Bürgerämter in Corona-ZeitenWie man in Köln derzeit an einen Ausweis kommt

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Kundnzentrum in Köln

Das Kundenzentrum der Stadt Köln in Nippes 

Köln – Der Umzug fand in der gleichen Straße statt. Auch im Vergleich zur Ummeldung bei der Stadt Köln war es ein Katzensprung. Denn aus dem formalen Akt, den das Paar erledigen wollte, entwickelte sich ein Hindernislauf: Aufgrund der Corona-Situation vergibt die Stadt Termine nur nach vorheriger Vereinbarung. Doch die sind kaum zu bekommen. „Es ist gar nicht möglich, einen Termin zu vereinbaren“, sagt Claudia Anschütz (Name geändert), die lediglich ihre neue Adresse angeben wollte. Nicht im März, nicht im April. „Also habe ich es am Telefon versucht. Drei Tage lang, und zwar zu jeder möglichen Zeit zwischen 7.30 Uhr und 12 Uhr: ,Leider versuchen derzeit viele Bürger, uns anzurufen. Bitte versuchen Sie es später noch einmal’.“

Was tun? Anschütz probiert das Bürgertelefon aus und landet einen Treffer. Der nette Mann am anderen Ende der Leitung hat neben viel Verständnis sogar einen heißen Tipp parat: „Loggen Sie sich am besten eine Minute nach Mitternacht in den Online-Kalender ein,“ rät er. „Dann stehen die Chancen am besten, dass Sie einen Termin ergattern.“

Gibt es gar keine Termine derzeit?

Schwierig. Wer etwa im Kundenzentrum (Bürgeramt) Innenstadt am Laurenzplatz einen Personalausweis oder Reisepass verlängern oder neu beantragen will, läuft vor die Wand. Es ist auch nicht möglich, eine Feinstaubplakette zu beantragen, eine Steuer-Identifikationsnummer oder einen Kinderreisepass zu bekommen: keine Termine in den nächsten zwei Monaten.

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Und danach auch nicht, weil der digitale Kalender nicht weiter reicht (was auf der Webseite aber leider nicht erklärt wird). Den Bund fürs Leben zu schließen, war auch schon mal einfacher. Die gute Nachricht: Die Kölner lassen sich durch bürokratische Hindernisse nicht davon abhalten (siehe Seite zwei).

Was sagt die Stadt zu der Situation?

Aufgrund der Pandemie-Lage will die Stadt Kontakte der Bürger so weit wie möglich reduzieren. Daher ist ein Besuch der Kundenzentren nur nach Terminvereinbarung möglich. Ausnahmen: die Abholung von Ausweis-Dokumenten und die Beantragung von Führungszeugnissen. Köln folge damit einer Empfehlung des Berliner Gesundheitsministeriums. „Ziel ist es, eine kontrollierte Zahl von Bürgern so bedienen zu können, dass einerseits Abstände eingehalten werden und andererseits der Aufenthalt im Kundenzentrum möglichst kurz ist“, so ein Stadtsprecher.

Warum ist keine längerfristige Terminbuchung möglich?

Der Buchungszeitraum sei vor einem halben Jahr von 30 auf 45 Tage erhöht worden, teilt die Verwaltung mit. Die Stadt will ihn nicht ausweiten, auch wenn dies derzeit eine Terminvereinbarung de factor aushebelt. Die lapidare Erklärung: „Dieses Zeitfenster wird von den Kund*innen gut angenommen und ist für die Personaleinsatzplanung ein gut überschaubarer Zeitraum.“ Dumm nur, wenn es in dem keine Termine gibt.

Und was sollen die Bürger tun?

Die Stadt verweist darauf, dass tagesaktuell einzelne Termine neu eingestellt werden. Auch abgesagte Termine würde freigeschaltet. Das passiert nach Auskunft des Bürgertelefons offenbar nach Mitternacht. Bürger könnten zudem unabhängig von ihrem Wohnsitz stadtweit in einem der neun Kundenzentren ihre melde- oder ausweisrechtlichen Angelegenheiten erledigen. Das erhöht immerhin die Chancen im Terminlotto.

Gibt es keine telefonische Terminvergabe?

Doch. Theoretisch zumindest. Für Notfälle können telefonisch Termine vereinbart werden. Allerdings ist es nicht leicht durchzukommen. Die Nummern für die Kundenzentren (Montag bis Freitag ab 7.30 Uhr bis 12 Uhr):

Innenstadt: 221-97483

Rodenkirchen:221-97484

Lindenthal: 221-97485

Ehrenfeld: 221-97486

Nippes: 221-97487

Chorweiler: 221-97488

Porz : 221-97489

Kalk: 221-97490

Mülheim:221-97494.

Rät die Stadt davon ab, Leistungen in Anspruch zu nehmen?

Nein. Trotz der pandemischen Situation halte man das Dienstleistungsangebot aufrecht, sagt ein Sprecher, so dass die Bearbeitung notwendiger Angelegenheiten gewährleistet sei. „Viele Menschen nutzen den Lockdown offenbar, um behördliche Angelegenheiten zu erledigen.“ Die Terminvergabe sei daher schwierig. Stadtweit werden demnach rund 7400 Termine und etwa 10650 Anliegen pro Woche bearbeitet. Darin enthalten sind rund 15 Prozent Tages- und Notfalltermine. Die Stadt sagt, es werde mehr Personal in den Zentren eingesetzt.

Was ist, wenn die Papiere ungültig sind?

Personalausweise behalten derzeit auch nach Ablauf des Gültigkeitsdatums innerhalb Deutschlands ihre Gültigkeit. Ist ein Personalausweis oder ein Reisepass nach dem 1. März 2020 abgelaufen, werden derzeit keine Bußgelder fällig (wegen Verstoßes gegen die Ausweispflicht). Dies gilt, bis wieder ein regulärer Dienstbetrieb stattfindet. Auch die Frist zur Ummeldung von einem Wohnort zum anderen wurde ausgesetzt. Wer für eine dringende Auslandsreise neue Papiere braucht, sollte sich an eine der Notfallnummer wenden.

Was sieht es mit der Kfz-Zulassung aus?

Nicht besser. Es gibt laut Stadt eine Terminvorlaufzeit von rund fünf Wochen. Das liegt auch daran, dass es wie bei den Even-Trauungen (siehe Infoartikel) derzeit keine Samstagstermine gibt. Es sollen zusätzliche Stellen besetzt werden.

Es gebe eine recht hohe Quote von Terminabsagen oder -ausfall (30 Prozent). Wer kurzfristig ein Auto anmelden will, muss darauf hoffen. Zudem gebe es eine Härtefallregelung für Gewerbebetriebe oder Menschen mit Behinderung.

Hochzeiten in Corona-Zeiten

2375 Trautermine sind derzeit für das erste Halbjahr in Köln vergeben. Die Kölner lassen sich durch die Krise also nicht vom Heiraten abhalten. Im ersten Halbjahr 2020 hatte es 2062 Trauungen gegeben. In den ersten beiden Monaten des Jahres 2021 fanden oder finden insgesamt 412 Trauungen statt.

Für Hochzeitsgesellschaften gelten derzeit starke Beschränkungen: Zugelassen zur Eheschließung ist nur das Brautpaar und eigene, im Haushalt lebende Kinder. Trauzeugen und Fotografen dürfen bei der Zeremonie aktuell nicht dabei sein. Die Eheschließung darf über das Smartphone gestreamt werden. Im und vor dem Rathaus gilt: Alle Personen der Traugesellschaft müssen den Mindestabstand von 1,5 Metern einhalten, direkten Kontakt wie Händeschütteln oder Umarmen gilt es zu vermeiden.

5365 Hochzeiten gab es 2020 insgesamt. Das waren nicht viel weniger als im Pandemie-freien Jahr 2019 mit 5660 Trauungen.

Die Event-Trauungen an Samstagen (im und auch außerhalb des Rathauses an den Ambiente-Trauorten wie der Wolkenburg) sind derzeit nicht verbindlich zu buchen. Grund ist die unklare Situation, wie mit den Überstunden der städtischen Mitarbeiter zu verfahren ist. Eine Neuregelung werde erarbeitet, sagt die Verwaltung, man befinde sich in der Abstimmung mit der Personalvertretung.

Übergangsweise werden vorerst Standesbeamte auf freiwilliger Basis interne und externe Trautermine am Samstag abhalten. Immerhin: Dadurch können laut Stadt alle bereits vereinbarten Trautermine am Wochenende eingehalten werden. „Dies betrifft die Trauungen an den Event-Orten bis zum 5. Juni dieses Jahres“, sagt ein Stadtsprecher. Die zeitlich später liegenden Trau-Wünsche an den Event-Orten seien derzeit nur eine Option. (mft)

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