Prozess geplatztRefrather Rentner soll Polizisten angegriffen haben

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Streifenwagen stehen vor einem Gebäude.

Streifenwagen stehen vor einem Gebäude. (Symbolfoto)

Ein Refrather Rentner soll Polizisten angegriffen haben und steht deshalb vor Gericht. Der Prozess platzte, weil die Zeugen nicht kamen.

Aus dem Ruder gelaufen ist ein routinemäßiger Polizeieinsatz am 19. April in Bergisch Gladbach-Refrath, denn er endete mit einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen einem Rentnerpaar und einer Streifenwagenbesatzung. Den Refrather Rentner hat die Staatsanwaltschaft jetzt wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte angeklagt.

Ob der 68-Jährige tatsächlich verurteilt wird, ist aber offen. Es gibt Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Polizeieinsatzes - und beide uniformierten Zeugen der Anklage ließen sich am ersten Prozesstag entschuldigen.

Hinweis auf Trunkenheitsfahrt

Darum geht es: Am 19. April klingelte eine Streifenwagenbesatzung gegen 18.30 Uhr am Haus des Angeklagten, nachdem die Polizei einen Hinweis auf eine Trunkenheitsfahrt bekommen hatte. Laut Anklage entspann sich eine kurze, aber heftige Auseinandersetzung.

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Walter S. (Namen geändert) wollte sich nicht ausweisen und schlug den Beamten die Tür vor der Nase zu. Diese klingelten erneut, Lebensgefährtin Erna K.  öffnete erneut, das Spiel wiederholte sich fast, aber als Erna K. die Tür schließen wollte, stellte Polizistin Petra P. den Fuß dazwischen.

Die Wohnung ist unverletzlich.
Artikel 13 Grundgesetz

Das Ganze eskalierte, Polizist Georg A. soll eine sechs Zentimeter lange Kratzwunde und ein Hämatom am Hals erlitten haben. Die Staatsanwaltschaft klagte einen „tätlichen Angriff auf einen Amtsträger“ und Körperverletzung an.

Strafverteidiger Burkhard Müller sah das im Prozess jedoch ganz anders: „Was ist denn mit Artikel 13 des Grundgesetzes, der Unverletzlichkeit der Wohnung?“ Die Polizei dürfe nicht einfach eine Wohnung betreten. Wenn sie das doch tue und nicht einmal den Versuch vorher starte, eine richterliche Erlaubnis dafür zu bekommen, begebe sie sich ins Unrecht. Die Vorschrift mit dem „tätlichen Angriff“ betreffe nur rechtmäßige Diensthandlungen, nicht aber unrechtmäßige.

Richterlicher Bereitschaftsdienst bis in den Abend

Es gehe in dem Fall auch nicht um irgendeine Fahrzeugkontrolle auf der Straße, so der Jurist weiter, sondern um das Eindringen in die grundrechtlich besonders geschützte Wohnung. Auch in Bergisch Gladbach gebe es für solche Fälle extra einen richterlichen Bereitschaftsdienst bis in die Abendstunden.

Von daher, so Müller weiter, wundere es ihn auch nicht sehr, dass sich beide Beamte für den Prozess entschuldigt hätten, der männliche übrigens aus Krankheitsgründen so kurzfristig, dass die Nachricht Richterin Simona Sünnemann noch gar nicht erreicht hatte.

Der Anwalt beklagte überdies, dass er Akteneinsicht zwar beantragt, sie aber bisher nicht gewährt bekommen habe – was die Richterin blitzschnell änderte, indem sie ihm in einer Verhandlungspause die Unterlagen zu einer ersten Einsichtnahme übergab.

Richterin bringt Einstellung ins Spiel

Die Verhandlungspause wiederum kam zustande, weil die Richterin nach dem Verteidiger-Vortrag eine Einstellung des Verfahrens wegen Geringfügigkeit ins Spiel gebracht hatte. Während der Verteidiger seinen Mandanten und dessen Partnerin anscheinend von dieser Variante überzeugen konnte, sah dies bei der Anklagebehörde anders aus.

Die Rechtsreferendarin telefonierte längere Zeit mit ihrem Ausbilder bei der Staatsanwaltschaft und kam dann mit einem „Nein“ zurück in den Gerichtssaal. Der Vortrag des Verteidigers sei bedenkenswert, doch man müsse die Polizisten hören.

Damit war der Prozess erst einmal geplatzt und muss nun neu terminiert werden – mit den beiden Polizeibeamten und Lebensgefährtin Erna K., die damit zum ersten Prozesstag vergeblich erschienen war.

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