Ein Strommast, der nicht vogelsicher ausgerüstet war, ist einem Uhu bei Frohngau in der Gemeinde Nettersheim zum Verhängnis geworden
Trauriger FundUhu lag tot unter einem Strommast bei Frohngau

Stefan Brücher zeigt den Uhu unter dem Mast oberhalb von Frohngau, der dem Großvogel zur tödlichen Falle wurde.
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Der Fund eines durch einen Stromschlag getöteten Uhus unter einem Mast der e-regio bei Frohngau hat Uhu-Schützer Stefan Brücher alarmiert. Jetzt stellt sich heraus, dass es offenbar noch Lücken beim Vogelschutz an Strommasten im Kreisgebiet gibt, obwohl die Stromnetzbetreiber schon vor Jahren ihre Bereitschaft zur Nachrüstung erklärt haben.
Stefan Brücher erinnert sich gut: „Am 9. Juli rief mich jemand an. Da sei ein großer toter Vogel unter einem Strommast gefunden worden“, so der Vorsitzende der EGE – Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen e.V. aus Mahlberg.
Drei Jahre alter Uhu starb wegen fehlerhaftem Strommast
Als er sich in seinem Geländewagen auf den Weg zur Fundstelle machte, schwante ihm Böses. Angekommen an der Straße Am Staffenberg oberhalb von Frohngau, sollten seine Befürchtungen begründet sein: Ein drei Jahre alter Uhu, den er 2022 im Landkreis Düren beringt hatte, lag tot unter einem Strommast, knapp 700 Meter von einem Steinbruch entfernt, in dem Uhus nachweislich jahrelang gebrütet hatten. Es war kein Zufall.
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Auch andere Strommasten zwischen Frohngau und Roderath haben fehlerhafte Büschelabweiser.
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Uhus, so Brücher, nutzen die erhöhten Ansitze auf Strommasten für die Beutejagd. Dass sie – oder andere Raubvögel – dabei zu Tode kommen, sollte eigentlich durch so genannte Büschelabweiser aus nicht leitfähigem Material, mindestens acht Stück pro Einheit, besser aber durch Abdeckkappen für Isolatoren, Abdeckungen für Abspannklemmen und den Einbau hölzerner Ansitzbretter vermieden werden.
Langstabisolatoren sollen bisherige Schutzeinrichtungen ersetzen
Das war zumindest in einer entsprechenden VDE so vorgeschrieben. Danach war die Richtlinie, die in Zusammenarbeit mit der EGE erarbeitet wurde, mehrfach aktualisiert worden. Aktuell gilt, dass Büschelabweiser, die noch vor 24 Jahren eine Alternative waren, durch stabilere Langstabisolatoren ersetzt werden sollen.
Wenn es dort auf dem Mast Büschelabweiser gegeben hat, dann sind sie schon zerstört.
Verstöße gegen die VDE sind nach den Bestimmungen des Bundesnaturschutzgesetzes, so die Untere Naturschutzbehörde des Kreises Euskirchen, zwar nicht als Ordnungswidrigkeit sanktioniert, weil das Gesetz keine entsprechende Bestimmung enthält, es sind aber verbindliche Anweisungen, wie Vogelschutz auszusehen hat. Umsetzen müssen das die Wartungstrupps der Stromnetzbetreiber. Bei Frohngau klaffte da offenbar eine Lücke.

Per Augenschein erkennbar: Wo der Uhu Anfang Juli den Tod fand, fehlen Büschelabweiser oder andere Schutzmaßnahmen. Mittlerweile hat die e-eregio, Eigentümer des Mastes, den Vogelschutz erneuert.
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„Wenn es dort auf dem Mast Büschelabweiser gegeben hat, dann sind sie schon zerstört“, so Brücher per Augenschein. Auch an weiteren Masten in Sichtweite sehen die Schutzstäbe dezimiert aus oder scheinen ganz zu fehlen. Wie sich herausstellte, gehört der Mast, der für den Uhu jetzt zur Todesfalle wurde, der e-regio. Die hat, wie das Unternehmen auf Anfrage mitteilte, den Vogelschutz dort mittlerweile am 4. August nachgerüstet.
Bis Ende 2020 sollten die Masten vogelsicher umgerüstet sein
Am 27. Juli hatte sie die Meldung erreicht. Doch musste es überhaupt so weit kommen? 2011, als die VDE-Richtlinie erstmals veröffentlicht wurde, war der Nachrüstungsbedarf für mehr Vogelschutz vergleichsweise hoch, wie die Kreisverwaltung auf Anfrage bestätigt. Ein erster Gesprächstermin zum Thema mit der Westnetz, der EGE und der Unteren Naturschutzbehörde fand dann 2015 statt.
Beim Folgetermin 2019 sei dann mit allen Stromversorgern im Kreisgebiet, so die Kreisverwaltung, vereinbart worden, dass bis Ende 2020 die zum damaligen Zeitpunkt von der EGE benannten Masten vogelsicher umgerüstet werden. Zuletzt 2021 traf man sich in der Runde erneut, damals bedingt durch Corona in einem Video-Meeting.

Seit 2011 regelt die VDE-AR-N 4210-11 Nachrüstungen und Neubau von Vogelschutzmaßnahmen an Stromfreileitungen. Stefan Brücher von de EGE war maßgeblich an der Erstellung beteiligt.
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Es wurde festgestellt, dass der kreisweite Vogelschutz durch den Einbau der Schutzmaßnahmen noch nicht abgeschlossen sei. Doch das Ausbauziel wurde bestätigt und eine Dokumentation erstellt, aus der die nachgerüsteten Masten hervorgehen, so die Kreisverwaltung. Monteure prüfen die Masten Es habe seitdem schlicht keine Notwendigkeit mehr bestanden, die Treffen, die einmal jährlich vereinbart waren, fortzuführen, heißt es aus dem Kreishaus.
Stefan Brücher bestätigt das. Er habe zuletzt im Februar 2023 Lücken an Masten dem mutmaßlichen Eigentümer und Netzbetreiber übermittelt. Es sei aber unklar, wie es um mögliche Lücken beim Vogelschutz an Strommasten im Kreisgebiet bestellt sei. Beide Netzbetreiber versichern auf Anfrage, dass sie den Vogelschutz an ihren Freileitungen ernst nehmen.
Westnetz teilt mit, dass man schon 2012 alle damals im Bestand befindlichen Masten entsprechend umgerüstet habe. Zudem würden Reparaturen und Auswechslungen unter Berücksichtigung des aktuellen Vogelschutz-Standards ausgeführt. Bei der e-regio teilt die Pressestelle auf Anfrage mit, dass die Monteure entsprechend geschult würden und bei allen Instandhaltungs- und Wartungsarbeiten auch Vogelschutzmaßnahmen überprüften. Wo es nötig sei, würden Maßnahmen erneuert oder ergänzt.
Für Stefan Brücher ist das nur ein schwacher Trost. Er wird, wenn er eine Totfundmeldung hat, sofort aktiv und meldet das dem Netzbetreiber, sofern er ihn ausfindig machen kann. Denn weder Westnetz noch e-regio erklären, dass alle ihre Freileitungsmasten mit einem funktionierenden Vogelschutz ausgestattet sind. Das bleibt offenbar ein Ziel. Von der Euskirchener Kreisverwaltung heißt es, dass eine Wiederaufnahme der Treffen mit den Stromnetzbetreibern, der EGE und der Unteren Naturschutzbehörde derzeit nicht geplant sei.
Uhupaar überlebt Waschbärattacke
Das bekannteste Uhu-Paar der Eifel, „Lotte und Leo“, hat einen lebensbedrohlichen Angriff auf ihr Gelege im Felsen bei Reimerzhoven an der Mittelahr überlebt. Im Frühjahr, so Stefan Brücher, der das Uhu-Paar seit Jahren per Webcams begleitet, die online Tausende Follower haben, habe es ein Waschbär auf das gerade in der Balz befindliche Großeulenpaar abgesehen gehabt. Doch Leo, heldenhaft wie sein Name, verteidigte das Gelege unter Einsatz seines Lebens.
Lotte hatte schon im Moment der Waschbär-Attacke – der Räuber hatte sich unbemerkt über eine Felsspalte oberhalb herangeschlichen – das Gelege fluchtartig verlassen. Leo konnte sich schließlich aus dem Klammergriff des Waschbären befreien und ebenfalls fliehen. Zurück blieb ein im Live-Video etwas ratlos wirkender Waschbär. Lotte und Leo aber blieben ihrem gewohnten Nistfelsen treu: „Sie zogen einfach um in eine Ecke, die sicher vor Waschbären ist. Lotte brütete dort, zwei Jungvögel kamen zur Welt“, so Stefan Brücher.
Ein kleines Wunder, denn um den Uhu-Nachwuchs ist es in diesem Jahr in der gesamten Eifel eher schlecht bestellt, so Stefan Brücher. Er habe in 40 Jahren, in denen er das mache, noch nie so viele leere Nistplätze gefunden. Seine Vermutung: Möglicherweise habe sich ein Vogelgrippevirus, das in Schweden grassiert, auch nach Deutschland ausgebreitet. Bewiesen sei das noch nicht. Andererseits seien Schwankungen der Populationen bis zu einem gewissen Maß auch normal, so der Fachmann aus Mahlberg.