Wird Mindestlohn gezahlt?Zoll kontrolliert bei Amazon in Köln-Merkenich

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Kontrolle bei Amazon

Zoll und Polizei haben Paketzusteller am Amazon-Depot kontrolliert.

Köln – Eine Bestellung bequem vom Sofa aus und wenige Tage später steht die Ware vor der Wohnungstür: Besonders in Corona-Zeiten boomt der Online-Handel enorm. Doch die einfache Bestellung über das Handy hat auch seine negative Komponenten. Paketfahrer müssen die Waren unter Zeitdruck ausfahren und werden dafür laut Zoll sehr schlecht bezahlt. Beamte des Hauptzollamtes und Polizei haben am Mittwochmorgen die Paketzusteller des Online-Händlers Amazon in Merkenich kontrolliert und „gravierende Verstöße“ festgestellt, wie der Sprecher des Hauptzollamtes, Jens Ahland, sagte.

Stressiger und gefährlicher Job

Die Einsatzkräfte prüften unter anderem, ob Fahrer über Subunternehmerketten unterhalb des gesetzlichen Mindestlohns oder sogar illegal beschäftigt würden. Laut Ahland geht es darum, dass verworrene Geschäftsgebaren von großen Paketdiensten, Subunternehmen, Paketboten und Scheinselbstständigkeit zu durchleuchten. „Wir haben in der Vergangenheit die Erfahrung gemacht, dass gerade in dieser Branche immer wieder versucht wird, die gesetzlichen Vorgaben zu umgehen.“

Demnach erhalten die Paketfahrer oft Löhne, die deutlich unter dem Mindestlohn von 9,50 Euro liegen. Ahland sprach von einem „Hungerlohn“, den manche Fahrer bekommen. Bei ähnlichen Kontrollen, beispielsweise am Flughafen, kam heraus, dass die Fahrer zwischen 450 und 600 Euro brutto im Monat für den Knochenjob bekommen würden. Die Zusteller hätten eine „stressigen und gefährlichen Job“, so Ahland.

Amazonlager in Merkenich

Das Lager von Amazon in Köln-Merkenich

Zusätzlich zum Zoll waren Polizeibeamte in Merkenich dabei, sie überprüften den Zustand der Lieferwagen. Mehrere Paketwagen wiesen schwere Mängel auf. „Es gab ein Auto mit einer gerissenen Frontscheibe, ein Querlenker war in der Mitte gerissen und viele Reifen waren stark abgefahren. Mehrere Wagen hätten zum TÜV gemusst, ein Fahrzeug wurde direkt stillgelegt“, sagte Ahland, er sprach von teilweise erschreckenden Arbeitsbedingungen. „Bei den Fahrern werden manchmal Wartezeiten oder Leerfahrten nicht angerechnet. Es gibt Pauschallöhne. Manche Fahrer wussten bei unserer Befragung am Mittwochmorgen überhaupt nicht, was sie am Monatsende bekommen oder ihnen zusteht“, betonte der Sprecher.

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Bei den Befragungen vor dem Amazon-Lager in Merkenich stellten die Beamten 15 Verstöße gegen den Mindestlohn fest: In fünf Fällen arbeiteten die Fahrer, obwohl sie arbeitslos gemeldet sind und es dem Jobcenter nicht angegeben haben sollen. In vier Fällen sollen die Zusteller nicht ordnungsgemäß bei der Sozialversicherung angemeldet worden sein. Einer gab an, dass er am Mittwoch ausgerechnet den ersten Tag arbeiten würde. „Ich arbeite hier gar nicht, ich helfe nur für einen kranken Freund aus“, das sei eine bekannte Standard-Ausrede der Fahrer, sagte der Zollsprecher. Es gebe in der Branche eine Sofortmeldepflicht. Noch bevor die Fahrer den ersten Kilometer fahren, muss eine Anmeldung vorliegen. Amazon hat keine eigenen Fahrer, die die bestellten Waren ausliefern. Amazon arbeitet mit Transportunternehmen zusammen, die häufig Subunternehmen beauftragen. Die Mitarbeiter des Amazon-Standorts haben laut Zollsprecher bei den Kontrollen kooperiert. Ein Firmensprecher sagte, Amazon erwarte von seinen Vertragspartnern, dass sie sich an die gesetzlichen Vorgaben hielten.

Zollsprecher Ahland betonte: „Unsere Aufgabe ist es nun, die Angaben der Fahrer zu überprüfen. Möglicherweise finden wir weitere Verstöße“.  

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