Fitnessstudios in Köln„Muscle Beach“ lockte – Massen bei Aktion in Kalk

Lesezeit 3 Minuten
Lockruf in der Lockerung: Nicht nur das Training, sondern auch die Aussicht, eine Reise zum „Muscle Beach“ in Los Angeles zu gewinnen, zog viele zum Fitness-Studio.

Lockruf in der Lockerung: Nicht nur das Training, sondern auch die Aussicht, eine Reise zum „Muscle Beach“ in Los Angeles zu gewinnen, zog viele zum Fitness-Studio.

Köln – Lange Schlagen bildeten sich in der Nacht zu Montag vor dem Fitnessstudio McFit in Kalk. Weit über hundert Menschen waren gekommen. Eine Sekunde nach Mitternacht öffnete das Studio als wohl erstes in Köln. Die medienwirksame Aktion stößt jedoch in der Branche auf Kritik.

„Die gesamte Fitness-Branche ist auf 300“, schimpft Frank Böhme. Der Geschäftsführende Gesellschafter der Sportstudio-Kette Just Fit setzt sich seit Jahrzehnten für die Interessen und das Image der Branche ein. An der McFit-Aktion kritisiert er: „Der Betreiber hat damit geworben, dass unter den ersten hundert Besuchern eine Reise nach Amerika verlost wurde. Deshalb sind so viele Leute gekommen.“

Dass sich bei dem Auflauf „Rudel gebildet“ hätten und Abstandsregeln über den Haufen geworfen wurden, sei billigend in Kauf genommen worden. Von Seiten des Unternehmens McFit, das von Loveparade-Organisator Rainer Schaller betrieben wird, war auf Rundschau-Nachfrage kein Statement zu erhalten.

Image der Branche durch solche Aktionen gefährdet

Durch Aktionen wie die in Kalk sieht Böhme das Image der Branche gefährdet. „Die ganze Branche wird diskreditiert. Wir haben in den letzten zwei Monaten mehr gearbeitet denn je, um uns der Corona-Krise anzupassen. Wir sind sehr verantwortungsvoll und wollen, dass sich unsere Mitglieder sicher fühlen können“, sagt er. Vor der Öffnung am Montag hätten seine Mitarbeiter eine Online-Schulung zu Sicherheits- und Hygienemaßnahmen erhalten. Ein „sechsstelliger Betrag“ sei in Desinfektionsmaßnahmen in den 22 Clubs in Köln und Umland geflossen. „Wir haben die Desinfektionsmittel verzehnfacht.“ Just Fit betreut nach eigenen Angaben rund 50 000 Mitglieder, es gibt rund 800 Mitarbeiter. Die zweimonatige Schließung hat dem Unternehmen wirtschaftlich enorm zugesetzt.

Sauna und Duschen bleiben tabu

Strenge Auflagen sollen die Sicherheit in den Fitnessstudios gewährleisten. Für alle Clubs gibt es eine maximal zulässige Personenzahl. Ist sie erreicht, kann es zu Wartezeiten kommen.

Besucher müssen sich registrieren und ihre Kontaktdaten hinterlegen. Wer Krankheitssymptome wie Husten, Schnupfen oder Fieber hat, darf nicht trainieren.

Desinfektion wird großgeschrieben. Die Hände müssen beim Betreten desinfiziert werden, alle Sportgeräte nach der Benutzung. Maskenpflicht gibt es nicht.

Umziehen in den Umkleiden geht nicht. Die Spinde sollen nur für Wertsachen genutzt werden. Duschen und Saunen geht nicht.

Abstandhalten ist wichtig. Nahestehende Geräte sind gesperrt, in den Kursräumen können jetzt weitaus weniger Teilnehmer trainieren. (dha)

„Es gibt bei Fitnessstudios eine natürliche Fluktuation, normalerweise aber auch stetig Neuverträge. Seit Mitte Februar haben wir keine neuen Verträge abgeschlossen“, so Böhme. Die Branche ist unter Druck. „Wir fordern von der Politik, dass sie unseren Mehrwertsteuersatz für zwei Jahre auf sieben Prozent herabsetzt“, so Böhme.

In seinen Studios sei es erwartungsgemäß moderat angelaufen am ersten Tag. Ein Anlauf unter besonderen Bedingungen brauche eben Zeit. Der Studiobetreiber Holmes Place nimmt sich übrigens noch mehr Zeit – und öffnet erst am Mittwoch.

Rundschau abonnieren