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Etliche HindernisseDas ist der aktuelle Stand beim Umbau des Jägerhofs in Bergneustadt

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Blick in einen ehemaligen Saal, in dem Wand- und Deckenverkleidungen entfernt wurden.

„So gut wie kein Balken genügt den statischen Anforderungen“, heißt es in einem Holzgutachten. Hier im Bild der entkernte kleine Saal des Jägerhofs. 

Europaweite Ausschreibungen, Architektenwechsel und marode Bausubstanz: Die Sanierung der Kultkneipe ist eine schwierige Aufgabe.

Vor ziemlich genau drei Jahren hat Heinz Jaeger den Jägerhof in der Bergneustädter Altstadt an die Stadt verkauft, im März 2023 war der Eigentümerwechsel auch rechtlich perfekt. Seither ist der Jägerhof auf dem Weg von der Kultkneipe zum öffentlichen Kultur- und Begegnungszentrum, zum Schmuckstück, das den Kontrast zwischen teils jahrhundertealtem Baumaterial und hochmodernen Elemente sichtbar macht. Längst ist der Umbau Teil der Regionale 2025 und wird von der Landesregierung über die sogenannte „Dritte Orte“-Förderung unterstützt. Optimistische Einschätzer vermuteten zum Anfang des Jahrzehnts, dass man in diesen Tagen die Wiedereröffnung werde feiern können.

Blick auf eine Außenwand mit Fachwerk und Klinkersteinen

An der Außenwand nach Westen wurden zunächst Sträucher gerodet und dann das Fachwerk freigelegt.

Info-Offensive im Bergneustädter Rat

Daraus wird nichts. Aber wie weit sind die Handwerker und Planer, die inzwischen weitgehend innen und damit wenig sichtbar arbeiten, eigentlich vorangekommen? Und woran hakt es noch? Zur jüngsten Sitzung des Bergneustädter Stadtrates ist die Verwaltung in Sachen Jägerhof in die Offensive gegangen.

Blick in einen entkernten Saal einer alten Kneipe

Im großen Saal mussten Bretter angebracht werden. Denn nach der Entfernung der Wandverkleidung finden die Steine keinen Halt mehr im Fachwerk.

Ausführlich hat das Rathaus eine Anfrage des Stadtverordneten Heiner Grütz (SPD) zum Stand der Dinge beantwortet – wohl auch, um diejenigen in der Bürgerschaft einzufangen, denen das Ganze allmählich zu lange dauert. Wer den Bericht indes aufmerksam liest, kann die Hindernisse gut nachvollziehen, die den Umbau nun deutlich in die Länge ziehen.

Blick auf den Sockel eines Gebäudes

Unter dem einst modernen Zementputz kommen allmählich Klinker und Natursteine zum Vorschein.

Bergneustädter planten nach dem Beginn des Ukrainekriegs neu

Drei Beispiele: Die anfangs, also zwischen 2019 und 2022, geplante Gasversorgung des Gebäudes wurde wegen des Ukrainekrieges komplett aufgegeben und auf eine Fußbodenheizung mit Erneuerbarer Energie umgestellt – dafür braucht es allerdings ein Bodengutachten und einen Experten, der erstmal gefunden werden musste. Zweitens: Beim beauftragten Planungsbüro wechselte der Ansprechpartner in vier Jahren gleich neunmal, weil Architekten erkrankten, den Arbeitgeber wechselten, in Rente oder Elternzeit gingen. Und drittens: 17 Ausschreibungsverfahren hat es bislang rund um den Jägerhof gegeben, von der Freilegung der Balken über die Entfernung des Betons am Bruchsteinsockel und den Abtransport erhaltenswerter Gegenstände bis zum Herausreißen der Bodendielen im Saal – dreimal musste europaweit nach einem geeigneten Unternehmer gefahndet werden.

Wahr ist aber auch: „Der sehr schlechte Zustand des Gebäudes wird erst nach dem Entfernen von Wandverkleidungen, Putz und Bodenbelägen sichtbar“, schreibt die Stadt. Und: „Das Holzgutachten liegt vor mit dem Ergebnis, dass (...) so gut wie kein Balken den statischen Anforderungen genügt. Die Dachkonstruktionen müssen komplett erneuert werden.“ Immer mit im Boot ist dabei der Landschaftsverband Rheinland (LVR), der über den Denkmalschutz wacht.

Bergneustädter Bauausschuss soll Aufträge Anfang 2026 vergeben

Aktuell steht ein Sanierungsplan vor der Fertigstellung, der für jeden einzelnen Balken die Optionen Austausch, Ertüchtigung sowie mehrere Verstärkungsvarianten prüft und wieder mit dem LVR abgestimmt werden muss. Außerdem soll der Bauausschuss des Stadtrates Anfang 2026 zwei Aufträge vergeben: Den für Zimmerer- und Dachdeckerarbeiten an der Außenhülle des Jägerhofs und den für einen auf Denkmalschutz spezialisierten Schreiner, der sich mit Fenstern, Türen und Treppen befasst. Die Stadt hofft auf den Baustart im kommenden Frühjahr. Den Termin für die Fertigstellung hat sie bereits auf Ende 2027 verschoben.


Seit dem Ende des Kneipenbetriebs in der Mai-Nacht 2025 ist die Jägerhof-Genossenschaft praktisch heimatlos. Doch die Mitglieder machen das Beste daraus – unter dem Titel „Jägerhof on Tour“ sind sie mit wechselnden Angeboten im Stadtgebiet unterwegs, ob Doppelkopfabend, Kneipenquiz oder Konzert. „Wichtig ist uns, dass wir unsere Gemeinschaft lebendig halten“, betont Genossenschaftsgeschäftsführerin Tatjana Mönnich.

Das Dobbeln – das Bergneustädter Spiel um die Wurst zum Jahreswechsel – findet diesmal im „Kapellchen“ des Musikzugs statt. Alle Plätze sind ausgebucht. Für richtige Jägerhof-Kulisse wird der Stammtisch aus der Kultkneipe herbeigeschafft.