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Arche-Hof in Windeck-KohlbergPullunder aus selbst gesponnener Wolle

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Windeck – Den Winter verbringen die Rohstofflieferanten im Stall. Ihre jährliche Schur haben sie gerade hinter sich, 18 Bentheimer Landschafe, die auf dem Arche-Hof von Karl-Josef Groß und Lisa Anschütz in Windeck-Kohlberg leben. 50 Kilogramm Wolle gilt es nun zu verarbeiten. Von dem, was daraus werden soll, hat Anschütz feste Vorstellungen: Pullunder, die sie zum Kauf anbieten will.

„Damit gehe ich jetzt in Serie“, erklärt die 52-Jährige, die im Rhein-Sieg-Kreis auch als Grünen-Politikerin bekannt ist. Ansporn gibt ein Preis, den sie jüngst gewonnen hat. Die in der Schweiz ansässige Save-Foundation, die sich für die Rettung aussterbender Haustierrassen in Europa einsetzt, hat ihren eingereichten Pullunder mit dem „Arca-Deli Award 2014“ ausgezeichnet. Clou des Grobstrickkleidungsstücks aus der fast weißen Wolle der Bentheimer sind braune oder graue Streifen aus Wolle, die vom Braunbergschaf beziehungsweise vom Rauwolligen Pommernschaf stammt.

Bevor Lisa Anschütz zu den Stricknadeln greifen kann, stehen noch einige Arbeitsschritte an. Im Februar liefert sie die Rohwolle bei der Lebensgemeinschaft Sassen/Richthof unweit von Kassel ab. Dort wird das Schafsprodukt in Behinderten-Werkstätten sortiert, von groben Dreck befreit, gewaschen und gekämmt. Zurück bekommt die Windeckerin bauschige Ballen, mit denen sie sich zu Hause ans pedalbetriebene Spinnrad setzt.

„Wolle spinnen, das ist schon eine schöne Sache“, sagt sie, während Rad und Spindel surren. Eine meditative Arbeit für lange Winterabende. Anschütz ist so geübt darin, dass sie nebenbei fernsehen kann. 30 bis 45 Minuten benötigt sie für ein Garnknäuel von 100 Gramm, weitere 15 Minuten, um zwei Fäden miteinander zu verzwirnen, was sein muss, wenn die Wolle gestrickt und nicht verwebt werden soll.

400 bis 700 Gramm Garn sowie sechs bis acht Stunden Strickzeit kalkuliert die Windeckerin pro Pullunder, die sie in verschiedenen Größen anfertigen will. „Unter Umständen ist auch eine Jacken-Linie möglich.“ Beim Vertrieb setzt sie auf Reklame im Arche-Hof-Flyer, kann sich aber auch vorstellen, Firmen anzusprechen, die für qualitativ hochwertige Ware aus Handarbeit und Bio-Produkten bekannt sind, wie etwa Manufactum, Magazin in Bonn oder Hessnatur. Wie viel ein Pullunder aus Kohlberg kostet, steht noch nicht fest. Klar ist, dass es bei diesem Aufwand schon ein dreistelliger Betrag sein muss. Selbst dann kann sich Lisa Anschütz keinen tollen Stundenlohn ausrechnen. Doch unproduktives Nichtstun ist für sie keine Alternative: „Man kann sich auch zu Tode entspannen.“ Eine Idee für ein weiteres Projekt der „landwirtschaftlichen Urproduktion“ hat sie bereits: Hosen aus dem Leder der Arche-Hof-Glanrinder.