Blaue Funken planen AnbauSachsenturm ist für mittlerweile 550 Mitglieder zu klein

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So sieht das dann aus. Die Fassade am Sachsenring nimmt die Basaltsteine der alten Stadtmauer auf (l.), entlang des Kartäuserwalls liegen die Funktionsräume und die beiden Säle.

So sieht das dann aus. Die Fassade am Sachsenring nimmt die Basaltsteine der alten Stadtmauer auf (l.), entlang des Kartäuserwalls liegen die Funktionsräume und die beiden Säle.

Altstadt-Süd – Ein bisschen ins Schwimmen geriet Björn Griesemann schließlich doch noch. Der Präsident der Blauen Funken sollte nämlich erklären, wie die Gesellschaft mit 550 Mitgliedern eine Jahreshauptversammlung in einem 118 Quadratmeter großen Saal abhalten will. „Na ja, es kommen ja meistens nicht alle“, fiel dem Chef schließlich ein. Die Funken wollen – sie selbst sagen „müssen“ – anbauen. Am 11. 11. 1969 legten sie den Grundstein für den Sachsenturm und einen ersten Anbau. Nun planen sie einen zweiten.

Nutzbare Räume liegen stadteinwärts

Man mag es aus Sicht der benachbarten Südstadt, in der es an Karneval mit Verlaub eher chaotisch zugeht, kaum glauben. Aber die Anziehungskraft des straff und hierarchisch gefeierten Hochfestes des vater- städtischen Frohsinns ist offenbar so hoch wie nie. Trugen 1980 noch 150 Jecken die blau-weiße Uniform des „sympathischen Traditionskorps“, so die Selbsteinschätzung, sind es aktuell wie gesagt 550. „Wir platzen aus allen Nähten und können Veranstaltungen in unserem ,Zuhause’ nicht mehr durchführen“, sagte Michael Müller, Vizepräsident des gemeinnützigen Bauvereins Sachsenturm. Man müsse häufig Räume mieten.

Das gut gelaunte Podium: Claus Anderhalten, Björn Griesemann, Michael Müller, Andreas Hupke und Lena Zlonicky.

Das gut gelaunte Podium: Claus Anderhalten, Björn Griesemann, Michael Müller, Andreas Hupke und Lena Zlonicky.

Müller und Griesemann waren der Einladung von Bezirksbürgermeister Andreas Hupke in das Humboldt-Gymnasium gefolgt. Dort hatten die Bürger die Gelegenheit, sich zu dem Bauvorhaben der Funken zu äußern. Erschienen waren auch Lena Zlonicky, stellvertretende Leiterin des Stadtplanungsamtes, und Claus Anderhalten, dessen Büro den Siegerentwurf bei einem entsprechenden Wettbewerb eingereicht hatte. „Die Jury hat sich mit großer Mehrheit für den Anderhalten-Entwurf ausgesprochen“, erklärte Müller, bevor der Architekt seine Ideen erläuterte.

„Wir wollen den Anbau sichtbar machen und nicht verstecken. Eine unterirdische Lösung war bei dem Budget der Funken nicht möglich. Die Höhe war vorgegeben, weil wir die Oberkante der Stadtmauer einhalten mussten“, sagte Anderhalten. Damit werde die historische Stadtkontur wieder klar definiert.

Und wie früher würden die nutzbaren Räume stadteinwärts liegen. Man wolle die Wehrmauer nicht kopieren, sich aber optisch daran anlehnen. Es wird einen großen zweigeschossigen Saal im ersten Obergeschoss geben, und einen kleinen im Erdgeschoss. Dazu Büros. Die Technik und die WCs sind im Keller vorgesehen. Alles ist – wichtig – mit einem Aufzug erreichbar. Denn: „Auch die Funken werden älter“, sagt Müller. „Viele besuchen unsere Veranstaltungen nicht, weil sie im Untergeschoss des Altgebäudes die WCs nicht mehr erreichen können.“

Alle Ebenen des alten Gebäudes sind mit denen des Neubaus verbunden. Auch eine Küche wird eingebaut. Der Zugang liegt am Blaue-Funken-Weg, der den Kartäuserwall mit dem Sachsenring verbindet. Der Weg unterquert den Neubau. Das Gebäude wird südlich vom Bestandsgebäude stehen, 31,20 Meter lang und 7,20 Meter breit sein. Der momentan geltende Bebauungsplan setzt für die Neubaufläche öffentliche Grünfläche mit Baudenkmal fest. Deshalb muss ein neuer Plan her. Die Politik hat beschlossen, dass dieser Plan aufgestellt werden soll und die Verwaltung damit beauftragt.

Im Stadtentwicklungsausschuss fiel der Beschluss gegen die Stimmen von Grünen und der Linken. In der Bezirksvertretung Innenstadt stimmten die Fraktionen von CDU und SPD, der FDP sowie Stefan Fischer und Bezirksbürgermeister Andreas Hupke von den Grünen für die Aufstellung des neuen Bebauungsplans.

Das Altgebäude am Kartäuserwall ist nicht barrierefrei. Vor allem die Toiletten im Untergeschoss sind ein Problem.

Das Altgebäude am Kartäuserwall ist nicht barrierefrei. Vor allem die Toiletten im Untergeschoss sind ein Problem.

Dem Vorhaben werden fünf Bäume zum Opfer fallen: Zwei Kastanien, zwei Linden und ein Bergahorn. Man wird Ersatz pflanzen. Wahrscheinlich auch am Ubierring. Lena Zlonicky erklärte zunächst mal ganz allgemein, dass bei Vorhaben in der hochverdichteten Innenstadt immer mehrere Interessen aufeinanderträfen. Sie verwies auf die Brauchtumspflege und die Jugendarbeit der Funken, die ein öffentliches Interesse an dem Neubau rechtfertigten. Die Stadtplanerin lobte die hohe architektonische Qualität des Entwurfs. Der Geltungsraum des neuen Bebauungsplans werde bewusst „ganz eng“ gehalten, um keinesfalls weitere Bautätigkeiten im Grün zu gestatten.

Der Sachsenturm

Die Blauen Funken haben den Sachsenturm, der seit dem Zweiten Weltkrieg nur noch als Ruine existierte, zu neuem Leben erweckt. Mit Eigenmitteln sorgen sie für den Erhalt des Denkmals. Das hat Tradition in der Südstadt. Auch die Prinzengarde und die Roten Funken kümmern sich um Teile der ehemaligen Stadtmauer. (ran)

Lob und Kritik für das Vorhaben

Im Bebauungsplanverfahren wird auch die verkehrliche Erschließung des Neubaus geprüft. Und die sei hervorragend, sagte Zlonicky. „Es fahren dort die KVB-Linien 12, 15 und 16. Fußläufig weniger als zehn Minuten entfernt gibt es fünf Bushaltestellen und acht Cambio-Stationen.“ Antje Kosubek, Fraktionsvorsitzende der Grünen in der BV Innenstadt, fragte, ob es zeitgemäß sei, in eine Grünfläche zu bauen während 12 000 Jugendliche in Köln für den Klimaschutz demonstrierten. Funken-Präsident Griesemann nannte die Frage „komplex“ und den Trend „natürlich nicht diskussionswürdig“. Aber die Funken betreffe das nicht. „Wir wollen den Kindern und Jugendlichen eine Heimat geben. Wir sind offen für Schulen und Initiativen. Und die Tendenz bei unseren Mitgliedern, mit dem Auto zu kommen, nimmt deutlich ab.“ Darüber hinaus würden im Neubau erneuerbare Energien eingesetzt.

Günter Leitner, CDU-Bezirksvertreter und stellvertretender Bezirksbürgermeister, nannte den Bau „etwas Besonderes in diesem leeren und langweiligen Stadtraum“, das die CDU uneingeschränkt unterstütze. In diesem Zusammenhang ist wichtig, dass in dem Masterplan von Albert Speer, den die Kölner Unternehmer der Stadt geschenkt haben, entlang des Kartäuserwalls gegenüber vom Humboldt-Gymnasium Bebauung vorgesehen ist. Ein Anwohner äußerte sich abschließend und eher kritisch: „Nur weil ein paar ältere Herren nicht aufs Klo kommen, wird hier massiv in eine öffentlich Grünfläche eingegriffen.“ Diesen Einwand nahm das Podium zur Kenntnis. Schweigend.

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