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Rund 500 BewerberFinn Sengelhoff aus Windeck studiert am renommierten Mozarteum

Lesezeit 4 Minuten
Jungschauspieler Finn Sengelhoff

Jungschauspieler Finn Sengelhoff vor dem Theater am Park in Eitorf

Der 23 -Jährige hat sich, ohne es richtig zu wissen, seit seiner Kindheit auf den Beruf des Schauspiels vorbereitet.

In den engen Gassen und auf den weiten Plätzen der Salzburger Altstadt, Unesco-Weltkulturerbe, wandelte Ende des 18. Jahrhunderts der von Falco als „Superstar“ besungene Wolfgang Amadeus Mozart. Finn Sengelhoff aus Windeck-Herchen lebt in diesem städtischen Gesamtkunstwerk, eine Bühne von Welt. Der Jungschauspieler studiert seit Frühjahr 2023 an der Universität Mozarteum. Unter 400 bis 500 Bewerbern gehörte er zu dem Dutzend, das zum Studium der Darstellenden Kunst angenommen wurde.

Ein Blick zurück ins Jahr 2014. An der Gesamtschule Windeck in Rosbach läuft der Countdown. Die Zuschauer in der Aula hören den Aufprall einer Notlandung. Eine Maschine mit etlichen Passagieren und der Crew ist abgestürzt. Es ist „Freitag, der 13.“, so heißt die komödiantische Robinsonade, die der Jahrgang 10 vom Kurs Darstellen und Gestalten inszeniert. Überlebende, ein Haufen schräger Vögel, robben an Land, unter ihnen Finn Sengelhoff. Die Rolle des Piloten, der mehr Alkohol als Kerosin getankt hatte, spielt er so überzeugend, dass die Autorin dieses Beitrags seither seinen Weg aus der Ferne verfolgt.

Seit der Kindheit auf den Beruf vorbereitet

Ohne es zu beabsichtigen, hat der 23-Jährige sich seit Kindheit auf den zukünftigen Beruf vorbereitet. „Dass Schauspieler ein Beruf ist, davon hatte ich keine Vorstellung. Ich habe gerne Filme geschaut, aber das war so weit weg. Meine Mutter hat Jazz- und Modern Dance getanzt, meine beiden Schwestern auch.“

Mit 17 Jahren sorgte Finn 2019 bei der Theatergruppe Windeck mit tiefer Stimme lautstark und eindrucksvoll als Angestellter eines Sanatoriums für Ordnung.

Mit 17 Jahren sorgte Finn 2019 bei der Theatergruppe Windeck mit tiefer Stimme lautstark und eindrucksvoll als Angestellter eines Sanatoriums für Ordnung.

Finn Sengelhoff beginnt mit Ballett, später mit Jazz- und Modern Dance, aber auch Judo, Baseball, Schwimmen, Fußball, Tennis probiert er aus und sucht doch noch nach etwas Anderem. Am Mozarteum im Körperunterricht kommt ihm nun all dies zugute, wenn er Rückwärtssaltos, Kampfsportarten, Artistik und Tanz einübt.

Prägende Zeit am Theaterhaus in Frankfurt am Main

„Das gehört zur Ausbildung, und ich bin richtig froh darüber“, erzählt er und erinnert sich an sein erstes Theatererlebnis mit elf Jahren mit seiner Mutter im Theater in Frankfurt am Main. „Da habe ich verstanden, dass es etwas ist, was man wirklich machen kann.“

Drei Jahre später nimmt ihn die Eitorfer Schauspielerin Susanne Schyns für ein Schülerpraktikum am Theaterhaus Frankfurt unter ihre Fittiche. „Das war eine prägende Zeit, es wurde ein Stück namens ‚Jungs‘ geprobt mit dem Regisseur Rob Vriens zum Thema Transsexualität“, erinnert sich Finn Sengelhoff. Dort erfährt er, dass man Schauspiel studieren kann.

Ende 2021, nach dem Schulabschluss, geht der junge Mann nach Berlin. Für eine Rolle steht er mit dem Jungen Deutschen Theater in „Unerhört“ auf der Bühne, eine Stückentwicklung mit Vorlage des Romans „Kassandra“ von Christa Wolf. „Wir waren elf Spieler und haben die Monologe selbst geschrieben“, erzählt er vom holprigen Start in der Corona-Zeit, wo mal gespielt werden durfte, dann wieder nicht.

Jungschauspieler Finn Sengelhoff, Aus Finns Eigenarbeit „()“.

Finn Sengelhoff in seiner Eigenarbeit „()“ auf der Bühne.

Es folgt das P14 Jugendtheater der Volksbühne in Berlin-Mitte. Er bewirbt sich auch in Salzburg. Das Vorsprechen sei woanders oft sehr kühl gewesen, erzählt er, hier habe ihn der Dozent in der ersten Runde des dreitägigen Vorsprechens begleitet. „Ich habe mich gesehen gefühlt, deshalb fiel es mir leichter, mich zu zeigen.“

Als „super aufregend, motivierend und wunderschön“ beschreibt der angehende Schauspieler das erste Semester. Fünfmal die Woche, je vier bis fünf Stunden, stehen die beruflichen Grundlagen auf dem Plan. Im zweiten Semester herrscht ein anderer Ton, es werden Stücke erarbeitet und Szenen mit Gastdozent und Schauspieler Boris Ostan entwickelt. „Er hat mich sehr geprägt als Spieler. Die Art und Weise, wie er mit Theatertexten umgeht, war ein ganz neuer und innovativer Weg für mich. Ich habe sehr viel gelernt.“

Man zeigt viel von sich und macht sich sehr verletzlich

Das Schöne an dem Thomas-Bernhard-Institut sei die Wertschätzung des Individuums, die persönliche Förderung und die Chance, seinen eigenen Weg zu finden. Charakteristisch für den Beruf sei aber auch eine heftige innere Unsicherheit. „Im ersten Jahr habe ich mich oft gefragt, ob mein Talent ausreicht, man zeigt so viel von sich und macht sich sehr verletzlich. Es macht Angst, sich selbst intensiv kennenzulernen, aber man lernt, mit sich umgehen“, sagt Finn Sengelhoff heute.

Gerade hat er einen Kurzfilm in Berlin gedreht. „Ich habe vorher nur Theater gemacht. Ich schätze diese Energie, das direkte Feedback vom Publikum, das sich aufs Spiel auswirkt.“ Anders als beim Film gebe es nur einen Versuch: „Film reizt mich auch, aber Theater ist meine Passion. Es muss bleiben.“