Anklage wegen BrandstiftungRentnerin soll in Erftstadt Haus angezündet haben

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Rechtsanwalt Hagen Sven Seipel (li.) vertritt die 60-Jährige, welche die Staatsanwaltschaft für schuldig hält.

Köln/Erftstadt-Liblar – „Die Angeklagte“, „er hat“, „meine Mandantin“, „seine Ehefrau“ – mit Possessiv- und Personalpronomen kamen sowohl die Staatsanwältin als auch der Verteidiger gelegentlich durcheinander bei einem Verfahren vor dem Kölner Landgericht. Angeklagt ist eine 60-jährige Rentnerin, die bis vor Kurzem als Mann lebte, verheiratet mit einer Frau, von der sie derzeit in Trennung lebt.

Brand in Erftstadt-Liblar: Schaden von 250.000 Euro

Sie soll am 5. Oktober 2021 gegen 12.45 Uhr in einem Liblarer Wohnhaus, wo das Paar zur Miete gelebt hatte, mit Brennspiritus und glühenden oder glimmenden Gegenständen einen Brand gelegt haben. Durch die Flammen entstand der Staatsanwaltschaft zufolge ein Schaden von 250.000 Euro. Die Behörde wirft der Rentnerin daher schwere Brandstiftung vor, außerdem Betrug, denn die Angeklagte habe noch am mutmaßlichen Tattag die eigene Hausratversicherung in Anspruch genommen und zu Unrecht 5000 Euro erhalten.

Wie sich am ersten Tag des Strafprozesses ergab, steht dieser im Zusammenhang mit einer Reihe weiterer Verfahren. Diese werden teils vor dem Familiengericht zwischen den Eheleuten ausgetragen, außerdem laufe vor dem Amtsgericht Brühl gegen die Ehefrau wegen gefährlicher Körperverletzung ein Strafverfahren, zudem habe die Angeklagte gegen sie auch Anzeige erstattet wegen Diebstahls erstattet. Mit dem früheren Vermieter und Eigentümer des Brandhauses stand das Paar in einem mietrechtlichen Streit.

Mehrere Personen hatten Zutritt zum Haus

Verteidiger Hagen Sven Seipel gab im Namen seiner Mandantin eine Erklärung ab. Explizite Angaben im Sinne eines Gestehens oder Bestreitens der Vorwürfe machte er darin nicht. Er betonte jedoch, dass mehrere Personen Zutritt zu dem Haus gehabt hätten, unter anderem der neue Partner der Noch-Ehefrau der Angeklagten. Auch soll die Haustür nicht fest in der Wand verankert gewesen sein. Sie sei nur mit Bauschaum fixiert gewesen. Daher habe man sie problemlos samt Rahmen aus der Wand heben können. Auch das sei mehreren Personen bewusst gewesen. Schlösser sollen zudem mehrfach getauscht worden sein – mit unübersichtlichem Ergebnis, wer über welchen Schlüssel verfügt habe.

„Es gab immer wieder Polizeieinsätze und Wohnraumverweise – und zwar gegen die Ehefrau“, so Verteidiger Seipel. Mit dem Vermieter habe es Auseinandersetzungen gegeben, weil dieser wollte, dass das Paar auszöge. Dieser Termin sei für den 6. Oktober 2021 festgesetzt gewesen – also den Tag nach dem Brand: „Meine Mandantin hatte noch viel zu viele persönliche Sachen im Haus, es war nie der Plan, am 6. Oktober auszuziehen“, versicherte Seipel. Als die Kündigung im Raum stand, habe ein Mietrechtsanwalt empfohlen, abzuwarten, ob der Vermieter auf eine Räumung klagen würde.

Getrennter Aufenthalt im Haus

Erst im Jahr 2020 soll das Paar in das Haus eingezogen sein. „Damals wurde ein Mietvertrag über zehn Jahre geschlossen“, berichtete der Verteidiger. Die Eheleute hätten viel Geld in die Wohnung und den Garten gesteckt.

Aufgrund der Differenzen zwischen dem Paar sei es dazu gekommen, dass eine Familienrichterin entschied, dass sich beide nur getrennt im Haus aufhalten sollten. Zunächst habe sie der Ehefrau gestattet, einige Zeit im Haus zu verweilen. Am 5. September 2021 habe sie es der Angeklagten überlassen sollen. Diese habe es verwüstet vorgefunden: „Es fehlten Werkzeuge ohne Ende, ein Fernseher, eine Stereoanlage und wertvolle Kleidung. Die Kissen waren aufgeschlitzt“, so die Angeklagte.

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Um die Verstrickungen rund um den Brandfall zu ergründen, sind fünf Verhandlungstage angesetzt. Das Urteil ist für den 24. Oktober anberaumt.

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