- Projekt zur Bewertung stadtbildrelevanter Bauten dauert drei Jahre
- Stadt hofft auf planerische Entscheidungshilfen
Bergisch Gladbach – Marianne Vogt-Werling geht mit einem hölzernen Bauchladen durch Bensberg. Dessen Inhalt soll nicht verkauft, sondern - im Gegenteil - bewahrt und erhalten werden: Das preußische Urkataster von 1824, das die historische Bebauung von Bensberg verzeichnet, ist die Grundlage für den großformatigen Plan, den die Architektin auf einer großen Platte befestigt hat, die sie sich umgeschnallt hat. So ist die Beweglichkeit nicht eingeschränkt, die nötig ist, wenn man das ganze Stadtgebiet durchwandern muss.
Denn gemeinsam mit ihrem Mann, dem Architekturprofessor Michael Werling, erstellt Vogt-Werling im Auftrag der Stadt einen Denkmalpflegeplan für Bergisch Gladbach. Ein großangelegtes Projekt, das bis 2018 abgeschlossen sein soll.
In drei Jahren wird das Architektenehepaar nahezu jede Straße in 25 Stadtteilen unter die Lupe genommen, interessante Gebäude und Objekte bewertet, eventuell fotografiert und dokumentiert und mit der Bauakte überprüft haben. „Man lernt die Stadt kennen“, sagt Michael Werling lächelnd. „Nur das, was jünger ist als 1980, überlassen wir künftigen Generationen.“ Bei ihrer Arbeit werden die Gutachter nicht selten ihrerseits begutachtet. Denn Fremde, die auffallend intensiv ein Haus betrachten, dann noch die Kamera zücken und die Fassade fotografieren, schüren schon mal Misstrauen. „Mit vielen kommen wir dann ins Gespräch“, sagt Werling.
Positive und negative Entdeckungen
Bei jedem Gang mache man Entdeckungen – positive wie negative. „Es gibt historische Gebäude, die sind so verkleidet, dass man ihnen ihre Substanz kaum noch ansieht“, bedauert Marianne Vogt-Werling. In extremen Fällen bekämen sie dann nicht einmal mehr das Prädikat „erhaltenswert“. Die Bewertung kennzeichnet Objekte, die für das Bild der Stadt bedeutsam sind und soll Stadtplaner sensibilisieren, bei künftigen Vorhaben darauf Rücksicht zu nehmen.
Besondere Aufmerksamkeit legen die Gutachter, in der Vergangenheit bereits mit der Gronauer Waldsiedlung befasst, auf Siedlungsbauten. An der Rosenhecke etwa sei die Schlossfeldsiedlung aus den 20er-Jahren bemerkenswert. Sie sei architektonisch relativ intakt, weil sie im Besitz des Bauvereins sei, so Werling. Kämen Siedlungshäuser in Privatbesitz, werde der Gesamteindruck schnell stark verändert.
Hoffnung auf planerische Entscheidungshilfen
„Eine ganz spannende Geschichte ist ein Haus in unmittelbarer Nähe des Bensberger Schlosses“, berichtet er. Es sei nicht in der Denkmalliste der Stadt ausgewiesen, aber vermutlich um 1710 erbaut worden, also im Barock, und soll als Wohnung des Grafen Matteo de Alberti gedient haben, der maßgeblich an der künstlerischen Ausgestaltung des Neuen Schlosses beteiligt gewesen sei. Einen Turmanbau erstellte im 20. Jahrhundert der Kirchenarchitekt Bernhard Rotterdam. „ Am Ende haben wir etwa 1000 bis 1500 Objekte als erhaltenswert, 50 bis 100 als denkmalwürdig eingestuft“, schätzt Marianne Vogt-Werling und verweist auf enge Zusammenarbeit mit anderen Behörden, vor allem dem Amt für Denkmalpflege des Landschaftsverbands Rheinland.
Von der flächendeckenden Bestandsaufnahme, die erstmals durchgeführt wird, erhofft sich die Stadt planerische Entscheidungshilfen: „Wir brauchen eine solide Basis für die großen Verfahren, die auf 20 oder 30 Jahre gerichtet sind“, erläutert Dorothea Corts von der Unteren Bauaufsichtsbehörde. Der Zeitpunkt für einen Denkmalpflegeplan sei ideal, meint Elisabeth Sprenger, Leiterin des Fachbereichs Grundstücksnutzung. Angesichts der Neuaufstellung des Flächennutzungsplanes, des Integrierten Handlungskonzeptes Bensberg oder neuer Bebauungspläne in der Innenstadt werde der Plan kein Gutachten werden, das in der Schublade verstaube.