Herrig ist in AufruhrGeplante Psychotherapie-Klinik in Erftstadt sorgt für Unruhe

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Viel Platz bietet der Schöddershof am Ortsrand von Herrig für die Einrichtung einer Fachklinik.

Viel Platz bietet der Schöddershof am Ortsrand von Herrig für die Einrichtung einer Fachklinik.

Erftstadt-Herrig – Einstimmig hat der Ausschuss für Stadtentwicklung beschlossen, für das Gebiet des Schöddershofs den Flächennutzungsplan zu ändern. Künftig handelt es sich bei dem Areal um ein „Sondergebiet“, auf dem eine Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie betrieben werden kann. Die Oberberg-Kliniken wollen den Vierkanthof umbauen und dort 56 stationäre Plätze und zehn Tagesplätze einrichten. Der bisherige Standort der Oberberg-Kliniken, die Somnia-Klinik im alten Kreishaus in Hürth, wird aufgegeben.

Eine Reihe von Herriger Bürgern begrüßt diese Pläne, die unter anderem Hoffnung auf neue Arbeitsplätze und Belebung der Infrastruktur wecken. Doch es gibt auch viele Herriger, die eine solche Klinik in ihrem Ort ablehnen. Eine Unterschriftenliste ging in Umlauf, auf der sich binnen kurzer Zeit 130 der 550 Einwohner gegen die Klinik aussprachen.

Erftstadt-Herrig: Bürger fürchten dauerhafte Nachteile

Dies dürfe nicht unbeachtet bleiben, betonte Claus Neunzig, der zu den Mitinitiatoren der Unterschriftenliste gehört und sich schriftlich an Stadtverwaltung und Fraktionen wandte. Es sei bedauerlich, dass nie aktiv das persönliche Gespräch mit den Bürgern gesucht worden sei. Die vermeintlichen Vorteile, die eine Klinik für Herrig bringen könnten, seien Spekulation, stattdessen sei mit dauerhaften Nachteilen zu rechnen, wozu auch zunehmende Verkehrsbelastung zähle.

Im Stadtentwicklungsausschuss betonte Grünen-Ratsvertreter Bernd Fritz, die Bürger müssten bei der Diskussion eingebunden werden, eine Infoveranstaltung des Investors sei sinnvoll. Fritz regte einen Besuch von Bürgern in der Somnia-Klinik an, um einen realistischen Eindruck zu gewinnen.

Bernd Bohlen: „Klinik passt nicht in einen so kleinen Ort“

Bernd Bohlen (fraktionslos) äußerte sich skeptisch zur geplanten Klinik. Sie passe nicht in einen so kleinen Ort und nütze Herrig auch nichts. SPD-Stadtverordneter Ralf Schnitzler bedauerte, dass im Vorfeld zu wenig informiert worden sei, es hätte zumindest eine Bekanntmachung geben müssen. Das Vorhaben biete die Chance für Arbeitsplätze, bringe vielleicht einen Schub für den Anschluss des Ortes ans Glasfasernetz und eröffne die Aussicht auf die Schaffung eines Hofladens.

Die FDP sehe das Klinikprojekt grundsätzlich positiv, sagte Ratsfrau Gabriele Molitor. Bereits vorhandene Kliniken in Liblar bewiesen, dass solche Einrichtungen sich „unproblematisch ins Ortsbild einfügen“. Die Bürger hätten im weiteren Ablauf des Bauleitverfahrens die Möglichkeit, ihre Bedenken zu äußern, betonte Michael Schmalen (CDU). „Einige Fragen müssen noch sehr vertieft und geklärt werden. Das ist aber etwas völlig Normales.“

Bürger aus Erftstadt-Herrig: „Das ist ungeheuerlich“

In der Diskussion über die geplante Klinik seien viele Gerüchte im Umlauf, warnte Dr. Jaroslav Malevani, Chefarzt der Somnia-Klinik. Nicht 140, sondern 65 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien für Herrig vorgesehen. Es sei unsinnig, zu glauben, die Patienten würden durchs Dorf laufen. Im Gegenteil, die Menschen zögen sich zurück. Es dürfe niemand ohne Kenntnis des Sachverhaltes diskriminiert werden. Ein Besuch in der Somnia-Klinik sei aus Gründen des Patientenschutzes nicht möglich, wohl aber könne ein Repräsentant der Kritiker eingeladen werden, sagte Malevani. Wichtig sei, dass „Gerüchte und Empfindlichkeiten“ zur Zufriedenheit aller im Vorfeld des Bauvorhabens ausgeräumt werden, betonte Joachim Dost (Freie Wählergemeinschaft). Erftstadt sei weltoffen.

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Auch Claus Neunzig war im Ausschuss anwesend. Er meldete sich zu Wort, durfte aber mit der Begründung, er gehöre dem Gremium nicht an, nicht reden. Im Nachgang zur Sitzung wies Neunzig den Verdacht zurück, Gegner der Klinik seien diskriminierend. Diesen Begriff als politisches Argument zu missbrauchen, sei ungeheuerlich. Der Projektentwickler solle den Vorwurf zurücknehmen, forderte Neunzig.

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