Zu trocken, falscher OrtBäume entlang der A4 bei Kerpen werden zum Millionengrab

Lesezeit 3 Minuten
Auf dem Foto ist eine vertrocknete Weißtanne zu sehen.

Diese Weißtanne hatte wie viele andere „Bäume des Jahres“ die trockenen Sommer 2018 und 2019 nicht überlebt.

Die Allee „Baum des Jahres“ sollte vieles leisten: Die Monotonie auf der geraden Strecke durchbrechen, an den Hambacher Wald erinnern. Am Ende ist sie nur eins: teuer.

Es war mal eine Idee: Entlang der neugebauten A4 zwischen Kerpen und Düren waren 2014 etwa 250 Bäume gepflanzt worden. Sie alle bildeten fortan die Allee „Baum des Jahres“. Für jedes Jahr zwischen 1985 und 2014 wurden seinerzeit fünf Exemplare des jeweiligen „Baum des Jahres“ gesetzt und mit großen Schildern gekennzeichnet – etwa Wild-Apfel, Schwarzerle oder Weiß-Tanne. Die Bäume sollten als gestalterische Maßnahme die Monotonie an dem schnurgeraden Autobahnabschnitt durchbrechen.

Monoton ist es die Diskussion um Sinn und Zweck der Autobahn-Allee seither selten gewesen; wäre ja auch zu einfach, wenn die Jungbäume da einfach nur herumstehen – und wachsen würden. Genau das tun sie nämlich nicht.

Nach den heißen Sommern 2018/19 machten die ersten Bäumchen schlapp

Schon frühzeitig hatten Kritiker des Projekts darauf hingewiesen, dass es so manchem Baum nicht behagt, am Rande einer Autobahn eingepflanzt zu werden, weil er eher sumpfigen Untergrund sowie Bach- oder Flussläufe fürs Wachstum bevorzugt. Und die Grünen sprachen von einem Hohn, weil der eine oder andere Politiker die Allee als Symbol, wenn nicht gar Ersatz für die Bäume im Hambacher Forst betrachten wollte.

Alles zum Thema Bundesautobahn 4

Und so kam es, wie es kommen musste: 2018, nach den ersten extrem heißen Sommern, machten einige Bäume schlapp, begünstigt dadurch, dass die Pflege und Wässerung der Bäume im Jahr zuvor ausgelaufen war – alles andere als astrein. Bei den Weißkiefern waren zwei von fünf Bäumchen vertrocknet. Bei der Schwarzerle waren es gleich vier von fünf Exemplaren. Insgesamt waren 26 abgestorbene Bäume ersetzt worden.

Die Esskastanie war 2018 der letzte Baum, der gepflanzt wurde

Das war zum Politikum geworden, nachdem eine SPD-Landtagsabgeordnete aus dem Sauerland von der Landesregierung wissen wollte, wie es um den Zustand der Allee beschieden sei. Möglicherweise kein Zufall, weiß man doch im Sauerland aus eigener leidvoller Erfahrung, wie es um den deutschen Wald bestellt ist.

Seither ist es ruhig um die Allee geworden, zumal seit 2018 keine weiteren Bäume mehr gepflanzt worden sind. Den Schlusspunkt der Aufforstung entlang der A4 bildete der Baum des Jahres 2018, die Esskastanie. Wegen einer Lärmschutzwand war der Platz aufgebraucht.

Raum für kritische Nachfragen besteht aber weiter. Die AfD-Landtagsfraktion hatte sich im März 2023 bei der Landesregierung nach dem Zustand der Jahres-Bäume erkundigt – die Antwort auf die Kleine Anfrage liegt nun vor. Und sie schlägt aus Sicht mancher Betrachter dem Baum, pardon: dem Fass den Boden aus. Eine knappe Million Euro, exakt 980.000 Euro, wurden seit 2014 für die Bepflanzung auf der Allee „Baum des Jahres“ ausgegeben.

Offen bleibt dabei, ob die rund 250.000 Euro für Bäume und Beschilderung entlang der Strecke nahe des Braunkohletagebaus, die sich das Land NRW und RWE geteilt hatten, noch oben drauf kommen.

Aus der gewünschten Bewertung dieser Summe windet sich der Bund heraus, sei er doch erst seit 2021 für die Autobahnen zuständig. Die Frage nach den Kosten für die Beschilderung entlang der Strecke ließ die Autobahn GmbH vollends unbeantwortet.

Aus dem „Baum des Jahres“ wird der „Alptraum des Jahres“

Immerhin ließ sich ermitteln, dass seit dem Jahr 2020 an der Allee „Baum des Jahres“ zehn Bäume vertrocknet sind. Für den davor liegenden Zeitraum lägen keine Daten vor. Eine weitere Information lässt gleichwohl erahnen, dass der Schwund immens gewesen sein muss. Im selben Jahr seien 78 Bäume ersetzt worden. Seitdem seien keine weiteren Bäume mehr gepflanzt worden.

Der Steuerzahlerbund NRW hatte schon vor Jahren gemahnt, dass mit dem Geld lieber Straßen und Brücken saniert werden sollten statt Bäume an Orten zu pflanzen, wo sie nicht hingehören. So wird aus dem „Baum des Jahres“ der „Alptraum des Jahres“, zumindest für die Steuerzahler.

Rundschau abonnieren