Unterricht statt Ferien in LindlarDiese Schüler kriegen von Schule nicht genug

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Bei Lehrerin Sandra Weber geht es heiß her: Mit einer Flamme auf der Hand zeigt sie den Grundschülern, dass Benzin nicht mit Wasser sofort gelöscht werden kann. 

Bei Lehrerin Sandra Weber geht es heiß her: Mit einer Flamme auf der Hand zeigt sie den Grundschülern, dass Benzin nicht mit Wasser sofort gelöscht werden kann. 

Lindlar – Vielfältig genießen die Schulkinder derzeit die Osterferien. Es geht in den Urlaub oder es stehen Tagesausflüge mit Eltern oder Verwandten auf dem Programm. Freizeitaktivitäten rangieren sicherlich ganz oben in der Prioritätenliste. Doch das ist nicht für alle die Regel. Es gibt tatsächlich Grundschulkinder, die trotz Ferien lieber in die Schule gehen. Und das auch noch sonntags.

Unterricht für „besonders talentierte Kinder“

Sechs Tage lang treffen sich 94 Grundschüler seit vergangenem Sonntag im Gymnasium Lindlar zur 49. Kinderakademie der Hochbegabten-Stiftung der Kreissparkasse Köln. 40 Mädchen und 54 Jungen aus den Klassen 3 und 4 aus 52 Grundschulen aus dem Rheinisch-Bergischen Kreis und Oberbergischen Kreis sind auserwählt worden. Die Kinderakademie gastiert in den Herbst- und Sommer-Ferien auch im Rhein-Erft-Kreis und im Rhein-Sieg-Kreis. Aus Wipperfürth nimmt ein Schüler der KGS St. Antonius teil. Die drei Schüler aus Lindlar besuchen die GGS Kapellensüng und die GGS Lindlar West. 

„Wir organisieren im Jahr drei Akademien“, berichtet Akademieleiterin Sonja Weber. Zum 17. Mal ist auch Lindlar Gastgeber der Kinder. „Die Bezeichnung besonders talentierte Kinder trifft es eigentlich besser“, so Weber, die mit sieben Lehrkräften ein eingespieltes Team bildet. Unterrichtsfächer sind Chemie, Physik, Informatik, Mathematik und Sprache.

Experiment mit Chemie und Physik

In den AGs der Naturwissenschaften entdecken die Kinder wissenschaftliche Phänomene mit professioneller Laborausrüstung und unter qualifizierter pädagogischer Anleitung. Lehrerin Noemi Behr ist mit ihrer Gruppe von 14 Schülern auf dem Schulhof unterwegs. Das Experiment sei Chemie und Physik, betont sie. Die Kinder füllen Wasser und Spülmittel in ein Plastikgefäß mit einem Schraubdeckel, aus der eine Pipette ragt. Dann wird eine Brausetablette hinzugegeben, und wie aus Wunderhand kommt der Wasserstrahl aus der Pipette.

Kollegin Noemi Behr arbeitet mit Kindern auf dem Pausenhof.

Kollegin Noemi Behr arbeitet mit Kindern auf dem Pausenhof.

„Durch die Tablette entsteht ein Gas und durch den Druck wird die Flüssigkeit nach oben gedrückt“, erklärt Noemi Behr, nachdem die Kinder durch ihre geschickten Fragen fast selbst auf die Lösung gekommen sind.

Philosophieren und Theater spielen

In der Aula arbeitet derweil Angela Merl mit ihrer Gruppe. Die Schauspielpädagogin beschäftigt sich mit den Kindern im Themenbereich Sprache. Philosophieren und Theater spielen sind die Kernpunkte, und zum Warmmachen beginnt die Gruppe mit einem Spiel. Zwei Kinder sind die Spielleiter. Sie drehen sich zur Wand, sagen „eine Tasse Tee, Schokolade, Kaffee, Stopp“ und am Ende des Satzes müssen die anderen Kinder erstarren.

Die Theatergruppe beim Warmmachspiel.

Die Theatergruppe beim Warmmachspiel.

Es geht nun darum, dass die Spielleiter durch Mimik bei den anderen eine Bewegung erzeugen. Wer lacht oder sich bewegt, ist draußen. Später können die Kinder ihren Gedanken freien Lauf lassen. Sie erfinden eigene Geschichten und proben diese in Theaterszenen.

Die Kinder bei der Herstellung von Malachit.

Die Kinder bei der Herstellung von Malachit.

In den beiden Chemieräumen stehen Versuche an. Lehrer Albert Lehnard stellt mit seiner Gruppe das Farbpigment Malachit her. Nebenan, bei Sandra Weber, geht es heiß her. Sie zeigt den Kindern im Themenschwerpunkt Verbrennung, dass Benzin nicht mit Wasser sofort gelöscht werden kann.

Nachdem sie ihre Hand in eine Flüssigkeit mit Wasser, Spüli und Gas getaucht hat, entsteht in der Handfläche eine kurze große Stichflamme. „Ich habe mich natürlich nicht verbrannt. Das dürft ihr aber auf keinen Fall zu Hause machen“, sagt sie zu der Gruppe.

Verschlüsselung und Entschlüsselung

Bei Amelie Witte lernen die Schüler im Mathematik-Bereich, wie die sagenumwobene Enigma-Chiffriermaschine funktionierte. „Unser Schwerpunkt heute ist Verschlüsselung und Entschlüsselung von Nachrichten“, so die Mathematik-Lehrerin.

Zwei Grundschülerinnen beim Entschlüsseln von Nachrichten.

Zwei Grundschülerinnen beim Entschlüsseln von Nachrichten.

Im Informatik-Kurs erarbeiten die Kinder dann sogar eine eigene App. Der Nachwuchs ist natürlich begeistert von den zusätzlichen Unterrichtseinheiten: „Das macht riesigen Spaß. Wir lernen was und erleben was“, gibt eine Grundschülerin zu Protokoll.

„Wir sind ein ganz junges Team und alle unsere Lehrkräfte haben einen Bezug zur Hochbegabten-Unterstützung“, erklärt Weber und weist auf den großen Abschlusstag am Samstag hin. Von 10 bis 12 Uhr zeigen die Grundschüler im Kulturzentrum ihren Eltern und Angehörigen die Tricks und Kniffe, die ihnen beigebracht wurden sowie das Theaterstück, das die Gruppe bei der Akademie erarbeitet hat. Zudem erhalten die Grundschüler dann ihre Teilnahme-Urkunden, die Christian Bonnen, Mitglied im Vorstand der Kreissparkasse Köln, überreicht.

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