalb von 24 bis 72 Stunden in Betrieb genommen werden. Wie viel Vorlaufzeit benötigt wird, hängt vom Bereich ab, der ans Netz gehen soll“, erklärt Poth.

Was ist sonst in der Eifelhöhen-Klinik möglich?

Der Führungsstab sei beauftragt worden, punktuelle Themenkomplexe zu beplanen. Dazu zählt laut Landrat Markus Ramers ein weiteres Testzentrum wie das des DRK im ehemaligen Schnellrestaurant in Mechernich oder ein kommunales Impfzentrum. „Auf der Basis der vorhandenen Betriebskonzepte können wir auch in diesem Fällen schnell reagieren und die erforderliche Infrastruktur aufbauen“, so Ramers.

Ein großer Vorteil der Eifelhöhen-Klinik sei, neben der Multifunktionalität, dass sie voll ausgestattet ist – inklusive Notstromaggregat, funktionierender Telefon- und Brandmeldeanlage, medizinischen Gerätschaften wie etwa Ultraschall, Betten, Putzlappen oder auch voll eingerichteten Büros.

Wie viele Non-Covid-Patienten können versorgt werden?

Etwa 140 Betten könnten in diesem Bereich belegt werden. „Wir werden hier niemanden medizinisch versorgen oder gar Operationen durchführen. Hier geht es um die medizinische Betreuung“, sagt Udo Crespin, ehemalige Kreisbrandmeister und Mitglied des Krisenstabs.

Wo kommt das Personal her, wenn der Betreib aufgenommen werden muss?

Laut Ramers rekrutiert sich das Personal für die Versorgung der Patienten aus unterschiedlichen Strukturen. „Bei der Krankenhilfeeinrichtung sind es Einheiten des Katastrophenschutzes und der Hilfsorganisationen, also überwiegend Ehrenamtler“, so der Landrat. Bei der Pflegehilfeeinrichtung ist laut Crespin mit der Stiftung „EvA – Hilfe und Pflege“ aus Gemünd eine Kooperation vereinbart, sodass im Bedarfsfall Personal über diesen Weg gestellt wird.

In der Covid-Ambulanz wird das Personal aus der Ärzteschaft im Kreis rekrutriert. Ramers: „Es haben sich zahlreiche Ärzte gemeldet, die sich im Bedarfsfall engagieren möchten und die Praxis betreiben.“ Zudem stehe auch Personal der Abteilung Gefahrenabwehr der Kreisverwaltung zur Verfügung, insbesondere in Steuerungsfunktionen und zur verwaltungstechnischen Unterstützung.

Gibt es die Möglichkeit, dass die Eifelhöhen-Klink von anderen Regionen genutzt wird?

„Ja, selbstverständlich sind wir zur Hilfe auch über die Kreisgrenzen hinaus bereit“, sagt Martin Fehrmann, Leiter der Rettungsleitstelle. Der Krisenstab der Bezirksregierung in Köln sei darüber informiert, dass die Klinik auch überörtlich genutzt werden kann. Voraussetzung für eine externe Nutzung sei erstens die Zustimmung des Krisenstabes des Kreises und dass auch externes Personal für die Nutzung bereitgestellt werde. Grundsätzlich sei das Haus ein Teil der Pandemieplanung des Kreises Euskirchen und damit vordringlich für den hiesigen Bedarf vorgesehen.

Wird das Sonderkündigungsrecht zum 31. Dezember genutzt?

„Das ist eine Entscheidung der Politik. Aus diesem Grund werden wir zeitnah das Gespräch mit den Fraktionen suchen und unsere Position erläutern“, so Ramers: „Eine Kündigung zum Jahresende werden wir in der aktuellen Situation nicht empfehlen.“ Zudem ergeben sich mittlerweile weitere Nutzungsmöglichkeiten wie das Impf- und Testzentrum oder die Nutzung des Verwaltungstraktes für Kontaktpersonenverfolgung.

Wie viel Geld ist in die Eifelhöhen-Klinik investiert worden?

Aktuell werde ein Abschlag für die Nebenkosten in Höhe von 20 000 Euro pro Monat gezahlt. Die vereinbarte Miete in Höhe von 10 000 Euro pro Monat werde bis zu einer Höhe von 100 000 Euro mit notwendigen Investitionen gegengerechnet. Unter anderem seien die IT-Technik und Brandmeldeanlage verbessert worden und Filter an den Wasserhähnen angebracht worden, damit die Legionellen-Probleme, die es in der Eifelhöhen-Klinik immer wieder gegeben habe, nicht mehr auftreten.

Wenn die Klinik in den Betrieb gehen sollte – wer wird den Hut aufhaben?

Die Entscheidungsinstanz ist der Krisenstab des Kreises Euskirchen, der unter der Leitung des Landrats tagt. „Operative Entscheidungen fallen auf der Ebene des Führungsstabes“, so Poth: „Die fachärztliche Leitung der ehemaligen Klinik liegt in den Händen der Leitenden Ärzte der Abteilung Gefahrenabwehr der Kreisverwaltung.“

Besteht derzeit die Option, dass die Eifelhöhen-Klinik belegt werden wird?

„Wir erleben derzeit eine unübersichtliche, hochdynamische Lage, deren weitere Entwicklung vor dem Hintergrund des aktuellen Teil-Lockdowns nur schwer vorherzusagen ist“, sagt Landrat Ramers.

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Der ehemalige Kreisbrandmeister Crespin ergänzt: „Wir sind sehr froh, dass wir mit der Eifelhöhen-Klinik eine Einrichtung haben, mit der wir in einen Notfall agieren können und nicht zum Reagieren gezwungen sind.“

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