Parkplatz-StreitGladbacher Rentner wegen Graffito vor Gericht – Richter mit Geistesblitz

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Graffitis füllen die Wände eines Fußgängertunnels.

Mit einem Graffito hat ein Rentner in Refrath sein Terrain markiert und stand nun wegen Sachbeschädigung vor Gericht.

Dreimal sollen Beamte zum Nachmessen eines Grundstücks nach Refrath gekommen sein. Am Ende sorgte ein Geistesblitz des Richters für einen Freispruch.

Weil er einen Parkplatz mit dem Graffito „Privateigentum“ versehen hat, stand ein 59-jähriger Refrather am Dienstag vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft hatte den Familienvater wegen „Sachbeschädigung“ angeklagt. Nach umfassenden Ermittlungen unter Beteiligung der Grundbuchabteilung sprach Richter Ertan Güven den Frührentner frei: Der Mann habe sein eigenes Grundstück markiert – das darf er.

Nachbarschaftsstreitigkeiten in den sogenannten besseren Kreisen haben oft einen höheren Unterhaltungswert als anderswo, wo die Argumente öfter mal schlagender Natur sind. Vermeintlicher Tatort in diesem Fall ist eine schicke Wohnanlage mit diversen Eigentumswohnungen. Der Angeklagte Peter B. (Namen geändert) wohnt in dem einen Haus und soll einen Parkplatz am Nachbarhaus mit den Worten „Eigentum Professor B.“ besprüht und so 780 Euro Schaden verursacht haben.

Es ist eine Farce, wenn ich mein Eigentum nicht besprühen darf.
Der Angeklagte

Gegen den Vorwurf setzt sich der von Ehefrau Claudia B. zum Prozess begleitete Rentner zur Wehr: „Es ist mein Eigentum. Es ist eine Farce, wenn ich mein Eigentum nicht besprühen darf.“ Der Zeuge der Anklage, Manager Klaus S. (50) von nebenan, widerspricht: „Es ist nicht sein Eigentum.“ Es gebe nur ein Sondernutzungsrecht an der Fläche.

Diese umstrittene Fläche hat eine dritte Partei, Familie A., gepflastert und so zu einem Stellplatz für den eigenen Pkw umfunktioniert. Die Anzeige wegen Sachbeschädigung gegen B. stammt aber nicht von Familie A., sondern von Manager S. Dagegen sind Familie A. und Eheleute B. gerade dabei, sich über ihre Anwälte gütlich über die künftige Grundstücksnutzung zu einigen.

Wenn Sie der Eigentümer sind, dann dürfen Sie natürlich „Eigentum“ darauf schreiben oder auch „Weltmeister“, wenn Sie das möchten.
Richter Ertan Güven

Nach dieser Erörterung der Vorgeschichte steht und fällt die Anklage mit der Frage nach den Rechten von B. an dem Grundstück. „Wenn Sie der Eigentümer sind, dann dürfen Sie natürlich ‚Eigentum‘ darauf schreiben oder auch ‚Weltmeister‘, wenn Sie das möchten“, sagt Richter Güven. Das gelte auch, wenn er ein Sondernutzungsrecht habe. Das sei mit dem Sondernutzungsrecht an einem Garten vergleichbar. Peter B.: „Professor habe ich übrigens nicht geschrieben. Ich maße mir doch keinen falschen Titel an.“

Was jedoch fehlt, ist der Nachweis schwarz auf weiß. „Den Nachweis aus dem Grundbuch wollte ich der Polizei geben, doch die hat ihn nicht gewollt und mir zurückgegeben“, klagt Klaus B. Stattdessen seien insgesamt dreimal Beamte zum Nachmessen gekommen. Mit einer von Richter Güven zur Verfahrensabkürzung vorgeschlagenen Einstellung des Verfahrens ist er nicht einverstanden. „Es muss schon ein Freispruch sein.“

Gute Idee in der Mittagspause

Der Richter hat daraufhin die gute Idee, die Grundbuchakte im Hause zu beschaffen, formuliert sie aber leider erst um 12.03 Uhr, drei Minuten nach Beginn der Mittagspause in den Verwaltungsbüros des Gerichts. Das hindert den Protokollführer, die noch gar nicht ergraute Eminenz des Amtsgerichts, nicht daran, die Akte zu holen.

Nachdem sich herausgestellt hat, dass es die falsche Akte ist, bringt der Protokollführer beim zweiten Versuch gleich noch die Fachfrau vom Grundbuchamt - trotz Mittagspause – mit, und damit stellen sich die bis dahin nur behaupteten Rechte des Angeklagten als wahr heraus. In der Folge fordert konsequenterweise auch die Staatsanwältin Freispruch.

Neue Pläne für die Fläche 

Güven folgt ihr: Da Ehefrau B. ein Sondernutzungsrecht an der Fläche habe und sich mit keinem Wort über das Graffito beschwert habe, liege keine Sachbeschädigung vor.

Schon vor dem Freispruch, beim Warten auf die Unterlagen, hat B. verraten, was er mit seiner „Sonderverkaufsfläche“ vorhat: Entweder Familie A. akzeptiert einen Pachtvertrag über jährlich 1200 Euro für den illegal hergerichteten Parkplatz plus ein bisschen Garten, oder er errichtet dort eine Werbeanlage, um ersatzweise Einnahmen zu erzielen. Dann sei der Platz aber endgültig weg. Die Genehmigung der Stadt habe er schon.

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