Zu wenig Gäste, kein KochInhaberin muss das „Erftgold“ in Kerpen schließen

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Eine Frau steht an einer Kaffeemaschine.

Den letzten Kaffee im Erftgold macht Karen Odendall.

Erst im Mai eröffnete Karen Odendall ihr Café, das sie 2021 übernommen hatte, mit neuem Konzept. Zwei Jahre später muss sie das Erftgold in Horrem schließen.

Dunkelgrüne Samtstühle, gemütliche Wandpaneele aus Holz und leuchtende Weihnachtsdeko in den Fenstern: Von außen wirkt das „Erftgold“ in Horrem so, als würden die Türen morgen wieder für Gäste geöffnet werden. Wäre da nicht das Schild an dem Schaufenster, auf dem in großen Buchstaben „Ladenlokal ab sofort zu vermieten“ steht.

Erst Anfang des Jahres hat Karen Odendall das Café an der Bahnhofstraße 2 komplett umgestaltet. Im Mai hat sie mit dem neuen Konzept aufgemacht. „Ich wollte weg von Bäckerei und Konditorei und hin zu Café – Bistro – Crêperie“, sagt sie. Sie habe die Speisekarte geändert und wollte auch eine jüngere Zielgruppe ansprechen. Ein cooles Frühstückscafé schwebte ihr vor, ganz nach ihrem Vorbild, dem angesagten Café Buur im Belgischen Viertel in Köln.

Das habe sie immer morgens auf dem Weg zur Arbeit von der Straßenbahn aus gesehen. „Da waren morgens um 9 Uhr schon alle Plätze voll und eine Schlange vor der Tür.“ Also gab Karen Odendall dem Café einen neuen Namen, eine neue Optik und ein neues Konzept. Sie bot Frühstückskreationen wie Eier Benedict, French Toast oder auch Crêpes und Kuchen an.

Erftgold: Konzept des Cafés sollte nicht nur Jüngere ansprechen

Ihr neues Konzept habe nicht nur jüngere Menschen, sondern auch die Zielgruppe ab 50 Jahren angesprochen. Auch ein paar ältere Stammgäste habe sie behalten, berichtet Odendall. Zudem habe sie junges Servicepersonal eingestellt. „Ich hatte eine tolle Crew, es war eine sehr angenehme Zusammenarbeit“, lobt Odendall ihr Team, das wie „eine große Familie“ gewesen sei.

Mitten in der Corona-Pandemie im Februar 2021 übernahm Karen Odendall das ehemalige „Café Rondo“ in Horrem. Unter der früheren Inhaberin, die aus Altersgründen ausgestiegen sei, sei das Café erfolgreich gelaufen. Doch die Pandemie habe die Leute extrem verängstigt, sagt Odendall. Und auch ihre Gewohnheiten hätten sich verändert. Im November und Dezember 2022 habe sie viel Torte wegwerfen müssen: „Die Leute wollten keinen Kuchen mehr kaufen“, sagt sie. Zusätzlich seien die Feiern und Tagungen weggebrochen.

„Es kamen verschiedene Sachen zusammen“, sagt die Horremerin. Vor Ostern wollte Odendall mit dem neuen Konzept das „Erftgold“ eröffnen. Doch es kam anders: Sie habe zum einen Probleme mit der Möbellieferung gehabt, die sie zweimal zurückgehen lassen musste. Als sie dann endlich eröffnen konnte, lief es „mittelprächtig gut“.

Karen Odendall hatte keinen Koch und übernahm die Küche selbst

Das zweite Problem: „Ich hatte keinen Koch.“ Einem habe die Eröffnung zu lange gedauert, mit einem anderen habe es nicht harmoniert. So blieb ihr nichts anderes übrig, als sich selbst in die Küche zu stellen. „Ich bin eigentlich Einzelhändlerin, aber habe vorher schon drei Jahre eine Gastronomie betrieben“, sagt die Inhaberin, die eigentlich einen Profi am Herd beschäftigen wollte. Doch weil sie nun ihre Zeit in der Küche verbringen musste, blieben die Bücher liegen: „Ich wurde vom Finanzamt immer höher eingestuft. Irgendwann waren die Reserven aufgebraucht.“ 55 000 Euro habe sie in das Café investiert.

Auch mutmaßt sie, dass sie vielleicht zu wenig Werbung für die jüngere Zielgruppe gemacht habe, trotz Flyern – auch in umliegenden Orten – und auf Social-Media-Plattformen wie Instagram und TikTok. Sie habe es nicht geschafft, die Veränderungen, die im Laden stattgefunden hätten, nach draußen zu transportieren. Odendall räumt jedoch ein: „Ich hatte meine Gäste, aber nicht genug.“

Sie vermutet auch, dass manche Leute mit der Veränderung nicht gut umgehen konnten. Sie selbst probiere gern neue Sache aus. Und die einfachen, klassischen Aufschnittteller hätten ihr nicht mehr gefallen. Ihr zweiter Gedanke war der Generationenwechsel in der Gastronomie in Horrem. „Junge Leute hatten nichts, wo sie hingehen konnten.“

Ortsvorsteher: „In Horrem war es immer schwierig“

Ende Oktober und Anfang November habe sie noch ein paar richtig gute Tage gehabt. Da habe sie bei sich gedacht: „So, jetzt hast du es geschafft.“ Doch dann kam es doch wieder anders: „Dann war es auf einmal so, als hätte sich ein Schalter umgelegt. Die Umsätze stimmten nur noch an den Wochenenden, eigentlich nur noch an den Sonntagen.“ Anfang Dezember musste sie schließlich die Reißleine ziehen. Für Karen Odendall selbst geht es zunächst mit Aushilfsjobs weiter. Wo es langfristig für sie hingehe, das wisse sie noch nicht.

„In Horrem war es schon immer schwierig“, sagt Ortsvorsteher Andreas Schenk (CDU). Aber der örtliche Einzelhandel habe es allgemein schwer, insbesondere in den schnelllebigen Zeiten von Onlinehändlern wie Amazon und Co. Er empfahl, nichts zu Exotisches anzubieten, sondern eine konstante Auswahl und feststehende Öffnungszeiten. Als Ortsvorsteher sei er traurig wegen jedes Ladenlokals, das schließen müsse. „Am Ende bleibt nur die herzliche Einladung an die Bürgerinnen und Bürger, hier im Ort zu kaufen“, sagt Schenk.

Dem Leerstand in Horrem sollte wie in Kerpen das Zentrenmanagement entgegenwirken. Über einen Vermietungsfonds, der Teil eines Förderprogramms ist, konnten Ladenlokale stark vergünstigt weitervermietet werden. In Kerpen konnten so vier Läden vermietet werden, in Horrem hingegen keiner. Es gebe dort auch Leerstände, die schon sehr lange bestünden, sagt Birgit Hagemeyer von der Kerpener Stadtverwaltung. „In Horrem haben Angebot und Nachfrage nicht zusammengepasst.“

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