„Köln Check“„Angsträume“ in Köln

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Köln – Die eigenen Schritte hallen unnatürlich laut zwischen den Graffiti-besprühten Betonwänden, die den spärlich beleuchteten Gang optisch zusammendrücken. Am Ausgang der nächtlich verwaisten Zwischenebene der Haltestelle Geldernstraße/Parkgürtel ist der Uringestank beißend. Er verflüchtigt sich erst, als sich die überdachte Rampe nach einigen Metern zum dunklen Himmel öffnet. Wer den abschüssigen Gang in östliche Richtung passiert, steuert mit mulmigem Gefühl auf eine Kurve zu. Was sich dahinter verbirgt, ist nicht absehbar. Im Fall der Fälle ist ein Fluchtweg über das halbhohe Geländer in die Tiefe ausgeschlossen.

Hinter der dunklen Ecke stellt sich keine Beruhigung ein: Meterhohe Büsche ragen über den halben Gehweg, die sporadische Beleuchtung reicht nicht annähernd aus. Am Ende der Rampe, wo eine stockdunkle Treppe ins Niemandsland führt, ist die Straßenlaterne vollständig von Grünzeug umwuchert.

„Es gibt unzählige Angsträume in Köln, aber hier kommt schon einiges zusammen“, sagt Kriminalhauptkommissar Knut Samsel und zeigt auf das unübersichtliche Gestrüpp. Der Beamte des Kriminalkommissariats Prävention und Opferschutz kennt sich an den unübersichtlichen Plätzen und Wegen, Haltestellen und Unterführungen in Köln bestens aus. Samsel berät die Stadt bei der Beseitigung bestehender „Angsträume“ und hilft bei der Planung neuer Bauvorhaben, damit neue gar nicht erst entstehen. Nach dem Vorbild der Haltestellen Vingst und Fuldaer Straße, bei deren Sanierung der Hauptkommissar ebenfalls beratend mitgewirkt hat, soll auch die kombinierte U- und S-Bahnstation Geldernstraße/Parkgürtel umgestaltet werden.

Für die Sanierung will die Stadt 400 000 Euro in die Hand nehmen, sagt Gerd Neweling, Leiter des Amts für Brücken und Stadtbahnbau. Der Planungsbeschluss liegt bereits vor, den Baubeschluss will sich Neveling nach der Wahl besorgen. Als „Attraktivierungsmaßnahme“ soll vor allem mehr Licht und somit soziale Kontrolle in den düsteren, verwinkelten Betonklotz kommen. Bruchsichere Glasflächen sollen schummrige Glasbausteine und transparente Geländer massive Brüstungen ersetzen, Wände sollen geöffnet und sämtliche Schilder und die Rampen besser beleuchtet werden. Architekten sitzen bereits an der Feinplanung, für das Beleuchtungskonzept soll ein Lichtplaner engagiert werden.

„Ob 400 000 Euro da ausreichen?“, gibt Christine Kronenberg kritisch zu bedenken. Die Leiterin des Amts für Gleichstellung und ihre Kollegin Katlen Peter lassen den Blick skeptisch über die überwucherte Fußgängerrampe streifen, die sich in Richtung Zwischenebene zu einem düsteren Tunnel verengt. Allein mit dem Grünschnitt könne man eine Menge erreichen, wirft Hauptkommissar Samsel ein. Der soll auch als erste Maßnahme umgesetzt werden, darf allerdings nur zwischen November und März erfolgen, hakt Stadtplanungsamtsleiterin Anne Luise Müller ein. Für Kronenberg viel zu spät: „Kann in diesem Fall keine Sonderregelung greifen? Das ist doch schon fast Gefahr im Verzug . . .“

Obwohl die Gleichstellungsbeauftragte weiß, dass im häuslichen und sozial nahen Umfeld deutlich mehr Gewaltdelikte gegen Frauen stattfinden als im öffentlichen Raum, kennt sie das mulmige Gefühl nur zu gut aus eigener Erfahrung: Wenn sie nach langen Rats-Abenden spät durchs Parkhaus zu ihrem Auto geht, trägt die zierliche Frau stets ihren dicken Schlüsselbund an einem langen Band ums Handgelenk, um ihn im Notfall zur Verteidigung einzusetzen.

Frage

Haben Sie zwei Vorschläge, um die Stadt sicherer zu machen?

Besonders die Stadtplanung der 70er Jahre hat einige schlimme Angsträume geschaffen. Das müssen wir reparieren. So wurde am Ebertplatz eine halb unterirdische Betonwelt geschaffen. Die subventionierte Vermietung lange leerstehender Ladenlokale an Künstler ist richtig und doch ein Notstopfen. Wir müssen den Ebertplatz wieder ins Licht stellen. Und dann mit dem parkähnlichen Theodor-Heuss-Ring zur Flaniermeile verknüpfen. Michael Frenzel

Sicherheit ist Lebensqualität. Die Beseitigung von Angsträumen ist entscheidend. Im Einzelfall müssen bauliche Veränderungen vorgenommen werden, wie die Ersetzung von Unterführungen durch ebenerdige Querungen. Eine verbesserte Ausleuchtung erhöht die Sicherheit. Ebenso wichtig ist Prävention, damit kriminogene Räume nicht entstehen. Die Anmerkungen der Polizei müssen bei neuen Projekten abgefragt und berücksichtigt werden. Stefan Götz

Wir wollen die gut funktionierende Ordnungspartnerschaft mit der Polizei, den Bürgerinnen und Bürgern und der KVB weiter fortsetzen. Die Gestaltung des öffentlichen Raums, mehr Sauberkeit, vor allem in den Parks, und eine gute Beleuchtung sind uns wichtig. Köln leidet nicht unter einem allgemein starken Kriminalitätszuwachs. Wir brauchen lebendige Stadtquartiere mit mehr Aufenthaltsqualität, um das Sicherheitsgefühl zu steigern. Kirsten Jahn

Die Menschen sollen sich sicher fühlen. Wir brauchen eine Bestandsaufnahme von Unterführungen und Gehwegen - vor allem in Wohnquartieren, in denen es an Beleuchtungen fehlt. Die Kölner FDP will das Projekt "Gewaltprävention an Schulen" weiterführen. Wir fordern die Stadt auf, sich beim Polizeipräsidenten dafür einzusetzen, dass es auch in der neuen Zielsetzung "Orientierung 2020: Polizei Köln - Vertrauen in Sicherheit" fortgesetzt wird. Ulrich Breite

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