Prozess1000 Euro Strafe für „Stinkefinger“ an Overather Polizeiwache

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Ein Polizeibeamter spricht während einer Verkehrskontrolle mit dem Fahrer.

Ein Polizeibeamter spricht während einer Verkehrskontrolle mit dem Fahrer (Symbolfoto).

Zeigte der Daumen nach unten oder der Mittelfinger nach oben? Das war die Frage im Beleidigungsprozess gegen einen 53-jährigen Rösrather.

Zeigte der Daumen nach unten oder der Mittelfinger nach oben? Gab es das ironische Lob „Super!“ zu hören oder eine grobe Beleidigung? Es sind Fragen über Fragen, die sich am Freitagvormittag im Bensberger Amtsgericht stellen, als dort über einen Vorfall vom 23. Januar 2023 in Höhe der Polizeiwache Untereschbach verhandelt wird.

Der Rösrather Veranstaltungstechniker Karl K. (Name geändert) hatte an diesem Tag fast genau vor einem Jahr einen Rochus auf die Polizei. Die Polizei hatte ihn einen Monat vorher aus dem Verkehr gezogen, weil er unter Drogen stand. Dem 53-Jährigen drohte ein Fahrverbot und in der Folge der Verlust seines Arbeitsplatzes.

Rochus auf die Polizei

Das war der Ausgangspunkt, als Karl K. dann gegen 16.55 Uhr von Untereschbach über die Bergische Landstraße in Richtung Hoffnungsthal fuhr. Auf dem Polizeigelände am Straßenrand sah er plötzlich den Beamten, der ihn einen Monat zuvor angehalten hatte, und eine Kollegin aus einem Streifenwagen aussteigen.

Obwohl es Winter war, kurbelte er sein Fenster runter und brüllte etwas. Die Polizisten sahen zu ihm, und als sich die Blicke trafen, zeigte er auch noch etwas — woraufhin die gerade erst von einem Einsatz zurückgekehrten Beamten wieder ins Auto stiegen, die Verfolgung aufnahmen und den Fahrer ein paar hundert Meter sülzabwärts in Höhe des Lehmbacher Hofes stoppten.

Veranstaltungstechniker mit zu kurzer Zündschnur

Vor Gericht gab der Veranstaltungstechniker mit der etwas kurz geratenen Zündschnur seine Soft-Version zu Protokoll, Daumen runter und „super“, während die Polizisten den Stinkefinger gesehen und „Ihr Sch….-Wi…“ gehört hatten.

Doch trotz seiner   harmlosen Daumen-Version bekundete Karl K. über seinen Verteidiger Reue: Er habe sich in einer Ausnahmesituation befunden und die Schuld dafür bei der Polizei gesehen. Mittlerweile habe er verstanden, dass an seiner Drogenfahrt nicht die Polizei die Schuld trage, sondern er selbst. Er habe seine Fahrerlaubnis zurückgegeben, befinde sich in psychologischer Betreuung und habe demnächst seine MPU-Prüfung.

Es ist mir in meiner Karriere noch nie passiert, dass ich aus einem fahrenden Auto heraus beleidigt worden bin.
Polizist als Zeuge vor Gericht

Der vom Verteidiger befragte 26-jährige Polizeibeamte versicherte seinerseits, dass er sich nichts eingebildet und niemanden verwechselt habe: „Es ist mir in meiner Karriere noch nie passiert, dass ich aus einem fahrenden Auto heraus beleidigt worden bin.“ Und er versicherte weiter: „Es war das einzige Auto, aus dem ein Mittelfinger gezeigt wurde.“ Die Staatsanwältin forderte 1500 Euro Geldstrafe wegen Beleidigung, wobei sie dem Angeklagten zugutehielt, dass er nicht vorbestraft war.

Karl K. fand in seinem letzten Wort tatsächlich eine Entschuldigung in Richtung des im Zuschauerraum sitzenden und das Prozessende abwartenden Polizisten. Richterin Pauline Willberg verhängte schließlich 1000 Euro Strafe, 25 Tagessätze zu je 40 Euro. Der Angeklagte nahm das Urteil sofort an.

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