Das „Into the Madness“-Festival hat sich in Zülpich etabliert – und auch ein Euskirchener DJ mischt in der Szene immer intensiver mit.
Into the Madness12.800 Hardstyler feiern in Zülpich laut und friedlich – Termin 2026 steht

Rund 50 Meter breit war die Main Stage, vor der sich das Gros der Hardstyler versammelte.
Copyright: Stephan Everling
Der Sommer und die Freiluftsaison sind nicht zu Ende, bevor der Höhepunkt des Seepark-Programms über die Bühne gegangen ist: das „Into the Madness“-Festival. Es war nun zum vierten Mal zu Gast in der Stadt und damit ist Zülpich zur etablierten Pilgerstätte für alle Fans des Hardstyle geworden, einer besonders intensiven Spielart der elektronischen Musik.
Rund 12.800 Besucher wurden erwartet, was die Veranstaltung zum größten unter freiem Himmel stattfindenden Hardstyle-Festival in Deutschland macht.
Hardstyle ist eine der vielen Sparten des Techno, die sich entwickelt haben, seit sich die tanzbare, elektronische Musik etabliert hat. Dass eine brutale Lautstärke unabdingbar dazugehört, ist auch bei den Kollegen von der Heavy-Metal-Fraktion nicht anders.
Zwischendrin erklingen dann ganz unvermutet Nenas 99 Luftballons
Direkt vor den Lautsprechern lassen die Frequenzen den Körper vibrieren, Gehörschutz ist auch bei den DJs Pflicht. Insofern ist „Louder Generation“ von dem Hardstyle-Duo „Dual Damage“, die am Samstag als einer der Headliner auftraten, durchaus als programmatisch anzusehen.
Markant beim Hardstyle sind vor allem die intensiven Passagen mit der Kickdrum, die, verzerrt und klanglich bearbeitet, in hohen Geschwindigkeiten von 150 Schlägen pro Minute pulsiert. Allerdings nur kurz – immer wieder wechseln die Drops und Kicks, werden angedeutet und eingezählt, um dann um so heftiger wummernd loszudröhnen. Gern werden bekannte Songs für „Edits“ verwendet, sodass unvermutet 99 Luftballons zu hören sind.

Eins mit der Musik sind die Fans vor der Bühne.
Copyright: Stephan Everling
Melodien werden gern im seit 1996 entwickelten, stilprägenden Supersaw-Sound gespielt und mit Scratch-Sounds kombiniert, während Harmonien kaum eine Rolle spielen, Texte werden gerappt oder gerufen. Doch mindestens genauso wichtig ist die Partystimmung: Auf jeder Bühne steht ein Host (Gastgeber), der das Publikum anheizt und zum Mitmachen animiert.
Das ist, wofür das Publikum von nah und fern nach Zülpich gekommen ist, um Stars der Szene wie die Norweger „Da Tweekaz“, das „Sub Zero Project“ oder „Dual Damage“ aus den Niederlanden und die „AR Gang“ aus Italien zu hören.
Das Festival in Zülpich ist auch das Ziel einiger Partybusse
Das Festival steht auch auf dem Reiseprogramm der Unternehmen, die mit Partybussen die Menschen aus allen Teilen Deutschlands nach Zülpich und wieder zurückfahren. Das Mekka der Hardstyler seien jedoch die Niederlande, sagt DJ Brainstorm, bürgerlich Yannic Groell aus Euskirchen. Hier sei die elektronische Musik im Mainstream angekommen, Hardstyle und Techno die angesagten Stile. So fänden hier auch die größten Festivals statt wie die „Defqon1“ in Biddinghuizen mit rund 300.000 Besuchern.

DJ Brainstorm alias Yannic Groell aus Euskrichen.
Copyright: Stephan Everling

Hatten es nicht weit: Chiara (l.) und Cimmy aus Zülpich.
Copyright: Stephan Everling
„Auch etwa 90 Prozent der DJs, die hier auftreten, sind aus den Niederlanden“, sagt Groell. Er hält die Fahne der Region und der deutschen DJs im Line-Up hoch und kennt sich in den Feinheiten des Hardstyle aus. Beim ersten Madness-Festival habe er noch im Publikum gestanden. Die vergangenen Male dagegen stand er auf der Bühne, in diesem Jahr im Core-Zelt.
Auch im Hardstyle haben sich verschiedene Stile herausgebildet, die im Seepark auf eigenen Bühnen präsentiert werden. „Der Sound auf der Main Stage bildet das ab, auf das sich alle einigen können“, so Groell. Nebenan steht die „Raw“ im martialischen Industriedesign: „Da ist ein härterer, intensiverer Sound.“
Die Leute kommen für die Musik und um zu feiern, nicht zum Saufen.
Die Tempi auf der Core-Bühne seien noch extremer, bis 200 Schläge pro Minute. „Das ist die extremste Art des Hardstyle“, sagt Groell. Auf der Dunes-Bühne, die am Ufer des See steht, werden eher klassische Songs und ältere Tracks gespielt.
„Es passiert mehr in kürzerer Zeit, Hardstyle ist abwechslungsreicher“, charakterisiert Groell den Hauptunterschied zum Techno. So seien die Songs kürzer, die Sets wechselten schneller. So treten beim Madness-Festival rund 60 Musiker auf – vornehmlich Männer, wie Groell bemängelt: „Ich würde mir mehr Frauen auf der Bühne wünschen.“ Acts wie das Duo „99 Prblmz“, die in Zülpich mit DJane Namara auftreten, stellten die Ausnahme dar. Doch auch beim Publikum seien die Männer in der Überzahl. „Ich schätze einmal: 70 zu 30“, sagt Groell.
DJ freut sich über die familiäre Atmosphäre unter den Künstlern
Unter den Künstlern gebe es wenig Konkurrenz: „Das ist cool im Miteinander, wie eine große Familie.“ Wie überhaupt die Stimmung auf dem Festival immer sehr friedlich sei. Deshalb habe es bisher bei dem Festival keine Schlägereien gegeben, ergänzt Jan Blatzheim, Sprecher des Seeparks. „Die Leute kommen für die Musik und um zu feiern, nicht zum Saufen“, sagt Groell.
Wie Cimmy und Chiara aus Zülpich, die am Nachmittag auf dem Weg zur Mainstage sind. „Wir sind jedes Jahr hier“, sagt Chiara. Sie fahren auch zu den Festivals in den Niederlanden, doch Zülpich ist für sie herausragend. „Wir sind so stolz, dass dieses Festival hier bei uns stattfindet“, schwärmt Cimmy. „Wir lieben es hier“, fügt Chiara hinzu.

„99 Prblmz“ zählen zu den wenigen weiblichen Stars der Szene.
Copyright: Stephan Everling
Seit den Anfängen sei das Festival immer größer geworden, stellt Jonathan aus Kall fest. „Ich war bisher jedes Jahr hier“, sagt er. Seit dem vergangenen Jahr gebe es die vier Bühnen, auf denen Acts zu sehen seien. „Aber die Musik war schon immer gut“, betont er. Mit ihm und einigen Freunden ist Joy aus Hannover gekommen – und auch sie sind auch bei den Festivals in den Niederlanden anzutreffen.
Eine strategische Entscheidung sei es gewesen, „Into the Madness“ in Zülpich zu veranstalten. „Wir haben uns in der Corona-Zeit am Nürburgring eingemietet und geplant, denn wir wollten ein Festival veranstalten“, berichtet Benjamin Reichert, Geschäftsführer des Veranstalters „Musical Madness“.
Mit dem Wassersportsee hat Zülpich die Veranstalter überzeugt
Mit einem Blick auf Google Maps sei schließlich der Veranstaltungsort gesucht worden: „NRW war gesetzt, und auch die Nähe zu Köln.“ Wichtig sei auch eine Wasserfläche wie der Wassersportsee gewesen, weil das ein gutes Ambiente abgebe. „Dann haben wir festgestellt, dass hier nichts derartiges stattfindet“, so Reichert über Zülpich.
Die Zusammenarbeit zwischen dem Veranstalter und den lokalen Behörden funktioniere, bestätigt Landrat Markus Ramers. Er ist mit Reichert auf einem dienstlichen Rundgang über das Gelände unterwegs. Denn gleich mehrere Behörden aus seinem Bereich sind involviert. „Die Genehmigungen, die für so ein Festival notwendig sind, sind sehr aufwendig – auch für die Verwaltung“, so Ramers.
In der Dunkelheit zeigt die Hauptbühne, was sie kann
Als die Abenddämmerung vorbei ist und es dunkel wird, zeigt die Hauptbühne, die Main Stage, was sie kann. Und das ist einiges. Aus allen Knopflöchern flackern Lichter und Laser, schießen Feuersäulen oder Spezialeffekte, über die LED-Ebenen laufen Animationen. Alles ist getimed, gerade bei den Stars, bei denen Fotografen und Kameramänner unablässig auf der Bühne unterwegs sind, um jede Bewegung der DJs für die Nachwelt und die Verbreitung über Instagram, Tiktok oder Youtube festzuhalten.
Es ist leerer geworden vor den anderen Bühnen, ein Tag Tanzen und Feiern zeigt bei manchen seine Folgen. Doch immer noch ist das Gedränge groß. Begeistert feiern die Fans bis Mitternacht ihre Stars und tanzen. Dann beschließt auch in diesem Jahr wieder ein großes Feuerwerk über der Hauptbühne die Veranstaltung.
Der Termin fürs kommende Jahr steht fest: 2026 findet „Into the Madness“ am 5. September statt, teilten die Veranstalter am Sonntag mit.
Festival in Zülpich: Die Polizei zieht eine positive Bilanz
Einen ruhigen Festivaltag mit einem positiven Verlauf vermeldet die Polizei am Sonntagmorgen: Einmal Fahren ohne Fahrerlaubnis, eine sexuelle Belästigung, eine einfache Körperverletzung und ein Platzverweis – angesichts der Menschenmenge eine Bilanz, die nicht jede Eifeler Kirmes vorweisen kann. Damit bewertet die Polizei den Einsatz insgesamt als positiv.
Keine Probleme habe es auch in der Verkehrslenkung gegeben, sagt Jan Blatzheim, Sprecher des Seeparks: „Der Verkehr zu den Parkplätzen läuft reibungslos.“ Während die Zufahrt der Straße „Am Wassersportsee“ von Hoven gesperrt worden sei, wurde der Verkehr Richtung Sinzenich abgeleitet und von dort auf die Stellplätze geführt. Wohin die Lautstärke ziehe, hänge vor allem von der Windrichtung ab, so Blatzheim. Den ganzen Tag seien Emissionsgutachter vor Ort, die mit Messgeräten die Schallentwicklung vor Ort überwachen.