Lange Anreise zum MassentestKreis lässt Wipperfürther Schüler nach Wehnrath bringen

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An der Teststation fuhren Dutzende Autos vor. Viele Eltern stellte der Abstrich fernab von Wipperfürth vor große Probleme.

An der Teststation fuhren Dutzende Autos vor. Viele Eltern stellte der Abstrich fernab von Wipperfürth vor große Probleme.

  • 350 Schülerinnen und Schülern der Hermann-Voss-Realschule in Wipperfürth hatten im Unterricht Kontakt zu einer infizierten Lehrkraft
  • Auf Anordnung des Geseundheitsamt des Oberbergischen Kreises wurden sie nun zum Test bestellt
  • Getestet wurde in Wehnrath

Wehnrath/Wipperfürth – „Ich weiß gar nicht, wie ich das schaffen soll!“ Gestern Mittag ist Sven Prüss noch mit dem Lkw unterwegs, seine Tour musste der Fernfahrer aber sehr zum Missfallen seines Chefs am Bodensee abbrechen. Denn am Nachmittag soll er mit seinem Sohn am Drive-in-Corona-Testzentrum auf dem Gelände der Laborunion in Wehnrath sein.

Der Siebtklässler ist einer von rund 350 Schülerinnen und Schülern der Hermann-Voss-Realschule in Wipperfürth, die im Unterricht Kontakt zu einer infizierten Lehrkraft hatten, zurzeit deshalb in Quarantäne sind und auf Anordnung des Gesundheitsamt des Oberbergischen Kreises gestern und heute zum Massentest bestellt wurden. Die Termine für die zehn Klassen sind – nach Anfangsbuchstabe des Familiennamens – in Zehn-Minuten-Fenstern eng getaktet. „Ware abladen, meinen Sohn abholen, durch den ganzen Kreis bis nach Reichshof fahren – hoffentlich klappt das alles pünktlich“, stöhnt Vater Prüss. Die Mutter hat keinen Führerschein.

Unmut schlägt hohe Wellen

Annette Stein, die mit ihren zwei Kindern zum Test fährt, musste unbezahlten Urlaub nehmen. Andere Eltern stünden vor noch größeren Problemen, weiß Michael Hesse, dessen Sohn getestet wird. Zum Beispiel Alleinerziehende ohne Auto. „Mit öffentlichen Verkehrsmitteln dürfen sie ja wegen der Quarantänebestimmungen nicht fahren.“

In den sozialen Medien schlägt der Unmut von Wipperfürther Eltern hohe Wellen. Dabei sehen die meisten die Notwendigkeit der Maßnahmen ein, bestätigt Elternpflegschaftsvorsitzende Alexandra Flossbach-Stein. „Aber warum kann man nicht in der Nähe von Wipperfürth testen oder eins der mobilen Testzentren einsetzen?“, fragt Hesse. Viele Eltern hätten sich hilfesuchend an die Schulleitung gewandt, sagt Konrektorin Claudia Deichsel, die auch auf 27 Lehrkräfte verzichten muss. „Aber wir können auch nur auf das Gesundheitsamt verweisen.“

Teststation neben dem Labor sei ideal

„Wir müssen da um Verständnis bitten“, erklärt Kreispressesprecher Phillipp Ising auf Anfrage. „Man guckt aktuell, wo Kapazitäten sind, eine so große Gruppe von Personen zügig und mit möglichst geringem bürokratischem Aufwand zu testen, der ja wiederum Zeit kosten würde.“ Da sei in dieser Situation die relativ zentral gelegene Teststation in Wehnrath gleich neben dem Labor ideal. „Das ist mit Unannehmlichkeiten für die Eltern verbunden.

Aber so bekommen die Personen innerhalb einer extrem kurzen Bearbeitungszeit ihr Ergebnis.“ Heute Vormittag schon sollen die gestern Nachmittag getesteten Schülerinnen und Schüler per QR-Code ihr Testergebnis abrufen können und Bescheid wissen. „In anderen Kreisen gibt es wesentlich längere Wartezeiten, auch an den Teststationen“, gibt Ising zu bedenken.

Fließbandarbeit Corona-Test

Je nach Infektionsgeschehen werde entschieden, wo getestet wird – auch ob die vom Kreis vorgehaltenen mobilen Testzentren aktiviert werden. Bei Laborunion, wo laut Geschäftsführer Alexander Keil täglich rund 3500 Corona-Proben ausgewertet werden, ist es nicht der erste größere Test mit Schülern, aber der größte, seit dort Mitte September die Teststation in Kooperation mit dem Gesundheitsamt eröffnet wurde.

Auf dem Gelände „fließt“ jetzt der Verkehr: Fünf, sechs Autos stehen in der Schlange, Datenabgleich durchs Autofenster am ersten Container, Krankenversicherungskarte einlesen, eine Runde über den Platz, Mund- und Nasenabstrich – der Nächste bitte. Sven Prüss wollte anderen Eltern aus der Klemme helfen und deren Kind im Auto mitnehmen. „Das darf nicht sein. Wenn überhaupt keine Möglichkeit besteht, zum Termin zu kommen, wird in Absprache mit dem Gesundheitsamt eine individuelle Lösung gefunden“, beruhigt Ising.

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Nach 40 Minuten ist für die Hesses und auch für Prüss und seinen Sohn alles überstanden. Er ist froh, dass das von ihm befürchtete Chaos ausgeblieben ist – und er am pünktlich am Abend mit dem Lkw nach München starten kann.

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